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Zugspitz-Extremberglauf am 13. 07. 2008

Für running-pur waren Testläufer bei dieser Veranstaltung unterwegs. Sie sammelten Eindrücke, blickten hinter die Kulissen, um Ihnen, lieber Leser, ein Bild von der Qualität, dem Ambiente und der Stimmung zu verschaffen. Wollen auch Sie mit einem Freistart in der Tasche den ONLINE-Lesern Ihre Erfahrung übermitteln? Dann klicken Sie hier >>

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© Ein Beitrag aus dem Archiv von running-pur ONLINE


Bericht von Ute Hanauer über den Zugspitz-Extremberglauf

][ Ute Hanauer ][ Anton Lautner ][ Anton Bals ][ Veranstalter-Kommentare ][
][ weitere Testberichte ][

Ein schwarzer Tag für den Laufsport

Im Schneegestöber auf die Zugspitze – so hatte ich mir diesen Lauf nicht vorgestellt als ich mich vor 3 Wochen spontan für dieses Event anmeldete. Zufälligerweise stieß ich auf die Ausschreibung des Zugspitzlaufes und er zog mich sofort in seinen Bann. Begierig verschlang ich alle Berichte darüber und war hin- und hergerissen zwischen Begeisterung und Respekt vor den Anforderungen. Zu guter Letzt meldete ich mich an und fand auch noch einen Laufkollegen (Pero) der ebenfalls mitzog. Nach meinem Ermessen war mein Trainingszustand ausreichend (2 Wochen vorher lief ich den Osterfelder Berglauf) aber sicherheitshalber entschloss ich mich, meine Kräfte gut einzuteilen – eine sehr gute Entscheidung wie sich später herausstellen sollte!

Am Samstagnachmittag begaben wir uns bei strömendem Regen auf die Reise nach Ehrwald. Das verhieß nichts Gutes! Im Gepäck hatte ich jede Menge unterschiedlicher Laufbekleidung weil die Entscheidung darüber wirklich erst im allerletzten Moment fallen konnte. Bei der Startnummernausgabe wurde dann auch schriftlich darauf hingewiesen warme Kleidung anzuziehen – allerdings ein Rat der offensichtlich von zu wenigen Läufern angenommen wurde! Wir stärkten uns abends mit Nudeln bzw. mein Laufpartner mit Schnitzel und Pommes (es ist sein Geheimrezept!) für den nächsten Tag. Nach einer trockenen Nacht setzte morgens nach dem Frühstück der Regen wieder ein. Die Kleiderfrage war äußerst schwierig – letztendlich lief ich in kurzer Hose mit Laufshirt, Jacke und Kopfbedeckung. Dabei hatten wir noch Handschuhe und Stirnband was im oberen Bereich auch unbedingt notwendig war. Am Start jedoch fanden sich jede Menge leicht bekleideter Läufer. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Ziel am Gipfel noch in keiner Weise in Frage gestellt.

Pünktlich um 9.00 Uhr fiel bei ca. 12°C und Regen der Startschuss; die Läuferschlange setzt sich in Bewegung. Wir laufen im hinteren Drittel und wollen am Anfang auf keinen Fall „überdrehen“ was bei der mäßigen Steigung leicht möglich ist. Die ersten Kilometer verläuft die Strecke in Serpentinen durch bewaldetes Gebiet, anfangs auf der Teerstrasse, später auf aufgeweichten Wegen. Bald erreichen wir die erste Verpflegungsstelle (Ehrwalder Alm), stärken uns mit Banane und Wasser und weiter geht es. Spätestens hier ist man schon ordentlich durchnässt. Der Weg ist sehr matschig, rutschig und schmal, so dass Überholen auch nicht ganz einfach ist. Ich führe nette Gespräche mit Mitläufern, so dass man die Strecke kaum merkt. Einige Abschnitte sind mit Seilen gesichert, was sich bei dem rutschigen Schlamm auch als bitter nötig erweist. Hier stelle ich fest, dass offensichtlich etliche Läufer lediglich normale Straßenlaufschuhe tragen, die für dieses Gelände und die Wetterverhältnisse völlig (!) unangemessen sind. Übrigens weist der Veranstalter bei der Ausschreibung ausdrücklich auf Crossschuhe hin! Ich habe mit meinen Crossschuhen keinerlei Probleme im rutschigen Gelände und kann etliche Läufer überholen. Leider kann man in diesem Abschnitt wegen der schlechten Sichtverhältnisse wenig von der grandiosen Landschaft sehen!

