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Kommentare von Laufveranstalter zum Thema
Zugspitz-Extremberglauf am 13. 07. 2008

Für running-pur waren Testläufer bei dieser Veranstaltung unterwegs. Sie sammelten Eindrücke, blickten hinter die Kulissen, um Ihnen, lieber Leser, ein Bild von der Qualität, dem Ambiente und der Stimmung zu verschaffen. Wollen auch Sie mit einem Freistart in der Tasche den ONLINE-Lesern Ihre Erfahrung übermitteln? Dann klicken Sie hier >>

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© Ein Beitrag aus dem Archiv von running-pur ONLINE


Am 14. Juli 2008 wurde den ganzen Tag im Rundfunk und in den folgenden Tagen in der Presse, über die Tragödie vom Zugspitzlauf berichtet. Als Läufer und Veranstalter war ich an Einzelheiten interessiert. Was war also geschehen? Etwa 600 Läufer und Läuferinnen starteten, am 13. Juli 2008, bei starkem Regen zum Lauf auf den höchsten Berg Deutschlands, auf die 2.962 hohe Zugspitze. Ziel des Laufes war nach 16,1 km auf 2.928 Meter. Der Höhenunterschied betrug etwa 2.100 Meter. Der Start erfolgte bei 1.020 Meter. Wanderer benötigen für diese Strecke etwa neun Stunden. Die schnellsten Läufer benötigen gute zwei Stunden.


Kommentar von Wolfram Götz Veranstalter des Hamburg-Marathon

][ Wolfram Götz ][ Ingo Schulze ][ Fried-Juergen Bachl ][
][ zu den Testberichten des Zugspitzberglaufs ][

Zuerst versagt das Gehirn, dann die Muskulatur

Von Wolfram Götz – Diplomsport-, Touristik- und Eventmanager und derzeitiger Race Director Marathon Hamburg

Als ich die Nachricht vom Tod zweier Läufer beim diesjährigen Zugspitzlauf hörte, war ich betroffen. Als ich dann die Bilder dazu sah, war ich bestürzt: Wie können Läuferinnen und Läufer so leichtsinnig nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihr Leben aufs Spiel setzen. Ganz abgesehen davon, dass nun hinterher auch noch einem Veranstalter nicht nur Vorwürfe gemacht werden, sondern auch noch möglicherweise rechtliche Konsequenzen bevorstehen.

Wer jetzt sofort nach der Verantwortung des Veranstalters ruft, sollte dabei berücksichtigen, dass jeder Teilnehmer auf eigenes Risiko und Verantwortung an solchen Laufveranstaltungen teilnimmt. Grundsätzlich nehmen Veranstalter nämlich den Teilnehmern, die bei Veranstaltungen starten, nicht die Selbstverantwortung ab. Mit der Anmeldung gibt ein Läufer weder seine Verantwortung sich selbst gegenüber noch seine Selbstbestimmung ab. Wer dies denkt oder aus einem Slogan wie „Jeder Finisher ist ein Sieger“ selbiges ableitet, begeht einen großen Fehler. Natürlich müssen Veranstalter auf der anderen Seite absolut ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen und müssen alles versuchen alle Eventualitäten vorauszusehen, damit man ihnen, wenn einmal außergewöhnliche Situationen eintreten, eben keine Fahrlässigkeit oder gar grobe Fahrlässigkeit nachgesagt werden kann.

Eine große Hamburger Zeitung schrieb am Tag nach dem Event, das bei Läufern bei solchen Belastungen in der Höhe zunächst die Muskulatur und danach das Gehirn versagt. Bei denen, die unbedingt bis zum Ziel laufen wollten, muss es an diesem Tag umgekehrt gewesen sein. Anders ist es für mich nicht zu erklären, dass man nicht nur zu leicht bekleidet und ohne das Mitnehmen von Zusatzkleidung im Tal an den Start gegangen ist, sondern auch nicht bei Eintreten des Wetterumschlagens sofort umkehrte, sondern weiter dem Ziel auf dem Gipfel entgegen lief. Natürlich kann ich auch nicht verstehen, dass Ordner und Streckensicherungspersonal Läufer, die an ihnen vorbei liefen, nicht konsequent aufgehalten und zurückgeschickt haben (was bei den zum Teil sehr engen Passagen durchaus möglich gewesen sein müsste!). Aber ich weiß auch, wie Läufer auf solche Hinweise reagieren. (Schließlich hätten Sie ja für die Leistung bezahlt!)

