BERICHT VON CHRISTIAN SCHOLZ
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zu Testberichten anderer
Veranstaltungen ][
Testberichte Hamburg
Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz
][ Jürgen Weller ][
Tester ][ Robert
Achatzi ][ Marco Heinz
][ Bernd ][ Christian
de Vogel ][
Anmerkung
der Redaktion: Eigentlich wollte Tester Scholz über den Puma Pryde
schreiben, doch die Schuhe waren noch unterwegs. Deshalb spitzte er kurzerhand
den Griffel und übermittelte einen eindrucksvollen Bericht über
den Hamburg-Marathon - lesenswert
Hallo running-pur,
zwar ist mein Paar Testschuhe noch nicht angekommen, aber der gestrige
Lauftag lohnt sich ohne Rücksicht auf die verwendeten Schuhe bilanziert
zu werden.
Nach finsteren Wetterprognosen für den norddeutschen Sonntag (am
Freitag hieß es noch Dauerregen und 0 Grad), einem recht angenehmen
Sonnabend schien dann ab 7 Uhr die Sonne bei recht kalten 0 Grad. Trotz
der Prognosen stand mein Renndress fest - kurze Hose und Singlet und dazu
meine Adidas Taper. Gegen die Kälte habe ich mir dann nur ein paar
Handschuhe zugestanden - wollte ich doch meine neue persönliche Bestleistung
nicht durch ein Zuviel an Bekleidungsgewicht gefährden. Kurz vor
9:00 Uhr klapperten mir wegen der Temperaturen doch eine wenig die Zähne
und ich habe mich schnell in meine Startgruppe gedrängt - Nähe
wärmt.
9:00 Uhr der Startschuss und die Kälte weicht dem Wettkampffieber.
Leider gab es wieder einmal die Unsitte vieler Laufgenossen zu beklagen,
die sich in eine für ihr Tempo viel zu schnelle Startgruppe gemogelt
haben und den ambitionierteren Läufern vor den Füßen rumstolperten.
Trotzdem habe ich gleich mein Tempo gefunden und passierte die 1km Marke
in exakt 4:00min. Kurz danach geht es rechts ab auf die sündigste
Meile der Welt, die Reeperbahn oder der Kiez wie wir Hamburger sagen.
Ein buntes Sammelsurium an wachgebliebenen Nachteulen und munteren Sportfans,
die die LäuferInnen enthusiastisch anfeuern. Die Sightseeing Tour
durch Hamburg beginnt. Die ersten 5km verbrachte ich damit mein Tempo
zu finden, in mich hinein zu horchen und nach Läufern Ausschau zu
halten, die vielleicht auch die magische 2:50 Grenze knacken wollten.
Bei KM 7 die erste private Verpflegungsstation. Ich werfe meiner Schwester
meine Handschuhe vor die Füße, da mir inzwischen doch recht
warm geworden war, greife nach der Wasserflasche, an die ich einen Gelbeutel
befestigt hatte und weg bin ich. Zweimal links herum und wir sind an der
Elbchaussee. Hier sitzen einige gutbetuchte Hamburger beim Champagnerfrühstück,
die Sonnenstrahlen durchbrechen das erste Frühlingsgrün der
altehrwürdigen Bäume und man genießt eines der schönsten
Streckenabschnitte des Marathons. In der Zwischenzeit hatte ich mein Tempo
gefunden und pendelte je nach Streckenprofil zwischen 3:55 und 4:00min/km.
Perfekt. Das Laufgefühl ist überwältigend und ich bin froh,
dass ich bei einem Marathon erstmals nicht zum Asics Gel DS Trainer, sondern
zum Adidas Taper gegriffen habe, der für mein Gewicht (83kg) eigentlich
zu wenig Stabilität bieten soll. Aber abwarten, noch ist nicht einmal
die 10km Grenze passiert. Das Ende der Elbchaussee naht und ich begegne
das erste Mal einem bekannten Gesicht: Hajo will auch 2:50 knacken und
könnte damit ein möglicher Mitstreiter auf den nächsten
33km sein. Aber er ist anders als ich aus der ersten Reihe gestartet und
ist jetzt "schon" etwa 25s in Verzug. Er hat keine Lust (und
Luft?) zum Quatschen und bald merke ich, dass er sein Ziel wohl nicht
erreichen wird und laufe alleine weiter. Die 10km Markierung passiere
ich genau nach 39:40min und habe schon 20s auf dem Habenkonto. Ich hoffe,
dass sich das später nicht rächt.
Kurze Zeit später runter in den Hafen. Hier dieselbe bunte Mischung
aus Frühaufstehern und Nachteulen, die die laufende Menge frenetisch
anfeuern, wie auf der Reeperbahn. Viele hat es nach einer durchtanzten
Nacht wohl auf den Fischmarkt gezogen. Hafen, Landungsbrücken werden
ebenso passiert, wie die Speicherstadt. Ich fühle mich großartig
und habe anders als einige Läufer noch die Verfassung, um die immer
wieder großartigen Eindrücke zu genießen. Hamburg, Du
bist wunderschön.
Durch den Wallringtunnel und danach einmal um die Binnenalster: Wir passieren
die Kilometer 15 - 17. Am Neuen Jungfernstieg erkenne ich rechts am Straßenrand
meine Eltern, die mir eine weitere Wasserflasche entgegenhalten. Ich greife
die Flasche, bedanke mich mit einem strahlenden Lächeln und laufe
weiter Richtung Kennedybrücke. Auf dem Weg werden wir von einer Menge
hübschen Cheerleader angefeuert. Ich fühle mich weiter in bester
Verfassung. Nur kurz habe ich auf einer leicht abschüssigen Strecke
geglaubt, eine wunde Stelle an einem meiner Zehen auszumachen und meine
Schuhwahl in Frage gestellt. Zum Glück hat sich dieser Verdacht bis
zum Ende nicht bestätigt.
Die Strecke um die Außenalster gehört zu den schönsten
Streckenabschnitten. Tausende von Zuschauern bevölkern Hamburgs liebste
Laufstrecke und auch mein bevorzugtes Trainingsrevier. Blauer Himmel und
strahlender Sonnenschein verhelfen Hamburg zu einem unvergleichbaren Panaroma.
Am noblen Alsterufer wiederholten sich die Elbchaussee Szenen: Gutbetuchte
hanseatische Familien frühstückten auf dem Bürgersteig
und prosteten den Läufern mit Kaffee und Champagner zu. 1km später
führt die Strecke erst einmal weg von der Alster. Oh Alster, wir
sollten dich erst harte 17,5 km später wiedersehen, was wird wohl
in der Zwischenzeit passieren?
Die Halbmarathonmarke passierte ich nach genau 1:23,30 und lag damit schon
über eine Minute im Plus. Auf den nächsten Kilometern mussten
einige Läufer dem hohen Anfangstempo Tribut zollen. Ich begann bei
einem konstanten Schnitt von 3:55min/km andere Läufer einzusammeln
und hatte noch genug Energie um grinsend die begeistere Zuschauermenge
zu genießen. Bis KM 25 kommt dann eine recht unangenehme Steigung,
die einigen das Genick bricht. Ich reduzierte das Tempo auf genau 4:00/km
und lag damit immer noch genau auf der eigentlich geplanten Geschwindigkeit.