Nach 110 Minuten Laufzeit erreichen wir das Gatterl – den Grenzübertritt nach Deutschland. Von dort bis zur Knorrhütte hüpfen wir praktisch über die Felsen was riesig Spaß macht. Jedoch spüre ich jetzt durch die durchnässten Sachen deutlich die zunehmende Kälte – aber es sollte noch viel schlimmer kommen! Ich brauche 10 Minuten um mit klammen Fingern meine in der Tasche durchnässten Handschuhe anzuziehen. Nach ca. 2.30 h erreichen wir die Knorrhütte – keinerlei Hinweis, dass der Gipfel gesperrt ist! Letzte Verpflegungsstelle vor Sonnalpin, wegen der Kälte halten wir uns nicht lange auf. Kurz darauf sitzt bereits ein völlig erschöpfter Läufer in der Kälte in der Kälte am Weg. Wir geben ihm den Rat zur Hütte zurückzugehen, was er allerdings nicht annimmt. Wir sehen hin später beim Zurückblicken langsam den Berg hinaufgehen. Ich kann mir nicht denken, dass er in dem Zustand und der Bekleidung wirklich gut oben angekommen ist!

Ab hier ist eigentlich nur noch Gehen angesagt; es gibt kurze flache Passagen, die ich im Laufen zurücklege - schon allein deshalb um mich etwas warmzuhalten. Die Schneefelder nehmen zu. Viele Läufer vor mir finden mit ihren Straßenlaufschuhen darauf keinen Halt, so dass ich häufig überhole. Das Gehen ist mir auch fast zu langsam, denn es wird zunehmend kälter. Der Regen geht allmählich in Schnee über und dazu kommt ein starker eisiger Wind der einem die nasse Kleidung auf die Haut presst. Ich schaffe es, mein Stirnband aus der Tasche zu holen um meine Ohren zu schützen. Die Mütze muss ich ab hier festhalten damit sie mir nicht vom Kopf geweht wird. Um nicht noch stärker auszukühlen laufe ich soweit es geht. Der Wind peitscht mir den Schnee ins Gesicht. Am Wegrand sehe ich einen in Alufolie gehüllten Läufer liegen, der auf den Abtransport wartet. Die Bergwacht ist hier zwar präsent kann die Läufer aber auch nicht vor der Kälte schützen. Plötzlich bin ich am Sonnalpin, laufe bei 3.07 h über die Zeitmessung (was ich aber nicht realisiere), denn das Ziel ist zwischenzeitlich auf Sonnalpin verlegt worden. An der Verpflegungsstation frage ich nach wo der Weg weitergeht und mir wird erklärt, dass hier Ende ist. Wegen der steifgefrorenen Hände bin ich nicht mehr fähig einen Becher zu halten, treffe meinen Laufpartner Pero (3.08 h) und will nur noch zu meiner Wechselkleidung auf den Gipfel.
Jetzt müssen alle bis auf die Haut durchnässten, von Schüttelfrost geplagten Läufer an einer einzigen Verkaufsstelle im zugigen Raum geschlagene 20 Minuten anstehen um eine Fahrkarte zum Gipfel zu lösen!!! Das ist ein organisatorischer Wahnsinn! Irgendwann ist dann endlich mal jemand auf die Idee gekommen eine zweite Verkaufsstelle zu öffnen. Abgesehen davon hätte man die völlig durchnässten und unterkühlten Läufer einfach zügig unkonventionell nach oben zu ihrer trockenen Kleidung befördern müssen, denn zu diesem Zeitpunkt wurden bereits viele stark unterkühlte Läufer in der schnell eingerichteten Erste-Hilfe-Station am Sonnalpin medizinisch versorgt. Nachdem ich endlich meine Fahrkarte erhielt, begab ich mich in die Notversorgung um meine nassen Sachen auszuziehen und ein heißes Fußbad zu nehmen. Nur mit einem Laken (Tischtuch?) bekleidet erreichte ich per Gondel die Zugspitze. Oben war es warm und die Läufer konnten sich in ihrer trockenen Kleidung, die per Rucksack hierher transportiert worden war, erholen. Wir blieben noch einige Zeit im Restaurant und dort wurde immer wieder von den Einsatzkräften nach Vermissten gefragt. Es waren jede Menge Helfer mit vereinten Kräften im Einsatz! Die Bergwacht ging dann die ganze Strecke ab um noch vermisste Läufer zu finden – durch die schlechten Sichtverhältnisse wurde die Suche natürlich erschwert. Oben sahen wir auch einige Läufer die verletzt waren.