Wer sich so als Läufer – noch dazu im Gebirge – verhält, handelt am gröbsten fahrlässig – nicht nur sich selbst gegenüber. Schon in der Schule lernt man, dass unter ganz normalen Bedingungen mit zunehmender Höhe die Luft kälter und dünner wird und der Luftdruck sinkt. Bevor man also Bergläufe absolviert, sollte man nicht nur auf die richtige Kleidung achten, sondern auch das Laufen in unterschiedlicher Höhe trainieren. Denn dass dies für den menschlichen Körper eine besondere Belastung ist, beweist eine Aussage der Betreiber des Zugspitzrestaurants, wonach es Tage gibt, an denen man aufgrund des geringen Luftdrucks keine Sahne steif geschlagen bekommt.

Reinhold Messner hat absolut Recht, wenn er fordert, dass sich jeder – also auch Läufer- in den Bergen wie ein richtiger Alpinist zu verhalten hat und erst einmal einen Berg lesen lernen und verstehen muss, bevor er ihn – egal ob wandernd (oder neudeutsch: walkend), laufend oder bergsteigend – erklimmt. Jede Seilschaft wäre bei Eintreten des Wetterschlages sofort umgekehrt und wäre zur nächsten Hütte zurückgekehrt oder ins Tal hinabgestiegen. Nicht so der Läufer, der eine Aufgabe scheinbar stets als Schwäche versteht.

Auch ein weiterer Vergleich mit den jüngsten Ereignissen am K2 sei erlaubt. Hier kann ich nur den Äußerungen von erfahrenen Bergsteigern zustimmen, die vermehrt von einem gefährlichen Berg-Tourismus sprechen, wo ungeübte Touristen der Meinung seien, Bergsteigen sei ungefährlich und es nur darum geht, den „Kick“ zu spüren, der bei Erreichen des Gipfels einen ereilen soll. Gleiches scheint auch auf manch einen Bergläufer zuzutreffen. Und auch wenn man sagt, Läufer/innen sind Individualisten, macht ihnen das Laufen in der Gruppe Spaß. Hier muss man sich dann – wie es der bereits erwähnte Bergsteiger am K2 tat - allerdings fragen, ob dann alle in der Gruppe wie die Lemminge dem vor ihnen Laufenden herlaufen müssen, in dem Glauben, dass der vorne schon weiß, was er tut und wenn der dass schafft, man es auch selber schaffen wird?

Egal, wo jemand läuft, sollte er dabei nicht auf der Suche nach diesem besonderen „Kick“ sondern vielmehr stets darum bemüht sein, den Körper über den Geist siegen zu lassen. Mir persönlich ist das Sprichwort des Klügeren, der nachgibt, wesentlich lieber: Der Körper ist klüger als unser Verstand. Er sendet im richtigen Augenblick immer die richtigen Signale. Und auf die gilt es, dann auch zu hören. Aufgabe oder Umkehr ist keine Schwäche. Es ist der Sieg der Vernunft und der Sieg über den völlig falschem Ehrgeiz.


Da sich einige Leser sicher fragen, warum es sich ein Wolfram Götz, den alle nur als Veranstalter des größten deutschen Frühjahrs-Marathon kennen und von dem sie vermuten, dass er noch nie richtig gelaufen ist, heraus nimmt, so zu schreiben hier ein paar Randdaten:
Ich habe in meiner Jugend zwischen dem 14. und 22. Lebensjahr pro Woche zwischen 80 und 120 Kilometer „gefressen“. Das Ergebnis waren ein dutzend Landesmeistertitel in Berlin zwischen 1.500m und 5.000m und im Crosslauf und ein achter Platz bei deutschen Juniorenmeisterschaften über 3.000m Hindernis. Aufgrund übertriebenen Ehrgeizes musste ich als 18-jähriger fast neun Monate mit dem Sport aussetzen, weil ich einen grippalen Infekt ignorierend weiter trainiert und mir dabei eine schwere Herzmuskelentzündung zugezogen hatte. Einen sich dann zwei Jahre später einstellenden Knorpelschaden in beiden Knien habe ich dann ernst genug genommen, um mit 22 Jahren dem Leistungssport schweren Herzens ade zu sagen. Heute laufe ich ein- oder zweimal in der Woche je nach Lust und Laune zwischen 5km und 25km. An Läufen nehme ich nur teil, um des Laufens willen. So kann es vorkommen, dass ich mal in Harburg an einer Straßenlauf-Serie teilnehme, in Norderstedt oder Washington einen 10km-Lauf absolviere oder in Berlin oder Toronto den Halbmarathon laufe. Den Berlin-Marathon habe ich inzwischen auch bereits dreimal absolviert – allerdings „nur“ auf Inline-Skates, da meine Knie Belastungen über 2 Stunden nicht mehr mitmachen.