Die Strecke führte uns dann durch die City Nord, ein Büroviertel,
das an normalen Wochenenden fast ausgestorben ist. Da dort der ehemalige
Hauptsponsor Shell seinen Sitz hat, ist am Marathonwochenende in dieser
ansonsten recht trostlosen Gegend ein irres Spektakel im Gang. Ein Gleitschirmspringer
zieht die bewundernden Blicke der Zuschauer und einiger Läufer auf
sich.
KM 27: Jetzt nur noch zwei Runden um die Alster denke ich, dieses normale
Trainingsprogramm sitzt Du sonst auf einer A...backe ab. Obwohl ich merke,
dass meine Oberschenkel langsam auf die Belastung reagieren, bin ich ziemlich
optimistisch, liegen meine Kilometerzeiten immer noch unter dem Fahrplan.
Meine Bedenken über das vielleicht zu hohe Anfangstempo beginnen
sich zu zerstreuen. Die 30km Messmatte passiere ich nach 1:58:37 und liege
damit 1:23min unter der Durchgangszeit für 2:48,48. Bei KM 31 soll
mir meine nächste Wasserflasche mit Energiegel gereicht werden. Ich
passiere den vereinbarten Treffpunkt - von Frauke nichts zu sehen. Dummerweise
hatte ich bei KM 30 die Verpflegungsstation links liegen gelassen. Schnell
machte sich Panik breit. Zum Glück stand Frauke dann eine Straßenecke
weiter und zum Glück hat sie die zwischenzeitlichen Verwünschungen
nicht gehört. Ich fühlte mich immer noch prima, begann sich
das Feld doch immer weiter auseinander zuziehen, während ich eine
Gruppe nach der anderen einholen konnte. Doch auch bei mir machte sich
langsam die Müdigkeit breit. Die Zwischenzeiten begannen plötzlich
unerklärlich zu variieren. So legte ich mit einer Gruppe den Abschnitt
von km 32-33 in 3:40min zurück und bei konstantem Renntempo den nächsten
Abschnitt bis km 34 in 4:12. Da nicht nur ich völlig irritiert war,
kamen wir überein, dass wohl die Straßenmarkierungen nicht
exakt gesetzt waren. Ab KM 36 wurden meine Beine immer schwerer und ich
musste kämpfen, um meine Zwischenzeiten zu halten, was mir trotz
allem gelang. Hierzu trugen vor allem die Wogen der Begeisterung bei,
die uns alle durch Eppendorf begleiteten. Gleichzeitig begann ich auszurechnen,
welche Durchschnittszeiten ich laufen konnte, ohne das Ziel 2:50,00 zu
verfehlen. Bei KM 38 sah ich dann den Mann mit dem Hammer zum Glück
so rechtzeitig, dass er mich nicht voll erwischt hat. Ich war angezählt,
schwankte ein wenig, konnte aber sofort weitermachen, so dass ich nur
minimal über meinem Kilometer - Schnitt lag. Ich machte mir keine
Gedanken mehr über meine Schuhwahl (ein gutes Zeichen) und wollte
nur noch ins Ziel. Komisch dachte ich, sonst fühlst Du Dich hier
immer so locker beim Laufen.
Kurz vor dem amerikanischen Generalkonsulat (hier passiere ich beim Training
immer die 2,5 bzw. 10km Marke) warteten die vorletzten Zeitmessmatten,
die uns mit dem Piepen der wenigen Läufer vor uns begrüßten.
Klasse, 39:52min für die letzten 10km. Ich rechnete kurz hoch und
stellte fest, dass ich mir für die letzten 2,195 km 11:30 Zeit lassen
konnte. Mit diesem beruhigenden Polster vor Augen war ich mir sicher,
dass ich das trotz der Erschöpfung schaffen würde. Aber erst
musste noch die langgezogene Steigung am Gorch-Fock-Wall bezwungen werden.
Die Läufer werden von begeisterten Zuschauern den "Berg"
hochgejagt. Jetzt brechen alle Dämme, ich nehme rechts kurz meine
Eltern war und greife zur angebotenen Wasserflasche, die ich mir kurzentschlossen
über den glühenden Kopf kippe, jetzt packe ich's. Noch ein Kilometer.
Wir umrunden einmal den Sievekingsplatz mit seinen imposanten Gerichtsgebäuden,
für die ich jetzt allerdings keinen Blick mehr habe. Ich beiße
die Zähne zusammen und versuche noch ein paar Plätze gut zu
machen. Wir biegen auf die Zielgerade ein und in ein paar hundert Metern
lockt das süße Ende. Ich werde von einem Läufer überspurtet,
den ich erst wenige Meter zuvor überholt hatte und kann (und will?)
dem nichts mehr entgegensetzen. Ich genieße die Atmosphäre.
Die Uhr bleibt bei 2:47,32 stehen, es ist vollbracht.
Christian Scholz
BERICHT VON JÜRGEN WELLER
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Veranstaltungen ][
Testberichte Hamburg
Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz
][ Jürgen Weller ][
Tester ][ Robert
Achatzi ][ Marco Heinz
][ Bernd ][ Christian
de Vogel ][
Der Bericht: Hamburg, 22. April 2001, - 16. Hansaplast
Marathon Hamburgeinen randvollen Terminkalender mit kulturellen,- gesellschaftlichen-
und sportlichen Ereignissen hat die attraktive Millionenstadt an der Elbe
zu bieten, doch kein Ereignis bringt an nur einem einzigen Tag so viele
Menschen auf die Beine, wie der Hamburg Marathon. Mit 15229 Marathonis
am Start, liegt der Frühjahrsklassiker weiter klar im Aufwärtstrend.
Aber auch die Begeisterungsfähigkeit der Hamburger Zuschauer ist
für Deutsche Verhältnisse Einmalig, so die Einstimmige Aussage
der Akteure von Sportfreunde Ennepetal! Bei Sonnenschein und kalten 4°C
wurde um Punkt 9.00 Uhr aus 3 großen Startblock's nahe dem Messe-
und Congresszentrum, das gewaltige 16823-köpfige Heer der Skater-
Rollstuhlfahrer- Läufer(innen), auf die lange Rundreise durch Hamburg
geschickt. Erst gegen Mittag war die Temperatur auf wesentlich erträglichere
9°C angestiegen.
Eine Schleife führte zunächst in westliche Richtung durch den
Stadtteil St. Pauli über die berüchtigte Rotlichtmeile Reeperbahn,
dann in Gegenrichtung zur Elbchaussee und an dieser entlang durchs Hafengelände
in die Altstadt. Um die Binnenalster herum führte die Ideallinie
nun in nördliche Richtung zum Ostufer der Außenalster und umrundete
diese in einem weiten Bogen. Auf der Alsterkrugchaussee ging es nun wieder
in südliche Richtung, immer am westlichen Alsterufer entlang. Auf
den letzten Kilometern wurde es für die müden Beine dann noch
einmal richtig schwer; denn die Strecke führte zwar nur leicht, aber
stetig bergan ins ersehnte Ziel auf der Karolinenstraße.
Mit den relativ kühlen Bedingungen scheint die Mehrzahl der Marathonis
wohl gut zurecht gekommen zu sein; denn mit 14726 Läufer(innen) im
Ziel lag die Ausfallquote nur bei 3,3%. Durch den neuen Streckenrekord
2:07:46 Std. des Spaniers Julio Rey, rückt der Hamburg Marathon nun
in den elitären Kreis der schnellsten Marathonstrecken der Welt auf!
