Testläufer berichten vom Rennsteig-TOTAL am 18. 5. 2001

Rennsteig-Total 2001

Für running-pur waren Testläufer bei dieser Veranstaltung unterwegs. Sie sammelten Eindrücke, blickten hinter die Kulissen, um Ihnen, lieber Leser, ein Bild von der Qualität, dem Ambiente und der Stimmung zu verschaffen.
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PRESSEBERICHT über den längsten Crosslauf: Rennsteig TOTAL über 170 Kilometer
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][ Pressebericht ][ Stefan Isringhausen ][ Ralf Methling ][


23. 5. 2001: Rennsteig-Rekordlauf über 170km geschafft

63 Läufer bewältigten 170 Km des Rennsteig-Total

Von Dr. H.-G. Kremer

Im Rahmen des 29. GutsMuths-Rennsteiglaufs fand der bisher spektakulärste Rekordlauf auf dem Rennsteig statt. Unter der Bezeichnung "170km-Rennsteig-Total" hatte der Universitätssportverein Jena den 5. Rennsteig-Traditionslauf ausgeschrieben. Dieser wurde erstmals gemeinsam mit dem GutsMuths-Rennsteiglaufverein e. V. organisiert. Hauptziel war es die Königsstrecke des GutsMuths-Rennsteiglaufs, die über 75km führt, aufzuwerten. In den letzten Jahren war hier ein kontinuierlicher Teilnehmerrückgang zu verzeichnen.
Die Rekordidee bestand darin, daß eine Strecke auf dem Rennsteig gelaufen wird, die der Gesamtlänge dieses berühmten Höhenweges entspricht. Der Lauf hatte zwei Teilstücken. Der erste Teil führte von Eisenach nach Schmiedefeld über 75km. Auf diesem Teilstück konnten die Teilnehmer ihr eigenes Tempo laufen und wurden im Rahmen des Rennsteiglaufs gewertet. In Schmiedefeld trafen sich dann alle, um um 17.00 Uhr gemeinsam das etwa 100km lange zweite Teilstück bis Blankenstein an der Saale zu bewältigen. 63 Männer und Frauen aus 9 Bundesländern und der Schweiz hatten sich gemeldet. 52 von ihnen schafften die erste Etappe erfolgreich im vorgegebenen Zeitlimit.
51 von diesen kamen nach 19 Stunden und 32 Minuten in Blankenstein an. Die reine Laufzeit für den zweiten Teil betrug 16 Stunden und 32 Minuten. An insgesamt 11 Verpflegungsstellen konnten die Läuferinnen und Läufer die reichhaltige Versorgung des Organisationsteams um Gesamtleiter Maik Masuhr genießen. Dazu kam die sehr wertvolle Unterstützung von Sportvereinen an der Strecke in Masserberg, Friedrichshöhe (Arnika), Tettau, Steinbach, Brennersgrün und am Ziel in Blankenstein. 29 Läuferinnen und Läufer liefen den zweiten Teil "Non-Stop". Die Restlichen nutzten auf Teilstücken, besonders in der Nacht, den Betreuungsbus. Prominenteste Teilnehmerin war Anke Drescher aus Gattersleben, die auf der ersten Etappe in der Gesamtwertung über 75km Platz 3 belegte.
Mit diesem Lauf wurde der Guinness-Rekord von 1994 eingestellt, bei dem sechs Wanderer um den Olympiasieger Hartwig Gauder und den Rennsteiglaufgründer Dr. Hans-Georg Kremer gemeinsam die 168,3km des Rennsteiges in 37 Stunden und 21 Minuten absolvierten. Weniger die Gesamtzeit von 31 Stunden und 32 Minuten beim "170m-Rennsteig-Total" als die Tatsache, dass es diesmal 29 Männer und Frauen waren, die diese Strecke durchgängig bezwangen kann als Rekord angesehen werden.


BERICHT VON STEFAN ISRINGHAUSEN über den längsten Crosslauf: Rennsteig TOTAL über 170 Kilometer
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Running-pur-Tester Stefan Isringhausen hat extra eine eigene Seite über den Rennsteig TOTAL auf seiner Homepage über dieses grandiose Ausdauerspektakel angefertigt.