Die Siegerehrung wurde selbstverständlich abgesagt – und erst da realisierten wir, dass es bei diesem Lauf sogar Tote gegeben hat. Ein tragischer Tag!

Für mich persönlich war dieser Lauf trotz des widrigen Wetters über eine lange Strecke wirklich schön. Erst die extremen Verhältnisse im oberen Bereich waren mehr als grenzwertig. Die Strecke ist sehr abwechslungsreich und bei guten Bedingungen, entsprechender Einteilung und natürlich angemessener Vorbereitung zu bewältigen. Ich hatte schon den Eindruck, dass möglicherweise zu viele Läufer dabei sind, die den Anforderungen eines solchen Laufes nicht unbedingt gewachsen waren. Aber die extremen Bedingungen setzten allen zu. Es wäre mehr als schade, wenn dieser wunderbare Lauf nicht mehr stattfinden würde!


Bericht von Anton Lautner über den Zugspitz-Extremberglauf

][ Ute Hanauer ][ Anton Lautner ][ Anton Bals ][ Veranstalter-Kommentare ][
][ weitere Testberichte ][

Extreme Ereignisse beim Zugspitzlauf

Nachdem ich bereits am Vortag beim ZugspitzArenaLauf in Ehrwald teilnehme, gehe ich sozusagen als „Höhepunkt“ auch beim ZugspitzExtremBerglauf an den Start. Da war ich schon zwei Mal am Start, bei der Premiere und bei der zweiten Veranstaltung. Seinerzeit ging es vom Olympiastadion durch das Reintal zum SonnAlpin. Die zweite Veranstaltung war durch eine Kaltfront beeinträchtigt, so dass als Ziel der Osterfelder Kopf (mit Neuschnee) herhalten musste.

In diesem Jahr schaut es nicht viel besser aus. Der Wetterbericht sagt anhaltenden und starken Regen voraus. Im Laufe des späten Wettkampftages soll dann die Schneefallgrenze deutlich unter 3000 Meter sinken.

Seit einigen Jahren ist nun Ehrwald (A) Startpunkt des Berglaufes. Die Streckenführung ist nun zu Beginn anders. So geht es von Ehrwald hoch zur Ehrwalder Alm und Hochfeldernalm, weiter zum Brand, dem Gatterl (Grenzübergang nach Deuschland) und zur Knorrhütte. Von dort ist der Weg wie bekannt zum SonnAlpin und zum Zugspitzgipfel. Der war bisher nicht immer zu erreichen. Meist verhinderte Schlechtwetter oder Schnee den Gipfelsturm.

Gegen 08.30 Uhr begebe ich mich in den Startbereich am Martinsplatz. Die Boxen für den Kleidertransport stehen schon bereit. Es regnet wie am Vortag. Mit rund 13 Grad ist es für einen Wettkampf richtig temperiert. Aber wie wird es am Berg ausschauen? Ehrwald liegt auf 1000 Meter Seehöhe und das Ziel liegt fast 2000 Höhenmeter über uns. In der Schule lernte man, dass alle 170 Höhenmeter die Temperatur fast ein Grad niedriger ist. Die aktuellen Teilnehmerinformationen ermahnen, wärmere Bekleidung mitzunehmen, da es im oberen Streckenteil nur mehr 3 Grad haben soll.

Dieses beherzige ich und habe demzufolge oben zwei Schichten angezogen sowie eine lange Laufhose und einen Kopfschutz. So ausgestattet fühle ich mich der Sache gewachsen, mit macht lediglich der vorhergesagte starke Niederschlag Kopfzerbrechen. Dieses relativiert sich wieder, als ich zahlreiche Läufer in kurzer Laufhose, mit Radlerhosen und kurzen T-Shirts sowie vereinzelt auch mit Trägershirts sehe.

Punkt neun Uhr werden wir dann auf die Strecke gelassen. Gut 600 Läufer setzen sich in Bewegung. Die Beteiligung war zwar schon besser. Den Extremberglauf machen, so wie ich beobachte, sehr viele Wiederholungstäter. Also auf geht’s zum Sturm auf Deutschlands höchstem Berg.

Bis zum Gipfel (2944 Meter) sind es 16,1 Kilometer bei 2100 Höhenmeter. Beim (Ersatz-)Ziel SonnAlpin (2580 Meter) sind es „nur“ 14,7 Kilometer mit 1730 Höhenmetern, also eine harte Sache, wenn man die Relation zwischen Streckenlänge und des Höhenunterschiedes betrachtet. Ich fühle mich der Sache gewachsen und habe in den vergangenen Wochen den LGT-Alpin-Marathon sowie den Zermatt Marathon mit etwa genauso viel Höhenmetern problemlos hinter mich gebracht.