Was für den Spitzensport gut war, ist schließlich auch dem
Breitensport gut bekommen, konnten die Akteure der Sportfreunde Ennepetal
mit Stolz belegen; denn mit 3:05:15 Std. schaffte Michael Czibor in seinem
2. Marathonlauf eine neue persönliche Bestleistung! Sehr zufrieden
war am Ende aber auch Stefan Marquardt mit seiner neuen persönlichen
Bestleistung von 3:38:31 Std.! Für den SF Hitzeläufer Lutz Huth
lief es bei den kühlen Temperaturen von Anfang an nicht so richtig
rund. Über seine 4:58:41 Std. braucht er dennoch nicht enttäuscht
zu sein; denn es bieten sich in absehbarer Zukunft sicher noch viele interessante
Möglichkeiten, das eigene Leistungsniveau zu steigern!
Mit freundlichem Gruß
Jürgen Weller
BERICHT VON Tester
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Testberichte Hamburg
Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz
][ Jürgen Weller ][
Tester ][ Robert
Achatzi ][ Marco Heinz
][ Bernd ][ Christian
de Vogel ][
Ein tolles Erlebnis liegt hinter mir: der Hansaplast-Marathon
am 22.April 2001. Bei herrlichem Sonnenschein war ein neuer Teilnehmerrekord
zu verzeichnen und alle Athleten wurden durch ein super Publikum motiviert.
Doch erst mal der Reihe nach. Ich entschloss mich, meine Startunterlagen
bereits am Freitag nachmittag abzuholen. An den Countern herrschte auch
kaum Andrang und so konnte ich ohne Wartezeit meinen Beutel mit Startnummer,
Streckenbeschreibung, Schwamm, Zeitschriften und Werbematerial entgegennehmen.
Auf der Marathonmesse in der benachbarten Halle herrschte schon buntes
Treiben, aber das wollte ich mir und meinen Kindern gerne ersparen. Bei
Durchsicht der Unterlagen stellte ich erfreut fest, dass der Start für
die 3 Blöcke nicht mehr zeitgleich erfolgt, sondern versetzt im 5min-Takt.
Dieser Umstand führte dann tatsächlich auch zu einer deutlichen
Entzerrung des Läuferfeldes auf den ersten Kilometern. Am Samstag
gab es dann noch reichlich Rahmenprogramm, wie den Frühstückslauf
und das Frühstücksbuffet und natürlich eine Kohlehydratparty
am Nachmittag. Nichts für mich, ich muss diesen Rummel nicht haben
und würde aufgrund meiner emotionalen Verfassung vor so einem Lauf
noch am ehesten den ökumenischen Gottesdienst in Betracht ziehen.
Sonntagmorgen. Endlich geht es los. Nach einem Blick auf den Thermometer
(4°C) überdenke ich nochmals die Kleiderfrage. Um 8.15h erreiche
ich das Messegelände. Es wimmelt nur so von Läufern und Skatern.
Es besteht Umkleidemöglichkeit in den Messehallen, aber die Kleiderbeutelabgabe
erfolgt dieses Jahr nicht dort, sondern in weiter entfernt stehenden LKW`s.
Deshalb entschliesse ich mich dazu, diese erst mal aufzusuchen und mich
dort erst kurz vor dem Start auszuziehen. Natürlich muss auch noch
ein dringendes Bedürfnis erledigt werden und ich erblicke schon eine
Reihe blauer Häuschen. Beim Anblick der davor stehenden, vor Kälte
bibbbernden Warteschlange wird mir jedoch klar, dass dies für mich
nicht in Frage kommt. Also folge ich dem Vorbild zahlreicher männlicher
Läufer: ab in die Büsche. Danach noch kurz einlaufen und auf
zum Startpunkt. Um 9.05h kommt Bewegung in unseren Block. Trotzdem dauert
es 3 min, bis ich die Startlinie passiere. Die ersten Schritte sind wie
eine Befreiung, die Anspannung ist weg. Ein kurzes in-mich-hineinhören,
schmerzt die alte Verletzung wieder, die mich während der Vorbereitungszeit
zu einer dreiwöchigen Laufpause zwang? Schon biegen wir ein zur Reeperbahn,
wo wir von einem bunt gemischten Völkchen empfangen werden. Die Strasse
gehört uns! Über die "sündige Meile" geht es
weiter Richtung Altona, Blankenese und hinunter zur Elbe. Am 1.Verpflegungsstand
nach 7,5 km gibt es erstaunlicherweise schon Bananenstücke. Vielleicht
wurde dabei ja an die Läufer gedacht, die vor lauter Aufregung nichts
frühstücken konnten. Kurz vor dem Fischmarkt geht es dann bergab
und unten tobt das Volk. Diese Stimmung ist einfach unglaublich! Beim
Anblick der Menschenmasse wird mir aber auch schnell klar, dass ich kaum
eine Chance habe, meine persönlichen Fans an der Strecke zu treffen.
Entlang der Speicherstadt habe ich das Pech, einen spendensammelnden Fahrradfahrer
neben mir zu haben, der mich unaufhörlich mit seinem Megafon beschallt.
Keine Muse also für sight-seeing, ich ziehe das Tempo an, um diese
Nervensäge hinter mir zu lassen. Kurz danach ist bei der Durchquerung
des Tunnels wieder Gänsehaut angesagt. Zuerst herrscht eine unheimliche
Stille, nur der Aufprall Hunderter Laufschuhe auf dem Asphalt ist zu vernehmen,
dann gibt es eine Welle und wir nutzen die Akustik des Tunnels und feiern
uns selbst lautstark! Weiter geht es entlang der Alster und spätestens
hier muss einem klar werden, welch phantastisch schöne Laufstrecke
einem hier geboten wird. Den Halbmarathon-Punkt passiere ich nach 2:00:27.
Bei km 25 gönne ich mir einen grossen Becher (lauwarmen) UltraBuffer.
Hilfsbereit werden einem an den Versorgungsständen immer schon Getränke
entgegengereicht. Dort wo es Verpflegung geben soll, ist auch immer etwas
vorzufinden. Dies habe ich leider auch schon anders erlebt, aber dieses
Mal ist alles tiptop. Nur die randvoll gefüllten Wasserbecher nerven.
Um mich herum beobachte ich auch andere Läufer, die zuerst einmal
die Hälfte auskippen, bevor sie zum trinken ansetzen. Nun zieht sich
die Laufstrecke in nördlichere Stadtteile, wo es auch deutlich ruhiger
wird. Ab km 32 sind die ersten Massageliegen aufgestellt und finden auch
erstaunlich viel Anklang, kaum ein Platz ist frei. So richtig freiwillig
ist ja wohl keiner da und ich hoffe, nicht ebenfalls so zu enden, denn
ich spüre eine zunehmende Verhärtung der rechten Oberschenkelmuskulatur,
was wohl mit meiner alten Verletzung zusammenhängt. Immer weiter,
nur nicht stehenbleiben. Läufer, die eine Gehpause einlegen werden
von den Zuschauern mit Namen angefeuert und weitergetrieben. Viele der
am Strassenrand stehenden Leute halten nämlich ein Exemplar der offiziellen
Marathon-Zeitung in den Händen, aus der sie anhand der Startnummer
den Namen des Läufers ersehen können. Bei km 37 in Eppendorf
empfängt uns eine Wand aus Lärm und Musik, der ganze Stadtteil
feiert hier eine riesen Partysause. Leider verengen die Zuschauermassen
aber auch die Strasse und das ganze Läuferfeld wird etwas langsamer,
worüber keiner richtig böse ist. Diese Stimmung muss man einfach
geniessen, sind wir eigentlich alle Weltmeister? Kurz darauf haben wir
wieder die Alster erreicht und danach geht es ein ganzes Stück leicht
bergauf. Noch einmal abbiegen und da liegt die Zielgerade vor mir. Ich
mobilisiere nochmals alle Kräfte und lege los zu einem Endspurt.