BERICHT VON RALF METHLING über den längsten Crosslauf: Rennsteig TOTAL über 170 Kilometer
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23. 5. 2001: Rennsteig-Rekordlauf über 170km geschafft

Eine einmalige Angelegenheit

Ich möchte hier nicht den ganzen Lauf beschreiben, das haben die anderen Testläufer besser gemacht als ich es jemals könnte, sondern einige Aspekte herausgreifen.
Es gibt viele Möglichkeiten, einen Lauf zu beschreiben, davon zeugen nicht zuletzt die hier veröffentlichten Läuferberichte. Jeder empfindet anders und eigentlich hat auch jeder nach geschafftem Lauf scheinbar so etwas wie einen positiven Grundeindruck. Das gilt erst recht, wenn man noch einen Zuschuss bei den Startkosten geniessen durfte. Und doch sind diese kleinen Mosaiksteinchen nicht nur eine interessante Lektüre, sondern irgendwo auch eine Hilfe bei der Vorbereitung auf eine neue Ausgabe des jeweiligen Laufes. In diesem Fall mag die letztere Sache ähnlich virtuell sein wie beim Brückenlauf zwischen Schweden und Dänemark, denn es handelt sich auch hier um eine einmalige Angelegenheit: (fast) den kompletten Rennsteig in einem Ritt mit Begleitung und professioneller Organisation bewältigen zu können.
Ich persönlich würde mir zwar gut vorstellen können und daher auch wünschen, vielleicht alle zwei oder alle fünf Jahre auch eine 170er Strecke von
Eisenach nach Blankenstein mit Zwischenziel Schmiedefeld im Angebot des Rennsteiglaufes zu haben- doch realistisch ist der Aufwand wohl kaum zu erreichen.
Darum möchte ich zunächst unüblicherweise den Organisatoren dieses mit "Rennsteig total" bezeichneten Projektes danken, Hans-Georg Kremer und Maik Masuhr. Es ist bei kurzem Nachdenken sicher jedem klar, dass es keine leichte Sache sein kann, gut 50 Läufer, die grad mal eben die Supermarathonstrecke mit knapp 75 harten Rennsteiglaufkilometern hinter sich gebracht haben, weitere fast 100km durch den Wald und über die
Nacht zu bugsieren. Wer den Rennsteig kennt, hat vielleicht eine Idee davon, wenn gesagt wird, dass wir (bewusst) versucht haben, den echten
Rennsteig zu nutzen, auch auf den gut zehn km, wo beim Marathon seit Jahren nur noch Strasse gelaufen wird. Es gab also den beliebten Untergrund (Schotter von klein bis Bahndamm- Qualität, allerdings selten lose, sondern in der matschreduzierenden Wanderweg- Variante - die aber allerlei Pfützen ermöglicht; schmale Pfade die sich zwischen den Bäumen dahinschlängeln mit abwechselnder Schräglage rechts+links und bergan+ab...). Glücklicherweise war aber das Wetter ausgesprochen gut, es regnete oder schneite nicht, wenn man vom leichten Niesel der ersten Teilstrecke und dem pfützenbildenden Dauerregen vor dem Lauf absieht. Doch zwei- drei Grad bei sternenklarer Sicht gegen neun Uhr abends deuteten zumindest Bodenfrost an. (Danach sah wohl niemand mehr auf das Thermometer oder zumindest hörte ich nichts davon, sondern fror bei jedem Halt, zog deshalb vor den Verpflegungspunkten eine Jacke aus, um dann noch Reserven zu haben. Dass ich keine Mütze dabei und mein gutes Stirnband in unerreichbaren Tiefen des Rucksacks hatte, zeigte mir dann beispielhaft, dass nicht alles, was man lernt, in entsprechendes Verhalten umgemünzt werden kann: von einer ähnlichen Aktion wusste ich eigentlich, dass es so kalt sein kann. Die "hippe" Kombination von Multifunktions- (Piraten-) Tuch (Modell Oma) und Sponsoren- Basecap half schliesslich halbwegs.)
Es ergeben sich für ein solches Vorhaben verständlicherweise schnell gewisse Rahmenbedingungen:
- eine geschlossene Gruppe (wegen des Verlaufens, siehe Supermarathonspitze)
- ständige Kommunikation zwischen Spitze und Schluss des Feldes
- Geschwindigkeitsnivellierung (weitgehend) auf das Tempo der Langsamsten, die am besten auch vorn sein sollten
- Wanderphasen am Berg und im nächtlichen Wald, Taschenlampen- Pflicht
- (Bus-) Begleitung für zum Transport von Verpflegung und Ermüdeten, Krankenwagen
Ein paar Entscheidungen blieben natürlich für die Organisatoren, die dann immer entweder den einen oder den anderen ärgern- egal, wie man das
auch immer ausgestalten mag. Wie lange soll gewartet werden bis zum Start des zweiten Teilstücks? Anke Drescher, zweitschnellste Frau des gesamten Supermarathons, hatte ebenso wie einige Männer gerade mal sechseinhalb Stunden gebraucht, ein anderer Kandidat jedoch mit dem