Nach dem Startschuss dauert es noch ein paar Sekunden, die ich zum Überlaufen der Startlinie sowie für zwei Bilder brauche. Ja, heute habe ich das gleiche Problem mit der Kamera wie gestern. Die Feuchtigkeit!

Ehrwald verlassen wir nach wenigen Minuten auf asphaltierten Untergrund. Dann zerreisst ein Donner das Getrappel der Läufer. Einen Blitz habe ich zwar nicht gesehen, aber wo ein Donnerschlag zu hören ist, da muss doch ein Einschlag gewesen sein. „Das fängt schon gut an,“ denke ich.

Der Weg wird schmäler, wir laufen an der Talstation der Ehrwalder Almbahn vorbei. Ein Schild besagt, dass es noch 14,7 Kilometer sind. Wir tauchen in den Wald ein, die Steigung nimmt zu. Ich merke, meine Oberschenkel maulen, „hoppala, gestern haben wir einen zarten Tempolauf hingelegt, nicht schon wieder auf Zug laufen.“ Ich nehme das Tempo leicht zurück.

Es gibt leider nicht viel zu sehen, die Bewölkung und immer noch der Regen, das drückt auf mein Gemüt. Es geht zum Teil in Serpentinen hoch. Teile der Strecke können gelaufen werden, die übelsten Steigungen muss ich gehen und kann auch einige Läufer überholen. Mitunter sehen wir die Seile der Bergbahn oder hören das Murmeln eines Baches. Die erste Verpflegung wartet an der Ehrwalder Alm (1502 Meter). Rund 5 Kilometer und 500 Höhenmeter haben wir schon geschafft. Ein paar Zuschauer feuern uns an.

Ich schnappe mir Wasser und Iso und laufe weiter. Der Wald endet, es geht durch Almwiesen. Mitunter schaut uns das tirolerische Rindvieh interessiert zu. Je nach Steilheit unseres Weges können wir laufen oder müssen marschieren. Ich halte es wie meine Läufer vor mir. Wenn die Mehrzahl marschiert, dann tue ich es ihnen gleich. Ja, und beim Langsam-Auffi-Lauf ist es analog.

Bis zur Hochfeldernalm (1732 Meter) führt der Fahrweg. Dort dürfen wir abermals verpflegen. Noch 9,5 Kilometer. Jetzt wird’s lustig, denn gleich oberhalb der Alm artet der Wettkampf mehr oder minder auf dem folgenden Singletrail in eine Schlammschlacht aus. Mitunter würde man sich Spikes wünschen. „Meine Tochter hätte hier Freude“, höre ich einen Läufer reden. Es wird zunehmend schwierig, langsamere Läufer zu überholen. Es funktioniert aber, wenn der schnellere Hintermann dem Vorderen zuruft.

Aufgrund der Bewölkung ist natürlich die Sicht eingeschränkt. Mitunter sieht man keine 100 Meter weit. Solange ich Vorderleute sehe, fühle ich mich sicher. Wie wird es sein, wenn sich das Feld noch weiter aus einander ziehen wird?

Am Brandjoch (2110 Meter) gibt es abermals etwas zu trinken. Und einen Stau, da dahinter eine Rutschbahn aus Dreck und Lehm mittels eines angebrachten Seiles überwunden werden muss. Den Bergwachtlern für die Hilfestellung vielen Dank. Da wäre schon die erste Schlüsselstelle des Rennens!

Später können wir immer wieder ein paar Meter laufen. Der Untergrund ist dann sicher, wenn er aus Geröll besteht. Es geht dann wieder einen Aufschwung mit kurzer Stahlseilsicherung hoch. Das Gatterl, die Landesgrenze Österreich – Deutschland. Passenderweise hält ein Wanderer uns das Gatter auf. Warum ist denn hier ein Zaun aufgestellt? Noch 6,2 Kilometer.

Es geht wieder abwärts. Äusserste Konzentration ist nötig, denn ein Sturz kann das Aus bedeuten. Der ganze Weg zur Knorrhütte verbirgt Stolperstellen. Ich bleibe kurz stehen und versuche die Knorrhütte zu orten. Aha, dort drüben ist sie, aber noch rund zehn Minuten entfernt.