Bei 4:04:23 bleibt für mich die Uhr stehen. Eine freundliche Dame
beglückwünscht mich, hängt mir eine Medaille um und drückt
mir eine rote Nelke in die Hand. Ich habe keine Ahnung, wo es etwas zu
trinken gibt, aber die Masse schiebt mich immer weiter und so halte ich
kurz darauf einen Becher Elektrolytgetränk in der Hand. In Halle
5 bekomme ich ohne Wartezeit meinen Kleiderbeutel zurück. Den Gerüchten
nach, gibt es unter den 120 Duschen nur kaltes Wasser. Nein danke! In
der zugigen Halle ist es auch nicht wirklich gemütlich und so ziehe
ich mir nur schnell warme, trockene Sachen an, dehne mich ausgiebig und
plaudere noch ein bisschen mit anderen Läuferinnen. Mit schmerzendem
Oberschenkel ziehe ich von dannen. Zurück bleibt das Gefühl,
einen phantastischen, perfekt organisierten Lauf in einer tollen Stadt
mit einem Wahnsinnspublikum erlebt zu haben und die Gewissheit: nächstes
Jahr bin ich wiedermit dabei!
BERICHT VON ROBERT ACHATZI
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Testberichte Hamburg
Marathon 2002 ][
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de Vogel ][
Hallo running-pur-ONLINE-Fangemeinde,
ich hatte das Vergnügen als einer von 4 Testern für den Hamburg-Marathon
zu laufen und Resümee zu ziehen.
Mein Gesamturteil: Ein schönes ErlebnisSchon im Herbst hatte ich
überlegt, wohin mich der nächste Marathon führen soll.
Dabei fiel Paris und London in die engere Auswahl. Paris war von meinem
Heimatverein TSV Gersthofen favorisiert, es stellte sich aber heraus,
dass nicht genügend Teilnehmer für eine gemeinsame Busfahrt
zusammenkamen. London zu buchen ist auch nicht ganz einfach ohne an gewisse
Hotels gebunden zu sein. Beim Nachdenken bin ich dann zufällig auf
den Hamburg-Marathon gestoßen. Also rein ins Internet und gesucht.
www.marathon-hamburg.de aufgerufen und nichts gefunden außer 2 Werbebannern.
Vielleicht ist die Seite ja noch nicht fertig. - Aber bei einer so großen
Veranstaltung? Ich habe tatsächlich über 2 Monate immer wieder
reingeschaut und das kleine Fenster links oben "Hauptmenü"
vollkommen ignoriert. Vielleicht könntet ihr das einfach deutlicher
kennzeichnen, damit auch die blinden unter uns Surfern fündig werden.
Sehr positiv allerdings sind dann die Untermenüs, wenn man den Mut
gefunden hat, dort einfach mal hinzuklicken. Es ist mittlerweile möglich
sich Online anzumelden und zwar verschlüsselt. Viele Anbieter denken
immer noch so etwas sei nicht nötig. Ich würde aber dann keine
Kontodaten übermitteln. Was mir ebenfalls sehr zugesagt hat, man
kann einige interessante Daten über die vergangenen Jahre abrufen.
Beispielsweise hat man einen Überblick was einen hinsichtlich des
Wetters alles an der Elbstadt erwarten kann. Man darf nicht vergessen,
dass Ende April im Norden Deutschlands einfach immer noch ein sehr kühler
Wind wehen kann. Dass aber im Gegensatz dazu die kühlen Nordlichter
eher ein Gerücht sein müssen, habe ich mir von anderen Läufern
im Vorfeld bestätigen lassen. Jeder der in Hamburg bisher gelaufen
ist, hatte nur gutes zu berichten. Das macht es natürlich sehr schwierig
einen Test zu schreiben. Einerseits ist er weit mehr als ein namhafter
und etablierter Lauf, andererseits kann auch nur ein gesprochenes oder
geschriebenes Wort noch eine Kleinigkeit verändern.
Einen herzlichen Dank möchte ich an running-pur für ihr Angebot
des Freistartes richten. Aufmerksam wurde ich auf diese Sache als running-pur
unseren Gersthofer Silvesterlauf per Video-Mitschnitt und Internet-Präsenz
unterstützte. Dort habe ich mich gleich gemeldet und innerhalb weniger
Tage die Zusage für den Tester-Pool erhalten. Sobald alle Tester
feststanden, wurde die Anmeldung an die Verantwortlichen beim Hamburg-Marathon
weitergeleitet und schon kurze Zeit später kam Post mit den ersehnten
Anmeldeformularen. Aus diesen geht schon mal alles Wesentliche hervor.
Streckenführung, Verpflegungsstellen, Marathonmesse, Start-Infos,...
Der Antrag war noch am selben Tag ausgefüllt. Für irgendwelche
offenen Fragen war auch eine Telefonnummer angegeben. Dies gibt es leider
bei vielen anderen Veranstaltungen nicht.Recht zeitig kam dann die Teilnehmerbestätigung,
auf der noch mal alle wichtigen Informationen aufgeführt werden.
Diese gilt zugleich als Fahrausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel
am gesamten Wochenende. So muss lediglich noch für die Ehefrau, etc.
ein Ticket gelöst werden. Samstag 21.04.01
06:00 aufstehen, fertigpacken
08:00 Abflug Mühlhausen bei Augsburg im Schneegestöber
09:30 Ankunft in Hamburg (der Veranstalter hat sogar Sonne gebucht)
10:45 Hotelzimmer direkt am Congress Centrum
11:10 Aktivierungslauf (500m weiter im Planten un Blomen-Park.)
dabei noch verrücktere als uns Läufer gesehen, die schmeißen
sich vom
Fernsehturm ( wir haben ja auch noch bis Mittwoch Zeit)
12:15 frisch geduscht auf zur Messe und Shopping-Tour
13:00 Messe - große Halle, alle Anbieter stellen aus, Klasse Angebot,
beinahe jeder Stand hat Sonderpreise, aber nur wenige mit echten Billigangeboten.
Wir haben uns jedenfalls erst mal neu eingekleidet. Zur Startnummernabholung
geht's in die Halle 9. Chip bezahlen, Starttüte mit Nummer abholen
und am Schluß den Chip entgegennehmen und testen. Hier sehen wir
den Trouble-Desk; den werden wir später noch brauchen.
15:00 wir haben uns noch in die Stadt zum Jungfernsteg gewagt. Im Spielzeugparadies
am Neuen Wall gibt's kleine bunte Ratschen zum Krawallmachen und anfeuern
(nur 5,--DM) für meine Frau.