Kommentar von Ingo Schulze Veranstalter des Deutschlandlaufs

][ Wolfram Götz ][ Ingo Schulze ][ Fried-Juergen Bachl ][
][ zu den Testberichten des Zugspitzberglaufs ][

Tote beim Zugspitzlauf

Von Ingo Schulze, Veranstalter:
4 x „Internationaler Spreelauf“ 420 km in 6 Tagen von Berlin nach Eibau
4 x „Deutschlandlauf“ über 1.205 km von Rügen nach Lörrach (2008 der 5. DL)
„TransEurope-FootRace 2003“ über 5.036 km von Lissabon nach Moskau
„TransEurope-FootRace 2009“ über 4.487 km von Bari zum Nordkap in 2009

Am 14. Juli 2008 wurde den ganzen Tag im Rundfunk und in den folgenden Tagen in der Presse, über die Tragödie vom Zugspitzlauf berichtet. Als Läufer und Veranstalter war ich an Einzelheiten interessiert. Was war also geschehen? Etwa 600 Läufer und Läuferinnen starteten, am 13. Juli 2008, bei starkem Regen zum Lauf auf den höchsten Berg Deutschlands, auf die 2.962 hohe Zugspitze. Ziel des Laufes war nach 16,1 km auf 2.928 Meter. Der Höhenunterschied betrug etwa 2.100 Meter. Der Start erfolgte bei 1.020 Meter. Wanderer benötigen für diese Strecke etwa neun Stunden. Die schnellsten Läufer benötigen gute zwei Stunden.
 
Der Veranstalter gab vorher bekannt, dass mit einem starken Temperaturabfall, verbunden mit Schneefall und eisiger Kälte, zu rechnen ist. Gegenüber dem Sender N24 wurde von Läufern geäußert, dass bei der Ausgabe der Startunterlagen durch Aushang auf die Wetterverhältnisse hingewiesen wurde. Unter anderem war der Satz zu lesen: „Zieht euch warm an!“ Dieser wurde sogar zweimal unterstrichen. Wer trotzdem in kurzer Rennkleidung, wie bei einem Stadt-Marathon etc. startete, trug zumindest eine große Teilschuld! Die Läufer wussten also, worauf sie sich einlassen und handelten verantwortungslos gegen sich selbst. Mehr als die Hälfte der Läufer stiegen später aus dem Rennen aus. Geschwächte Läufer hätten zum Beispiel in der Knorrhütte oder im Schneefernerhaus Schutz suchen können. Die weinigsten taten es. Bei aller Tragik, aber die Hauptschuld an dieser Tragödie trägt der Läufer selbst!
 
Zwei Läufer fanden bei dieser Veranstaltung den Tod und sechs weitere mussten, wegen Unterkühlung, mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden. Oberstaatsanwalt, Rüdiger Hödl wird nicht nur den Veranstaltern die Frage stellen, warum die Veranstaltung erst um 12:30 Uhr, also nach dreieinhalb Stunden abgebrochen wurde? Sicherlich wird nicht nur gegen die Veranstalter ermittelt. Man darf nicht ganz außer acht lassen, dass die Veranstalter sich in einer Zwangslage befanden, denn im Jahr zuvor wurde die Strecke, wegen schlechten Wetters, kurzfristig gekürzt. Dieses wurde, seitens der Teilnehmer, mit starken Protesten quittiert. Den Veranstaltern nun vorwerfen zu wollen, sie hätten den Lauf deshalb nicht abgebrochen oder zumindest verkürzt, weil sie sonst finanzielle Einbußen fürchteten, wäre nicht ganz gerecht. Es war eine Gradwanderung und die Veranstalter standen unter psychologischen Druck von Seiten der Läufer: Abrechen oder verändern bedeutet Ärger – Weitermachen bedeutet Risiko! Was ist also richtig? Nun steht man vor dem Scherbenhaufen und alle hätten natürlich anders entschieden, natürlich!
 