Zeitlimit von elf Stunden zu grosse Probleme und kam erst an, als der Rest der Rest der Truppe schon im Festzelt auf das zweite Teilstück gehen wollte. Da ich selbst nach gut neun Stunden Lauf genügend Zeit hatte zum Essen, Trinken und sogar zur erfrischenden und wohltuenden Massage (die Jungs und Mädels arbeiteten hervorragend und mindestens zehn Stunden ohne Pause durch!), war das für mich persönlich ein günstiger Zeitablauf. Für die Psyche spielte dabei sicherlich eine Rolle, dass mein Ehrgeiz eigentlich nur darin bestanden hatte, in Schmiedefeld anzukommen und die Wunschzeit bei zehn Stunden lag.
Die unterschiedlichen Tempoerwartungen zeigten sich natürlich bereits auf den ersten Kilometern, doch eine erstaunliche Geduld und eine laute Tröte vom Chef (1x tuten heisst gehen, 2x anhalten) liessen uns zusammenbleiben. Hinzu kamen auch mal kleine Bildungseinschübe (oder sollte ich Unterhaltungsprogramm sagen?) wie z.B. in Frauenwald:
dort gibt es einen Gedenkstein für einen wackeren Mann, der bis ins hohe Alter von über achtzig Jahren stets beim Rennsteiglauf am oder hinterm
hiesigen Verpflegungspunkt stand und jedem Läufer zurief "... noch lumpige fünf Kilometer bis Schmiedefeld", was nunmehr auf dem Stein zu lesen ist. Auch die Zwei/Drei- Herren/Strom- Steine werde ich in Zukunft mit mehr Aufmerksamkeit passieren und den Leuten neben mir diverse
Stories auftischen können.
Eine weitere Entscheidung war, dass wir kein Kriterium veranstalten würden in der Art, dass an jedem Verpflegungspunkt die Langsamsten
in den Bus müssen, bis nur noch die Tröte übrigbleibt. Jeder sollte frei entscheiden, wann er läuft und wann er fährt. Allerdings wurde im ersten
Viertel und wohl auch mehr zur Sicherstellung des Fahrplanes ziehmlich penetrant, wie ich fand, für den Bus geworben. Dabei wurde auch festgelegt, dass man auch wieder in den Lauf einsteigen konnte. Das ist insofern vernünftig, als dass dadurch einerseits die Gefahr der Selbstüberschätzung und des Übernehmens reduziert wurde und andererseits niemand, der einfach nur etwas ausgeschlafen oder sich sonstwie erholt hatte, ewige Stunden im Bus hocken musste. Schon in der Ausschreibung war angekündigt worden, dass wir keinen Wettkampf, sondern einen Gruppenlauf durchführen. Zugegebenermassen ist sich nach 10-20h jeder selbst der Nächste und kämpft einfach nur gegen die Müdigkeit und die traumhafte Vorstellung vom Schlaf. Doch die Gespräche hörten nicht auf, zuweilen wurde auch schon mal zur Munterkeit (und zum Unmut der anderen, leider) gesungen und der Nebenmann oder die Nebenfrau an der Hand gehalten, damit der wertvolle Sekundenschlaf nicht am nächsten Baum unterbrochen wird. Eine Folge davon war, dass einige Nachtwanderer am Morgen Angst hatten, die ausgeruhten Schläfer könnten beim Wiederloslaufen so schnell (weil ausgeruht) sein, dass sie die Ermüdeten, die stolz auf die nächtliche Leistung waren und nun unbedingt auch die letzten Stunden durchhalten wollten, umgehend zu Buskandidaten machen würden. So blieb es dabei, dass wir weiterhin gingen. Ich gebe zu, dafür war ich auch.
Auf den letzten beiden Teilstücken waren wieder alle dabei mit Ausnahme eines Läufers, der zwischendurch per Auto ins Hotel gefahren war.
Dass im Nachhinein nicht jeder angab, ob und wann er pausierte, ist nicht für alle einfach hinzunehmen gewesen. Den meissten war das wohl egal:
Jeder wusste genau, was er geleistet hatte. Für viele, auch für mich, war es die bisher grösste Herausforderung und die härteste Belastung. Eine Nacht lang durchzumachen und auch bis in zum Nachmittag noch nicht zu schlafen, das tat ich zuletzt vor einiger Ewigkeit. Und wenn ich Aussenstehenden erzähle, am Wochenende ziehmlich weit gelaufen und danach noch ein bissel gewandert zu sein, können die damit genausowenig
anfangen wie mit einem 170km langen Lauf. Wozu auch?
PS: Die Verpflegung war wirklich Spitze. Es gab (so weit ich mich erinnern kann)Äpfel, Orangen, Bananen,Trockenobst, Brote, Knackwurst, diverse Kuchen, drei oder vier Arten von Müsliriegeln, Schokolade, saure Gurken, Isodrink, Sprudel und stilleres Wasser, Limonade, Cola, in der Nacht mehrfach heissen Tee und einmal Suppe(?) sowie vorm Ziel Bier.
Ralf-Peter Methling
rm040@mail1.uni-rostock.de