15:30 In einem Cafe sehen wir die Startunterlagen durch. Ich habe einen
grünen Punkt für Start C und bin damit zufrieden. Erst als ich
die gelbe Marathon-Beilage studiere, stelle ich fest, dass es im Start
C erst um 9:10 losgeht. Da stellt sich die Frage, wenn die Läufer
zeitversetzt starten, müssen die zuletzt startenden ja unweigerlich
an den langsameren der Starts A und B vorbei. Ich male mir das Szenario
in den trübesten Farben aus und stelle mir vor an ca. 10000 Beinpaaren
vorbei zu müssen. Meine geplante Zeit von 3:05 wird hier sicher nicht
erreicht werden. Wir bezahlen und machen uns wieder auf den Weg zur Messe.
16:30 Infostand an der Messe. Man sagt mir ich soll den Trouble-Desk in
Halle 9 aufsuchen. Dort stelle ich mich in einer Schlange hinten an. Wir
müssen ca. 10 min warten, das ist durchaus o.k. Ein Rollifahrer hat
es dort allerdings nicht so einfach. Der Bereich könnte hierfür
etwas größer gestaltet werden. Ich spreche mit der Dame und
sie erklärt mir, dass von mir keine Zeit auf der Anmeldung vermerkt
war und ich deshalb im allerletzten Startblock überhaupt starten
werde. Mich trifft fast der Schlag - zumal ich meine Zeit von Wien (3:13:29)
eingetragen habe. Sie bietet mir aber an in der ersten Reihe von Start
B zu mein Glück zu versuchen. Nach kurzer Debatte hatte sie aber
noch mal in den Original-Anmeldungen (die erfreulicherweise direkt hinter
ihr gestanden haben) nachgesehen. Und tatsächlich die Zeit wurde
wohl vergessen in die Datenbank zu übernehmen. Sie tat dies gleich
und ich bekam mein schwarzes A. herzlichen Dank noch mal an alle die es
mir doch noch ermöglicht haben meine Zeit zu beweisen. Puuuhhhh
18:30 Fertigmachen der Laufkleidung, anbringen der Startnummer, etc. im
Hotel (Am Dammtor - nicht gerade die erste Adresse, aber nur 10 min von
der Messehalle weg)
Bei der Erstellung des Zeitplanes für meine Frau stellen wir fest,
dass es eigentlich keinen Stadtplan mit Straßennamen und eingezeichneter
Strecke gibt. Für den Berlin-Marathon im Oktober 2001 wurde uns ein
solcher bei der Startnummernausgabe gleich aufgedrängt. Vielleicht
könnt ihr so etwas auch mit einbringen.
19:45 Auf geht's, wir müssen ja noch ein paar Kohlehydrate "aufgabeln".
Die Suche nach einem Italiener gestaltet sich gar nicht so einfach, zumal
wir noch Ausschau nach allerlei Dingen und schrägen Vögeln halten.
21:45 Die Bestellung einer Spaghetti-Napoli-Portion und einer Schüssel
Salat Caprese ist erfolgt. Doch als ich die erste Gabel in den Mund schiebe
merke ich sofort, dass sie eigentlich Al Arrabiata heißen müßten,
also scharf sind. Glücklicherweise hat meine Frau Tagliatelle al
Pesto bestellt und ist bereit zu tauschen. Scharf hätte meine Verdauung
sicherlich über die Maßen belastet.
23:00 Wir liegen im Hotelbett und hoffen auf eine gute Nacht.Sonntag 22.04.01
05:55 Weckruf - gleich einen Power-Bar gefrühstückt, der belastet
nicht und hat alles was man braucht, duschen und dann noch mal ¸ Riegel
07:00 letzte Kontrolle des Kleidersackes
07:20 im Frühstücksraum (aber nur für die Tina) sitzen
nur Läufer (ca. 20)
07:50 wir machen uns auf den Weg zum Start. Es ist nicht mal viel los.
Ich bin völlig gelöst. Der ganze Vortagsstress ist vergessen.
08:00 Der erste Schluck des heutigen Tages (bis um 08:45 sollten es insgesamt
0,2 Liter werden). Blauer Himmel und kühle Temperaturen machen es
den Läufern nicht einfach, sich auf die richtige Kleidung einzuschießen.
Ich beschließe es nach Plan zu machen, also Shorts und Trägerhemdchen.
Das war auch die optimale Bekleidung für mich.
Am Meeting Point sehen wir uns um; der ist so klein, dass wir beschließen
uns auf der gegenüberliegenden Seite zu treffen. Wenn hier nur ein
Drittel der 20000 Starter nach der Partnerin oder dem Partner suchen will
- ich kann aber nicht sagen wie es wirklich war, da wir uns per Handy
im Anschluß an der Kleiderausgabe getroffen haben.
08:25 Warmlaufen im Startbereich - man muss sich rechtzeitig einordnen,
da ein Zugang von der Seite an der richtigen Stelle wegen hoher Absperrgitter
nicht möglich ist. Während dem Dehnen höre ich das Startsignal
der Rolli-Fahrer, die um Punkte für die - ich glaube - Europameisterschaft
kämpfen. Noch ein paar Minuten laufen um dann um
08:45 die Kleidung abzulegen und mich einzureihen. Auf einmal kommt von
der Seite die Hand meines Vereinskollegen Georg Stiegel und drei weiterer
Augsburger (u.a. Stefan Kiechl). Wir unterhalten uns angeregt und verpassen
dabei den Skater-Start.
08:55 20000 Läuferinnen und Läufer werden willkommen geheißen.
Das gibt ein sehr gutes Gefühl. Was mir persönlich gefehlt hat,
sind laute powernde Rhythmen, um die Massen anzuheizen.
08:59 Die Menge drängt sich jetzt zusammen, aber ohne wirklich in
eine drangvolle Enge zu kommen. Ich sehe viele lachende Gesichter. Pünktlich
um
09:00 fällt der Startschuss. Es geht gemütlich Richtung Start.
Nach 90 Sekunden überquere auch ich ohne jede Hektik die Linie. Also
muss von der offizielle Uhrzeit entlang der Strecke jeweils 1 ¸ Minuten
abgezogen werden. Vorsorglich stoppe ich aber meine eigene Nettozeit mit.
Ob mein ChampionChip auch gepiepst hat kann natürlich bei dieser
Masse nicht geklärt werden. Es geht auf die Strecke, die lange Vorbereitung
gipfelt jetzt endlich im Finale. Nach wenigen Metern sehe ich Georg wieder
und wir wuseln gemeinsam durch die Mitläufer nach vorne. Es geht
aber relativ gut hin und her nach vorne, ohne jemanden beim Überholen
zu gefährden. Hier sei angemerkt, dass die Streckenwahl in meinen
Augen überragend und der breite Startteil sehr gut gewählt ist.
KM 1 Die KM-Schilder sind zwar gut zu sehen, wenn man weiß, wo man
sie erwarten muss, aber ich hätte sie eigentlich in den HANSAPLAST-Farben
erwartet. Ich bin nach 4:40 dran vorbei und denke zum Warmlaufen sicher
die richtige Zeit. Auf der linken Seite steht eine Blaskapelle; die wollen
aber scheinbar nur ihre Kostüme herzeigen - oder der Dirigent kommt
erst noch im Läuferfeld. Sie sollten langsam mit dem musizieren beginnen,
sonst ist der gesamte Pulk in 25 Minuten vorbei und sie sind arbeitslos.