Nach weiterem Auf und Ab erreichen wir die Knorrhütte (2051 Meter) schließlich. „Es geht ganz nach oben“, ruft uns ein Helfer zu. Ein Schluck Iso und einen Riegel nehme ich als Verpflegung und weiter. Es ist jetzt schon kalt geworden. Die Hände sind gerade noch lauwarm. Handschuhe wären jetzt in Anbetracht des leichten Regens nützlich. Ich winde mein Kopftuch aus und sage vorher einem Beobachter, „schau her, das ist Angstschweiß“, worauf der lacht. Noch 4,3 Kilometer.

Nach der Knorrhütte geht es gewaltig zur Sache. Sausteil geht es Richtung SonnAlpin. An Laufen ist es jetzt nicht mehr zu denken. Ich bin ja zufrieden, wenn ich mein Marschschritt einhalten kann und wenn keine Verschnaufpause folgt. Auch einige Wanderer haben sich bei diesem Sauwetter auf den Weg gemacht.

Die Steilheit lässt dann nach, erste Altschneefelder tauchen auf. Diese müssen wir überqueren. Ein Läufer sitzt erschöpft auf dem Boden und erhebt sich erst auf Aufforderung wieder und trottet voran.

Dann passiert ein Wetterumschwung innerhalb weniger Minuten. Erst nimmt der Regen zu, der Wind frischt fast zur Sturmstärke auf. Ich nehme aus meiner Rückentasche einen Plastikumhang und habe Mühe, diesen anzuziehen. So kann ich wenigstens den auf mich einwirkenden Windchillfaktor etwas entschärfen. Nach wenigen Augenblicken fängt es zu graupeln und zu schneien an. Bullshit, jetzt wird es eng für diejenigen, die nur kurze Sachen anhaben. Ich versuche, mich an einem Vordermann dranzuhängen, das nur recht und schlecht gelingt, denn der Wind ist böig und unsere Laufstrecke nicht geradlinig.

Wo ist das SonnAlpin? Bei den Bedingungen ist mir der Zugspitzgipfel egal geworden. Nur mehr heraus aus dieser kalten Öde. Der Schnee bleibt mittlerweile liegen. Die Temperatur bewegt sich wohl um die Null-Grad-Grenze herum. Ich sehe einen Läufer am Boden liegen, eingewickelt in eine Alu-Decke, ein Bergwachtler leistet Hilfe. Ich möchte helfen, kann aber nicht, da ich selbst kämpfen muss. Vor mir sehe ich das SonnAlpin nach zwei weiteren Aufschwüngen. Noch mal letzte Anstrengung, die Füße sind mittlerweile eiskalt geworden, die Hände ebenfalls, dann überlauf ich die Zeitmessmatten. In einer Garage schnappe ich mir schnell einen Riegel und ein Getränk. Dann laufe ich eilig in das SonnAlpin, wo mir jemand sogar noch die Tür aufhält. Das ist jetzt a...knapp gewesen. Was ist aus den Läufern, die gerade kurz vor der Sperrung des Gipfels noch durchgeschlüpft sind? Die sind dann wohl noch rund 45 Minuten dieser Horrorwitterung ausgesetzt. Ich mag daran gar nicht denken.

Vor dem Kassenhäuschen, wo sich die Läufer für 5,50 EUR einen Fahrschein für die Gipfelbahn kaufen müssen, steht eine zitternde und bibbernde Läufermenge. Es dauert wohl 15 Minuten, bis ich meinen Fahrschein in den Händen halte. Die Treppe laufe ich hoch und werde in einen Konferenzraum gewiesen, wo schon zahlreiche unterkühlte Läufer versorgt werden. Die Helfer bewältigen diese Krise sehr routiniert. Es werden Wannen mit warmen Wasser für die Füße herangeschleppt. Es gibt heißen Tee und warme Brötchen. Auch unterstützen schon erholte Teilnehmer die gerade Eintreffenden. Das läuft sehr organisiert ab. Wiederholt erkundigt sich ein Mediziner, ob jemand noch medizinische Hilfe benötigt. Nach etwa 30 Minuten bin ich aus dem kollektiven Frieren heraus und sehe, dass immer weitere Teilnehmer mit Tragen herangeschleppt werden. Zum Teil werden Infusionen angelegt. Auch Hubschrauberlärm ist zu hören.

Nach gewissen Zeit erhalten wir die Information, dass unsere Wechselkleidung nun doch nicht hergebracht wird, sondern am Gipfel wartet. Wenigstens ist auch der Warteraum der Gipfelbahn geheizt.