Es ist jetzt leicht die Veranstalter an die Wand zu stellen. Es werden in Kürze sogenannte Kritiker scharenweise über die Veranstalter der „Garmisch-Partenkirchener get-going GmbH“ herfallen und jeder wird seinen Senf dazu geben wollen und alle haben ja schon immer gesagt ....!  Die Veranstalter sind genug gestraft, sie erlebten den Traum, den andere Veranstalter als Alptraum bezeichnen. Dem Zugspitzlauf traf es mit zwei Toten und sechs stark unterkühlten Teilnehmern knallhart. Wer ist aber nun wirklich Schuld? Hier kommen drei Komponenten zusammen:
1.) Die Veranstalter, die wohl gewarnt haben, aber aus Sicht vieler „Kritiker“ nicht ausdrücklich genug. Hier bleibt aber die provozierende Frage: Was hätte man sonst noch tun können?
2.) Die Bergwacht, die einen Lauf genauso abbrechen kann, wie die Polizei bei einem Straßenlauf.
3.) Der Läufer selbst. Er hatte die Warnungen der Veranstalter in den Wind geschlagen. Hinzu kam dann sicherlich auch noch die Unerfahrenheit. Es ist davon auszugehen, dass mindestens die Hälfte der Läufer bei dieser Veranstaltung nichts zu suchen hatte! Wie wir aber alle wissen ist das Wort EXTREM ein Reizthema. Daher: nicht nur einen extremen Lauf machen, sondern auch extreme Bedingungen suchen. Auch bin schon bei sehr kaltem Wetter in kurzer Hose gelaufen. Da fand der Wettkampf aber auf relativ ebener Strecke statt. Da hieß es dann, vom Start ordentlich Tempo machen. Durch das hohe Tempo war also gar nicht ans frieren zu denken. Beim Zugspitzlauf gelten aber andere Regeln!
 
Wie ließe sich aber so ein Unglück in Zukunft verhindern? Noch mehr Informationen sagen die einen. Was denn noch sagen die anderen! Sinnvoll wäre sicherlich, dass die Teilnehmer nachweisen müssen, dass sie den Laufsport seit mehreren Jahren betreiben und entsprechende Leistungen vorlegen, etwa im Berglauf oder sonstige Ausdauerveranstaltungen. Hier wird aber sicherlich soviel gemogelt, was der Veranstalter unmöglich nachprüfen kann! Es sollten Eliminationspunkte, wie beim 246 km langen „Spartathlon“ in Griechenland, von Athen nach Sparta, eingerichtet werden. Ist der Läufer nach einer bestimmten Zeit nicht am Punkt 1,2,3 .... wird er erbarmungslos aus dem Rennen genommen!
 
Als Veranstalter der Deutschlandläufe und des TransEurope-FootRace, bin ich dazu übergegangen, mir die Laufgeschichten der Läufer anzusehen. Siehe da: es gab Bewerber die mal drei Tage mit ihren Stöckern im Bayerischen Wald herumliefen und sich dann für den DL anmelden wollten. Einige Bewerber des TE-FR meinten sogar: mal sehen, wie weit ich komme und dann fahre ich irgendwo in einem Begleitfahrzeug mit. Diese Kameraden wurden sofort ausgemustert. Jeder muss davon überzeugt sein, dass er das Rennen zu Ende bringt. Das es nicht alle schaffen ist klar. Ähnlich ist es mit dem „Zugspitzlauf“. Ich kann mich doch nicht anmelden, wenn ich normaler Weise nur auf ebener Strecke laufe und beim Treppensteigen geht mir die Puste aus. Dann bin ich nicht ausreichend trainiert! Hier tritt dann aber immer wieder der Wunsch ein, bei einem „Extremlauf“ dabei zu sein. Wie beim DL und TE-FR. Man will etwas Außergewöhnliches leisten. Ich persönlich schätze solche Ziele, aber ich muss mich auch selbst einschätzen können. Ich meldete mich in diesem Jahr schon bei zwei Veranstaltungen wieder ab, weil es mein Trainingszustand es nicht zuließ.
 