KM 2 wir laufen über die Reeperbahn, aber auf der ganz linken Seite.
Im Vorfeld hieß es, dass dort auch Damen am Streckenrand stehen,
die ihre Vorzüge offen präsentieren. Das hätte ich schon
gerne gesehen - so als Zuckerl. Na ja
KM 3 - 5 die Strecke wird etwas ansteigend und ich beobachte meine Zeit.
An der 5 KM-Markierung sind es 21:45, nur 30 Sekunden Rückstand auf
meinen Plan. Ich beschließe auf den nächsten 5 etwas Vorsprung
herauszuarbeiten, da die Strecke ab jetzt mehr abschüssig und einfacher
zu laufen sein wird.
KM 7 rechts sitzt ein ca. 10-jähriges Mädchen und feuert die
Menge mit lauter Stimme:
Los los los -- haltet durch bis zum Schluß!
Ich habe sie noch viele Schritte lang vernommen, mich richtig über
ihren Einsatz gefreut und ihr eine noch lange anhaltende Stimme gewünscht.
Jetzt sehe ich eine Verpflegungsstelle, die erste bei KM 5 habe ich vor
lauter Zeitkontrolle verbummelt.
KM 8 nach einem kurzen Anstieg und noch einigen hundert Metern beginnen
die Menschen entlang der Strecke noch mehr zu werden.
KM 10 Es läuft gut, bei der Getränkeaufnahme nehme ich wieder
einen Becher Wasser. Während ich ihn schluckweise trinke und mir
das Nass ins Gesicht sprenkle fällt mir auf, dass die Becher die
optimale Größe zum Greifen haben und der Becherrand so stabil
ist, dass es überhaupt kein Problem bedeutet, ihn so zu knicken,
dass man wie aus einer Schnabeltasse daraus trinken kann. Eine optimale
Wahl. Hoppla - Zeitnahme via Induktionsschleife - bei Km 10 ?!
Erst bei der Soforturkunde im Anschluß an den Lauf stelle ich fest,
dass es alle 10 Km Zwischenzeitmessungen gab. Das erlaubt natürlich
eine noch genauere Analyse des eigenen Laufes. Ich sehe auf meine Uhr
und stelle fest, dass ich inzwischen 10 Sekunden im Plus bin. Während
sich Zufriedenheit in mir breit macht, werden die Anfeuerungsrufe immer
intensiver und ich lasse mich dazu hinreißen an einigen Läufern
vorbeizugehen. Plötzlich geht es stark nach unten und mir wird auf
einmal bewußt wo ich mich befinde. Der Fischmarkt heißt uns
Läufer willkommen. Die Schritte werden länger und es dauert
nicht lange bis ich die Anfeuerungsrufe spüren kann. Ich habe nämlich
Seitenstechen; also besinnen, Tempo zurücknehmen, tief durchatmen
und nächstes Mal besser aufpassen. Die Hinweistafel in der Sponsorenfarbe
hat es aber auch gleich nach der Wasserstelle angedeutet "Starker
Abstieg" oder so ähnlich. So bin ich noch einige Zeit dahingelaufen
und habe rufen, rasseln, flöten und klatschen regelrecht aufgesogen,
die Zuschauermaßen bewundert und habe mit dem Medien-Marathon München
vom Oktober verglichen. Ich glaube, dass dort etwa genauso viele Zuschauer
waren (auf der gesamten Strecke!!!) So geht es am Hafen dahin.
KM 15 direkt in der Linkskurve werden mir Bananen gereicht; ich springe
zu dem Mann und greife mir eine. Dabei habe ich eine Mitläufer, den
ich leider nicht gesehen habe deutlich behindert. Der Platz war aber auch
etwas unglücklich gewählt. Jetzt noch schnell einen Becher Wasser
und schon geht's in einen langen Tunnel. Die Banane ist sehr glitschig
und ich beginne sofort mit dem Verzehr. Ich glaube für das eine Drittel
habe ich 5 Bissen benötigt. Mit dem gereichten Wasser habe ich mehr
die verschmierten Hände gesäubert, als getrunken. Ich suche
den von mir behinderten Mitläufer und entschuldige mich. Er meint
es sei nichts passiert, aber ich solle nächstes Mal etwas mehr aufpassen.
Wir umlaufen die Binnenalster. Irgendwo hier hätte meine Frau den
kleinsten Aufwand um zuzusehen, anzufeuern und mir ein gutes Gefühl
zu geben. Aber inmitten dieser Menschenansammlungen eine einzelnes Gesicht
aufzuspüren ist ganz und gar unmöglich. Ich nehme es vorweg
- es ist mir während des ganzen Laufes nicht geglückt sie irgendwo
mit ihrer kleinen Spielzeugratsche zu erspähen.
Km 20 Nachdem mittlerweile das sechste Mal ein wassergefüllter Becher
die Hand gewechselt hat, möchte ich mir folgende Anmerkung erlauben:
Bei allen Übergaben haben die Helfer die Becher von oben her mit
zwei Fingern festgehalten. Also muss der Becher mit rechts gegriffen werden,
mittels linker Hand in die rechte Handfläche übergeben werden.
Wesentlich einfacher wäre es den Becher auf der ausgestreckten Handfläche
anzubieten. Die flache Hand draufgeknallt, den Becher nach vorne gekippt
und mitgezogen.
Vorteil 1: Die Helfer werden nicht naß
Vorteil 2: Der Becherrand kann sofort in der Hand zusammengedrückt
zu einer Schnabeltasse umfunktioniert werden. Dies erleichtert das Trinken
und es geht so gut wie kein Tropfen verloren.
Ein Kontrollblick zur Uhr signalisiert mir Zuversicht - das Sekundenpolster
ist bereits auf 75 angewachsen. Wenn es so weiter geht, kann ich an die
3 Stundengrenze hinlaufen.
Km 25 auf diesem etwas schwierigeren Teilstück habe ich meinen 4:15er
Schnitt exakt halten können. Jetzt wird wieder versucht ein wenig
Tempo zu gehen.
Auf der gesamten Strecke: Immer wieder mal kann man ein Sanitätsauto
mit wachsamem Personal erkennen. Ich hoffe, dass sie bis zum Ende der
Veranstaltung über mangelnde Beschäftigung klagen müssen.
Vor jedem Verpflegungspunkt, Massagezelt oder auch scharfen Kurve wird
per HANSAPLAST-Hinweistafel gewarnt.
Auch hier draußen, da wir doch relativ weit ab Kern des Geschehens,
dem Mittelpunkt des Hamburg LifeStyles und der edlen Geschäften der
Schmuckindustrie und großen Handelsketten sind, stehen noch viele
fleißig Klatschende Besucher dieser Mammutveranstaltung. Es vergehen
wirklich keine 200m ohne eine kleinere Ansammlung wohlgesinnter Schaulustiger.
KM 30 wieder eine Überprüfung des bisher geleisteten - 90 Sekunden
im Plus. Innerlich beginne ich schon zu rechnen und träumen, verjage
aber sofort die Gedanken wieder, denn jetzt wird das Ganze ja erst spannend.
Steht die bisher eingesetzte Energie im Verhältnis zu noch zu laufenden
Reststrecke, oder hat man sein Pulver schon zu früh verschossen.
Die nächsten Kilometer werden's zeigen. Ich genieße den Lauf
in vollen Zügen.