Am Zugspitzgipfel steige ich dann aus, laufe über die schneebedeckte Terrasse und dann hinein in die Bergstation der Ehrwalder Zugspitzbahn. Dort erhalten wir die Medaille, ein Weizenbier, Red Bull und die Fahrkarte ins Tal. Nach ein paar Minuten geht es hinunter. Erst auf meiner Heimfahrt erfahre ich von der Tragödie, die sich auf der Zugspitze abgespielt hat. Zwei Sportler sind aufgrund des Wetterumsturzes infolge Auskühlung ums Leben gekommen. Einer war noch zehn Minuten vom Ziel entfernt, der andere starb oberhalb des Schneefernerhauses. Sehr viele Athleten wurden mit Unterkühlungen in Krankenhäusern eingeliefert.

Es gibt jetzt viele Fragen zu beantworten. Mir ist aufgefallen, dass doch verhältnismäßig viele Sportler zu leicht angezogen waren. Kurze Hose, kurzes Shirt in Anbetracht der Wettervorhersage ist riskant. Auch sind Läufer an den Start gegangen, die keine oder nur wenig Berglauferfahrung hatten. Das erkannte ich am Verhalten beim Gatterl, am Brandjoch sowie am Aufschwung nach der Knorrhütte, wo doch einige nicht so trittsicher waren wie sie es eigentlich sein sollten. Vielleicht hätte man schon vor dem Start den Gipfelsturm absagen müssen und das Ziel zum SonnAlpin verlegen müssen. Im Vorjahr wurde dafür der Veranstalter mit Regressen überhäuft, so dass er jetzt einem immensen Druck ausgesetzt wurde. Vielleicht kann man in Zukunft es so einrichten, dass die überwachende Bergwacht das letzte Wort hat. Auch ist zu prüfen, ob nicht eine Ausweichstrecke bei unsicherer Witterung belaufen werden kann. Zu guter Letzt ist wohl jeder Einzelne zu ermahnen, ein Berglauf ist keine Spielwiese für jedermann. Die Witterung kann jederzeit ohne Vorwarnung umschlagen und dann ist es nicht wie bei einem Straßenlauf, wo man am Rand auf Helfer, Zuschauer oder den Besenwagen wartet. Hitze im Wettkampf kann man managen, Kälte dagegen nicht.

Mir ist klar, dass hinterher es alle besser wissen. Die Verantwortung, sich so einer extremen Belastung zu stellen, muss jeder Teilnehmer für sich selbst treffen. Auch in Anbetracht, falls es zu einem Wetterumschwung kommt, wäre ein Ausstieg oder eine Umkehr immer noch besser als das Risiko einzugehen, auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Die Strecke wäre nach meiner Ansicht zu schön, um das Ereignis als Anlass für das Ende als Begründung herzunehmen. Meine und unsere Gedanken sind bei den Familien und Angehörigen der zwei verstorbenen Läufer.