Bei so einem schweren Lauf, wie den „Zugspitzlauf“ sollte daher in Zukunft eine Auslese stattfinden. Die Frage stellt sich aber, ob es nach diesem Desaster einen weiteren Zugspitzlauf geben wird? Er verwette schon heute mein Hinterteil, das aus den 600 Teilnehmern, ganz schnell 800 und mehr werden. Es sei denn, dass die Veranstalter die Läufer aussortiert. Es wird genug Leute geben, die sich hier etwas beweisen wollen. Es ist wie in gefährdeten Regionen im Ausland. Man weiß, dass dort entführt wird und die Gegend sehr unsicher ist, aber dennoch sucht man den Kick!
 
Der Bergsteiger Reinhold Messner fordert die Abschaffung solcher Läufe, weil die Berge zu etwas missbraucht werden, wozu sie nicht geschaffen sind. Natürlich sollte es aber weiterhin Bergläufe geben. Dann aber, so meine ich, sollten Berge „erstürmt“ werden wo auf Wanderwegen gelaufen werden kann. Ein Berglauf, bei dem womöglich noch geklettert werden muss, darf es nicht geben! Welche Läufer sollten hier auch zugelassen werden? Auch ich habe in früheren Zeiten das Extreme geliebt. Aber als Flachlandtiroler, dem Berge nur von Postkarten her bekannt sind? Heute habe ich so meine Erfahrungen in den Bergen und weiß wie schnell ein Unwetter, gerade in den Bergen, hereinbrechen kann.
 
Egal wem die Schuld letztendlich treffen wird. Die Hauptschuldigen sind die Läufer selbst. Sie haben die Warnungen der Veranstalter missachtet und glaubten, dass bei einem Lauf über 16,1 km nicht passieren wird. Diese Strecke bin ich früher, auf ebener Straße, unter einer Stunde gelaufen und war dabei kein Spitzenläufer. Die Siegerzeit beträgt beim Zugspitzlauf gute zwei Stunden und die Kameraden sind einen Tick besser, als ich es früher war. Hier sieht man die Schwierigkeit des Laufes und es lässt vermuten, dass sogar die Topläufer, bei diesem Lauf, hin und wieder gehen müssen, weil eine schnellere Gangart gar nicht möglich ist. Jeder der im Winter bei Minustemperaturen läuft, weiß wie schnell er abkühlt, sobald er eine Gehpause, von nur wenigen Minuten, einlegt. Was war der größte Fehler der Läufer? Zweifellos die Kleidung! Hier stimmt mir der Ulmer Sportmediziner Prof. Jürgen Steinacker bei. „Die moderne Funktionskleidung der Läufer kann auch ein Problem sein. Sie bietet im nassen Zustand kaum Wärmeisolierung. Wolle hingegen wärmt auch noch im nassen Zustand.“ Vor Jahren hieß es immer: Bei Minustemperaturen am besten zwei oder gar drei T-Shirts übereinander anziehen. Getreu nach dem Zwiebelmuster. Ich bin damit bisher sehr gut gefahren!
 