Irgendwo bei Km 36 treten die Zuschauer wieder auf ganz besondere Weise
in Erscheinung. Sie jubeln derart laut und wollen alles genau mitbekommen.
Es formt sich ein schmaler Gang mit teilweise nur 1 m Breite. Überholen
ist hier wohl gar nicht mehr möglich. In mir erwachen Fernsehbilder
der Tour de France auf deren Bergetappen sich die Fahrer ähnlicher
Jubelstürme erfreuen können.
Km 38 Ein Mann steht am linken Straßenrand und ruft uns Gleichgesinnten
zu: Wenn's noch unter 3 Stunden gehen soll, wird's knapp. Ich denke noch
er sollte besser rufen: Jetzt geht's noch unter 3 Stunden - klingt einfach
positiver. Mein Blick wandert zur Uhr 2:41:55. Eigentlich hätte ich
die Zeit bei KM 35 überprüfen und hochrechnen sollen, warum
habe ich das nicht gemacht? Beim Überlegen bemerke ich dass die Beine
schon ganz schön fertig sind. Ich versuche 3 mal 4:15 auf meine Sollzeit
von 2 Stunden und ... was habe ich eigentlich für eine Sollzeit bei
KM 35? Die ist mir bis
KM 38,5 nicht mehr eingefallen. Egal, kann's eh' nicht mehr ändern.
Meine Lunge leistet Schwerstarbeit. Sie pumpt was das Zeug hält,
und trotzdem steht dem Körper nicht mehr genügend Sauerstoff
zu Verbrennung zur Verfügung. Da ist er mal wieder, der Hammer. Ohne
geht's wohl nicht. Ich versuche noch intensiver und tiefer zu Atmen, habe
aber eine richtige Beklemmung. Na wenn's der Körper nicht schafft,
muss eben der Kopf herhalten. Ich überzeuge mich selbst, dass sich
mein Schritt ja eigentlich nicht verlangsamt hat. Wir werden es ja gleich
bestätigt bekommen. Die ersten Mitstreiter legen jetzt wohl Tempo
zu und gehen an mir vorbei. Die hätten ihre Kraft auch besser einteilen
können. Es kommt ja bald die 40 Km-Marke die mein Gefühl untermauert.
Km 40 2:51:31, das sind ja noch 9 ¸ Minuten für 2,2 Km. Mein Taschenrechner
versagt, aber in einer verstaubten Schublade meines Gehirns findet sich
ein Zettel, auf dem steht: für 2 Km brauchst du ca. 8 ¸ Minuten -
bleibt also noch eine für die letzten 200 m. Dann geht noch mal ein
Appell an meine Beine, die aber reagieren überhaupt nicht mehr. Was
da unten abläuft ist eigentlich nur noch ein Automatismus und komplett
vom Gehirn entkoppelt. Außerdem kommt jetzt noch ein Kilometer und
der geht nach oben. Viel ist es zwar nicht, aber zu diesem Zeitpunkt machen
einem sogar 10 Meter schon was aus.
Km 41 2:56:xx die genaue Sekundenzahl habe ich mir nicht mehr merken können,
aber mir war klar, dass ich auf jeden Fall noch einen Marathon laufen
muss, um die 3 Stunden zu knacken. Das ist auch gut so, schließlich
wollte ich ja nur wissen, ob das überhaupt einmal möglich ist.
Auf einmal beugt sich eine Frau aus der Menge zu mir herunter, schaut
mir in die Augen und ruft laut: "Los - gleich nach der Kurve kommt
das Ziel!" Doch mein müder Geist mag daran gar nicht glauben
und er ordnet erst mal keine Tempoverschärfung an, wer weiß
wie weit es wirklich ist. Ich laufe um die Kurve und sehe das Ziel. Als
erstes fällt mir ein, wie ich in Wien zweimal geglaubt habe auf der
Schlussgeraden zu sein und nach der Kurve ging's wieder weiter. Doch dann
schaltete das Gehirn doch noch, ich kann ja lesen - ZIEL - also alle Kräfte
mobilisieren. 3:01:und einige Sekunden. Wie viel Meter sind das, vielleicht
noch 200. Wenn ich's noch in dieser Minute schaffe, bin ich ja sogar besser
als meine beiden Lauffreunde aus meiner Firma, und die haben bei ihrem
ersten Marathon in München 2000 schon eine Wahnsinnszeit hingelegt.
Für 2 Einlaufplätze hat es noch gereicht. Es ist wie in jedem
Marathon, auf der Ziellinie muss ein imaginärer Schalter versteckt
sein, der sofort den Motor abstellt. Ich gehe sofort aus dem Einlaufkanal,
um keine anderen zu behindern und hole mir meinen verdienten Lorbeerkranz
in Form einer Medaille (natürlich bei einer der Damen) ab und bedanke
mich freundlich. Ich ernte ein Lächeln. 3:02:23 zeigt meine gestoppte
Uhr. Ich weiß nicht mehr wie viel Sekunden meine Kollegen damals
drüber waren, ist mir auch wurscht (nein egal - ich bin ja Vegetarier).
Das wäre ja beinahe unter 3 Stunden gewesen, da wird meine Frau aber
Stolz sein. ICH AUCH.
Ein anderer Läufer kommt zu mir und erkundigt sich wies mir gegangen
ist. Wir unterhalten uns kurz und stellen fest, dass der Veranstalter
ganze Arbeit geleistet hat. Der reine Kernablauf Marathon hat absolut
reibungslos geklappt, von der Verpflegung, der Streckenführung, Betreuung
durch Hilfskräfte, Zuschauer und sogar das Wetter. Er hat nichts
vergessen.
12:10 Ich gehe vorbei an der Getränkestelle in Richtung Halle 5 (Kleiderausgabe).
Mineralgetränke machen mich jetzt noch überhaupt nicht an. Der
Magen hat schon ein wenig gelitten auf den letzten 2 Km. Als ich an die
Kleiderausgabe komme werde ich sofort aus der Ferne gemustert. Bis die
Kleidertheke erreicht wird kommt mein Beutel mir schon entgegen. Sehr
positiv, das die Taschen hier auf dem Boden sortiert wurden. Das bedeutet
ein schnelles wiederfinden und was noch viel wichtiger ist, die Tragegurte
müssen nicht abgeschnitten werden, nur weil noch einige andere Beutel
darüber hängen. Schließlich müssen in diesem Beutel
ja noch die Laufschuhe, Schmutzwäsche und Rubbelhandtuch zu Hotel
gebrach werden. Außerdem hat das ganze einen so guten Eindruck gemacht,
dass wir (meine Frau) uns entschlossen haben, mein Handy mit in dieser
Tasche abzugeben. Auf diese Weise konnte ich sofort meine Frau anrufen,
sie möge bitte ihren ,Helden' in Empfang nehmen. Bis sie dann bei
mir war, hatte ich mich abgerubbelt und umgezogen. Ich bekam sofort einen
Kuss auf meine Salzkruste.
12:25 Jetzt musste sie sich erst mal das wichtigste in Kurzform anhören.
Inzwischen signalisierte auch mein Magen wieder Verlangen, so nahm ich
mir aus der reichhaltigen Getränkebar zunächst einen angenehm
lauwarmen Tee, danach ein schönes oranges Getränk, sah am besten
aus und schmeckte fruchtig. Die leeren Becher wurden in einer Gitterbox
gesammelt und gleich wieder gespült zum Füllen vorbereitet.