Bericht von Anton Bals über den Zugspitz-Extremberglauf

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Drama an der Zugspitze

Ursprünglich sollte es eigentlich ein ganz anderer Bericht werden - über die Schönheit des Berglaufsportes, über zufällige Randerscheinungen an der Strecke, über das 50 Cent Stück in der Schuhsohle, dass sich immer wieder einen neuen Platz gesucht hatt....
Aber die schrecklichen Ereignisse beim Zugspitzlauf haben mich dazu bewogen mit meinem Bericht erst mal ein paar Tage abzuwarten. Und im Mittelpunkt können nur die dramatischen Ereignisse stehen, die sich am Sonntag an Deutschlands höchsten Berggipfel abgespielt haben.
Zu Dritt fuhren wir am Sonntagmorgen von Erding nach Ehrwald. Neben mir wollten sich aus dem Landkreis Erding noch Ferdinand Griebel und Andreas Steinegger der Herausforderung des Zugspitzlaufes stellen. Trotz des sich schon abzeichnenden schlechten Wetters war die Stimmung bei der Hinfahrt noch gut, wir gingen alle drei davon aus, dass das Ziel wohl Sonnalpin sein würde. In Ehrwald angekommen war das Wetter eher schlechter geworden, die Chance auf einen einigermaßen trockenen Lauf war dahin. Abholung der Startunterlagen und das ganze drum herum klappte reibungslos und zügig. das als Ziel immer noch der Gipfel genannt wurde überraschte uns aber doch einigermaßen. Wir gingen allerdings nach wie vor davon aus, das während des Laufes die Änderung mit Ziel Sonnalpin erfolgen werden würde.
Angesichts des Wetters stellte sich natürlich die Bekleidungsfrage. Meist bin ich bei Bergläufen auch nur mit kurzer Hose und Singlet unterwegs und habe in dieser Hinsicht bisher auch noch keine negativen Erfahrungen gemacht, anfängliche Bedenken, dass man zu leicht bekleidet sei haben sich in der Vergangenheit nach den ersten Kilometern meist schnell zerstreut. Diesmal ging ich allerdings angesichts der aktuellen Wetterlage doch einen Kompromiss ein. Unter das kurzärmlige Laufshirt zog ich ein Sportunterhemd und einen Goretex-Windschutz an. Diesen Windschutz hatte ich bisher nur bei Radrennen im Regen verwendet, beim Laufen hatte ich dieses Teil noch nie an. Außer im Winter laufe ich in der Regel ohne Kopfbedeckung doch auch hier machte ich eine Ausnahme und setzte eine regendichte Kappe auf. Beide Maßnahmen sollten sich im oberen Streckenteil als sehr wertvoll erweisen. Die dünnen Laufhandschuhe wollte ich noch einstecken, habe ich aber leider vergessen (bzw. erst bemerkt, als der Gepäckrucksack schon abgegeben war).
Bis zum Brandjoch hatte ich fast das Gefühl zu warm bekleidetet zu sein, immer wieder musste ich die Kappe lüften um meinem Kopf Kühlung zu verschaffen. Zum Lauf selber und der Strecke in der ersten Hälfte will ich hier nicht viel berichten, es verlief eigentlich alles "normal" und meine Zwischenzeiten waren fast identisch mit den Zeiten des Vorjahres. Nach dem Brandjoch kamen die ersten heftigen (weil total schmierig) bergab Passagen, mit der entsprechenden Vorsicht war aber auch dieser Streckenabschnitt gut zu meistern. Im Bereich zur Knorrhütte kann ich die Kritikpunkte auf der Homepage von Helmut Reitmair bestätigen, hier wäre eine deutlichere Markierung nützlich und wertvoll gewesen. Ich persönlich hatte zwar keine Probleme, da ich immer Sichtkontakt zu vor mir laufenden Läufern hatte, aber wer hier den Anschluss zu den Vorderleuten verloren hatte, hatte sicher Probleme die optimale (und vor allen Dingen sicherste) Strecke zu finden.
An der Knorrhütte wurde mir auf Anfrage von den Helfern bestätigt, dass das Ziel Heuer tatsächlich der Gipfel sei. Daraufhin nahm ich einen Energieriegel zu mir und setzte dann nach einer kurzen Pause den Lauf fort. Im Bereich Knorrhütte - Sonnalpin waren die Bedingungen sehr wechselhaft, bei den Abschnitten gegen den jetzt stärker aufkommenden Wind war ich froh, wenn ich wieder auf einen Vordermann stieß. An Sonnalpin angekommen ging es mir eigentlich noch recht gut. Sicher war mir kalt und das Laufen war kein Vergnügen, aber die Situation gerade dort war so, dass ein "Aufgeben" (da war nach wie vor der Gipfel als Ziel genannt) für mich nicht in Frage kam. Im Nachhinein betrachtet war das Weiterlaufen sicher ein Fehler und es wurde noch sehr gefährlich, aber wie so oft im Leben weis man es später besser.