Ich möchte diese Tragik zum Anlass nehmen, dass ich auf den TransEurope-FootRace 2009 hinweisen möchte. Auch hier geht es um das Extreme. Nämlich: JEDEN Tag, über 64 Tage, im Schnitt 70 km laufend zurücklegen!
Zusammenfassend: Die Läufer starten am 19. April bei Frühlingstemperaturen im italienischen Bari. Nach 17 Tagen werden sie 2 Tage durch Österreich laufen und dabei drei Pässe überqueren. Hier dürfte es zeitweise recht „schattig“ sein. Ich werde die Läufer also eindringlich darauf hinweisen. Es geht dann im Mai 14 Tage durch Deutschland und es ist zu hoffen, dass der Frühling sich dann voll entfaltet hat. Nach Verlassen der Fähre in Göteborg geht es dann 25 Tage durch Schweden, 1 Tag durch Finnland und die restlichen 5 Tage durch Norwegen. Ich verfolge beinahe täglich die Temperaturen am Nordkap und es sind selten mal über 10 Grad. Wenn es mal an die 20 Grad sind, dann glaube ich schon, dass dort eine Hitzewelle ausgebrochen ist. Dann aber, Tage später, wieder um die 10 Grad. Hier kann ich mir wahrscheinlich den Mund fusselig reden. Es wird auch hier Läufer geben, die dann in ihrem Stadt-Marathon Höschen laufen. Ich kann aber erst dann einschreiten, wenn er mir mit blauen Lippen und schlotternden Knien entgegen kommt. Als harter Ultra wird er sich wohl auch dann weigern. Dann hilft es nichts, dann muss er mit sanfter Gewalt aus dem Rennen genommen werden. Ich kann den Leuten nicht vorschreiben was sie anziehen. Ich kann sie lediglich beobachten oder beobachten lassen und dann bei Gefahr einschreiten. Es wird dann anschließend geschimpft und Penner, Pfeifendeckel, Rindvieh ... sind dann wohl die harmlosesten Bezeichnungen die ich mir dann anhören muss. Auf ein Dankeschön: „Prima, dass du mich GERETTET hast!“ werde ich wohl vergeblich warten. Es gilt aber auch einige Tunnel zu durchlaufen. Hier kann ich dann einen gewissen ZWANG anwenden. Nämlich: „Du darfst nur durch den Tunnel laufen, wenn du die Warnweste anziehst!“ So Läufer und nun? Das blöde Ding anziehen oder vor dem Tunnel stehen bleiben? Wat nu?


Kommentar von Fried-Jürgen Bachl Veranstalter des Baden-Marathon

][ Wolfram Götz ][ Ingo Schulze ][ Fried-Juergen Bachl ][
][ zu den Testberichten des Zugspitzberglaufs ][

Die Gefahr in den Bergen unterschätzt

Von Fried-Jürgen Bachl, Marathon Karlsruhe e.V

„Vermutlich waren Teilnehmer aus dem Flachland einfach überfordert, die
Wettersituation vernünftig einschätzen zu können. Wenn die Berg-Erfahrung
z.B. mit gefährlichen Wetterumschwüngen fehlt, ist die Gefahr hoch, dass
Teilnehmer, diese Gefahr einfach nicht einkalkulieren. Aus meiner Sicht,
sollte ein Veranstalter sein möglichstes tun, dieses Informationsdefizit
(v.a. bei Nicht-Einheimischen) auszugleichen und möglichst viel praktikable
Ratschläge (u.a. Kleidung, Verhaltens- Notfallregeln) bereits im weiten
Vorfeld zu geben. Die Gefahr in den Bergen wird nun einmal (v.a. von
Flachlandtirolern) tendenziell unterschätzt und bei einer Veranstaltung
vertrauen sicher viele Teilnehmer darauf, dass sämtliche Gefahren
ausgeräumt sind. Das ist defacto nicht 100 % machbar ist. Natur und Wetter
stehen außerhalb des Einflusses durch den Veranstalter, weshalb es aus
meiner Sicht auch ungerechtfertigt ist, wenn wie im Vorjahr
Startgeldrückforderungen von Teilnehmern eingereicht werden, obwohl von
Veranstalterseite ja alles stand und vorbereitet war.
Möglicherweise hat aus diesen Erfahrungen heraus, der Veranstalter den
verhängnisvollen Schluß gezogen, das Rennen dieses Jahr einfach laufen zu
lassen, um hier Ärger zu vermeiden. Mit der Tragödie ist das Umgekehrte
eingetreten.
Eine Verurteilung würde - egal ob nun gerechtfertigt oder nicht - zu kurz
greifen. Die Frage ist, welche Schlüsse müssen für die Zukunft aus der
Katastrophe gezogen werden. Was muß und kann ein Veranstalter leisten d.h.
auch wieviel kann von ihm erwartet werden und wie weit geht die
Eigenverantwortung der Läufer/innen. Eine einfache Lösung gibt es hier
nicht, beide Seiten sind gefragt."


 

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