Der Schlussabschnitt war dann das heftigste, was ich bisher im Laufsport erlebt habe. Die Überwindung des folgenden feinen Gerölls erforderte alle Kräfte, 3 Schritte vor und zwei zurück. Aber die Witterungsbedingungen waren zu dem Zeitpunkt zwar schlecht, aber nicht extrem. Das extreme Wetter mit starken, sofort gefrierenden Schneefall überraschte (obwohl es aus jetziger Sicht eigentlich nicht überraschend kam) mich dann im mittleren Teil des letzten Streckenabschnittes. Ab da wurde es wirklich ernst, da wurde mir zum erstenmal bewusst, dass es jetzt tatsächlich lebensgefährlich war. Umkehren war da allerdings nicht mehr möglich, dieses Stück bergab zu absolvieren wäre noch gefährlicher gewesen als sich bis zum Ziel durchzukämpfen. Ich dachte immer nur daran, einfach möglichst schnell ins Ziel zu kommen um der beisenden Kälte auszukommen. Kurz vor dem Ziel kam ich auch an der Vorjahressiegerin Ellen Clemens vorbei, einer sehr guten und erfahrenen Bergläuferin. Sie stand am Streckenrand und konnte nicht mehr weiterlaufen, ich selbst sah mich auch nicht imstande ihr irgendwie zu helfen, ich war mit mir selbst beschäftigt. Aber es stand Gott sei dank schon ein Helfer bei ihr und auch sie hat den Lauf überstanden. Nach 2 Stunden und 54 Minuten kam ich völlig ausgelaugt und stark frierend ins Ziel.
Im Ziel ging der Weg so schnell es ging zu der Wärmekleidung, um aus den völlig durchnässten Klamotten herauszukommen. Die Hilfe der Sanitäter habe ich abgelehnt, es waren einige Läufer im Ziel denen es noch viel schlechter ging. Die nächste halbe Stunde war von starken Zittern am ganzen Leib geprägt, dieses Zittern wollte auch nicht aufhören als ich bereits komplett umgezogen war (auch dieser Vorgang hat einige Zeit gedauert). Die Bauchdecke hat sich immer wieder wellenartig durchgewölbt, derartiges hatte ich bisher weder bei mir noch bei einer anderen Person gesehen. Nach einem heißen Kaffee im Bergrestaurant fand ich auch bald meine beiden Erdinger Laufkollegen, die bis Sonnalpin gelaufen waren und das letzte Stück mit der Seilbahn zurückgelegt hatten. Wir machten uns schnellstmöglichst auf den Weg nach Ehrwald. In der Seilbahn war noch ein völlig apathisch wirkender Spanier, der unter starken Unterkühlungen litt und ärztlich versorgt wurde.
Von den dramatischen Ereignissen diese Tages erfuhr ich erst zuhause in den öffentlichen Medien.
In den Berichten in den verschiedensten Medien gab und gibt es viele berechtigte Kritikpunkte, aber leider auch sehr viele "dumme Kommentare", von Leuten, die vom Berglauf und den wahren Geschehnissen nicht die geringste Ahnung haben.
Nun zu meinen Kritikpunkten. Nachdem sich das Wetter im oberen Bereich im Laufe des Tages verschlechtert hatte hätte der Veranstalter das Ziel nach Sonnalpin verlegen müssen. Im letztem Jahr war das Ziel bei viel besseren Witterungsbedingungen am Bergrestaurant Sonnalpin. Auch ich habe mich im letztem Jahr über die Verkürzung geärgert, aber heuer wäre es notwendig gewesen und ich glaube, dass sich darüber fast keine Läufer beschwert hätten. Hier wäre aber sicher neben den Veranstalter selbst auch die Bergwacht gefordert gewesen, bei entsprechender Abschätzung der Gefahrenlage den Lauf am Sonnalpin abzubrechen. Über die meiner Meinung nach nicht ganz ausreichende Markierung im Bereich Brandjoch - Sonnalpin habe ich ja weiter oben schon geschrieben. Der dritte Kritikpunkt betrifft die Teilnehmer selber. Bei den "üblichen" Bergläufen (Osterfelder, Karwendel etc.) kennt sich die Läuferschar, es sind fast immer die gleichen begeisterten und erfahrenen Bergläufer. Der Zugspitzlauf wird von vielen nicht als anstrengender Berglauf gesehen sondern als "Event", an dem man auch teilnehmen muss und so sind bei einer solchen Großveranstaltung viele Teilnehmer am Start, die meiner Meinung nach bei einem Berglauf nichts verloren haben (bzw. erst mal Berglauferfahrung sammeln und dann teilnehmen sollten). Als vierten Kritikpunkt möchte ich mich selbst nennen. Wie bereits geschildert, habe ich zumindest kleidungsmäßig noch einigermaßen die richtige Entscheidung getroffen. Meinen Gründe am Sonnalpin weiterzulaufen habe ich weiter oben schon angeführt. Auch dass die Zugspitzbahn von Sonnalpin zum Gipfel die Läufer noch abkassiert hat (das waren teilweise auch schon "Notfälle") und bis zu 20 Minuten frierend in der Warteschlange an der Kasse hat warten lassen (das weis ich nur von Berichten der anderen Läufer) empfinde ich als skandalös.
Es ist sehr schade, dass es solch dramatischer Ereignisse bedarf, damit ein so schöner Sport wie Berglauf erst den Weg in die Medien findet. Trotz dieser dramatischen und sehr bedauerlichen Ereignisse werde ich meinem Sport Berglauf auch weiterhin treu bleiben.


 

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