So hat jeder einen geschmacksneutralen Becher und belastet die Umwelt
nicht weiter. Meine bayerischen Mitstreiter hatten sich inzwischen ebenfalls
eingefunden und zeigten sich mit ihren Leistungen zufrieden. Allerdings
hatten sie nicht lange Zeit, da die Busse und Bundesbahn schon in den
Startlöchern standen. Bei unserem Bummel übers Gelände
fiel der Blick bald auf einen weißen Schirm - HOLSTEN. Jetzt ein
Bier, der Entschluss war ohne zu zögern gefasst. Nachdem ich die
letzten 3 Wochen gar nichts mehr getrunken habe, war die Freude recht
groß. Man konnte mich noch 2 mal am Zapfhahn sehen. Allerdings hat
man es mir dann auch angemerkt, so ein Marathon ist eben kein Trimm-dich-Pfad.
Hierzu habe ich aber dann doch noch eine kleine Anregung. Wir mussten
uns auf unserem Kleiderbeutel auf dem noch recht April-kühlen Pflasterboden
niederlassen. Der Körper ist nach dem Lauf sowieso überbeschäftigt
mit dem Abbau der Milchsäure in den Muskeln und der zertretenen roten
Blutkörperchen. Eine Erkältung fängt man sich nur zu leicht
ein. Sicherlich würden Biertische für 20000 den Rahmen bei weitem
sprengen, aber wenigstens 100 Bänke gerne auch ohne Tische hätten
wahllos aufgestellt ohne Frage ihre Abnehmer gefunden.
15:00 Beseelt vom guten Gelingen ließ ich mich auf der Messe noch
zu Lustkäufen hinreißen. Die Händler haben ihre Preise
noch weiter reduziert, deshalb der Tipp an alle, wer nicht unbedingt das
Laufshirt in genau dieser schönen grau-orange-Färbung haben
muss, wird jetzt vermutlich fürs gleiche Geld 2 Shirt's erstehen
können.
Meinen ChampionChip binde ich nicht mehr los. Die Nummer DX OTHO4 wird
wohl in Zukunft meinen Namen ersetzen. Wir stellen uns aber doch in einer
Schlange, nein besser Traube, an. Irgendwo hinter dieser Menge stehen
die Computer, an denen schon die Chips ausgegeben wurden. Sie drucken
jetzt für jeden, der sie haben möchte eine bunte Soforturkunde
aus (richtiger Karton). Gut 10 Minuten später bin auch ich im Besitz
einer solchen. Ich bin selbst Schuld, dass ich so lange warten musste,
denn wäre ich kurz nach der Zielankunft hierher gegangen, wären
noch lange nicht so viele Finisher da. Andererseits sind 10 Minuten bei
diesem Ansturm wirklich nicht viel. Hierbei sei auch gleich angemerkt,
dass ich keinen Ton darüber vernommen habe, dass Bananen, Trinkwasser,
oder auch nur Trinkbecher ausgegangen sind, wie das bei anderen Veranstaltungen
schon der Fall war. Es war scheinbar jeder auch im hinteren Starterfeld
optimal versorgt. Das gleiche gilt für die stark angeschlagenen Finalisten.
Schüttelfrost, Krämpfe und anderes wurden sofort versorgt. Ein
wärmender Kunststoff-Poncho war bei Zielankunft nicht ausgeteilt
worden, aber ich glaube darauf wurde bewusst verzichtet, da die Kleiderkammer
ja nur 50 Meter entfernt war. Als wir um 17:00 das Gelände durch
den Park ,Planten un Blomen' in Richtung Hotel verließen, habe ich
mich noch mal wehmütig zu den Messhallen umgedreht. Es war ein schönes
Erlebnis.Robi und Tina
PS: Dass ein so erfolgreicher Lauf nicht nur die Marathonis erfreut, soll
Euch dieses Bild,
das mein Vater gemalt und im Treppenhaus aufgehangen hat, zeigen. Auch
hierfür meinen herzlichen Dank
Bild von Robi
BERICHT VON MARCO HEINZ
][
zu Testberichten anderer
Veranstaltungen ][
Testberichte Hamburg
Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz
][ Jürgen Weller ][
Tester ][ Robert
Achatzi ][ Marco Heinz
][ Bernd ][ Christian
de Vogel ][
Anmerkung der Redaktion: Diesen Text hat Marco
Heinz im Zug zwischen Travemünde und Heidelberg handschriftlich verfasst,
und weil´s schnell gehen sollte direkt nach seinem
Urlaub in den Computer gehackt. In den Pausen bei seiner schweren Arbeit
als Altenpfleger hat er den Text redigiert. Er bittet um Nachsicht, da
ihm immer noch einige Fehlerentgangen sind.
Ein Laufabenteuer ist für mich dann am schönsten,
wenn es nicht erst am Start zum Abenteuer wird und am Zielstrich sofort
damit endet, sondern ein Teil eines längeren spannenden Unterwegsseins
ist. Läufer bin ich mit Leidenschaft, noch inniger aber bin ich ein
Wanderer, ein suchender Vagabund. Wandern, sei´s zu Fuß oder
zu Fahrrad war der Inhalte meiner Urlaube, kleine und große Läufe
pflegte ich an freien Wochenenden zu bereisen, bis 1997 der Fall eintrat,
daß der Hamburg- Marathon, den zu besuchen lange schon mein Wunsch
war, ausgerechnet am Ende einer fest geplanten Urlaubswoche lag. Kaum
vorstellbar war es mir, an eine an sich schon strapaziöse Wanderung
einen Lauf von 42,195 Kilometern anzuhängen, wie ich ihn bislang
nur ein Mal unter größten Mühen durchgestanden hatte.
Doch Urlaubstage zuhause abzusitzen, paßte mir noch weniger in den
Kram. So nahm ich eine Landkarte zur Hand und suchte einen schönen
Ort in Erreichbarkeit zu Hamburg. Mein Auge viel auf Schwerin und bald
trugen Züge mein Fahrrad und mich dort hin. Vielleicht würde
es dort gut wandern sein.
In Mecklenburg fuhr ich einige behutsame Strecken. Ein nicht ganz temperamentloser
Rennradler lernte endlich die Langsamkeit auf zwei Rädern kennen,
weil er Respekt hatte vor dem abschließenden Marathon. Noch wichtigeres
lernte ich kennen dort oben. Es war die Geburt meiner tiefen Liebe zur
verschlungenen Küste der Ostsee. Allein die Städte und Häfen,
die ich dort sah, gehören zu meien feinsten Reisebildern: Schwerin,
Wismar, Travemünde und Lübeck. All diese Bilder aber würden
nur ruhig nachwirken können in meinem
Erinnern und nicht von Ärger übermalt sein, sollte mir auch
der Marathon gelingen. Er war das große Ziel der Reise, der Multiplikator
all ihrer Erlebnisse. Nie werde ich vergessen, wie ich zuvor am alten
Hafen zu Wismar saß, klein und ängstlich hinter einem Mäuerchen
Schutz suchend vor dem geringsten Windhauch. Nein ich holte mir keinen
Schnupfen da droben. Von Lübeck nach Hamburg fuhr ich wieder mit
dem Zug, um nicht das kleinste Quändchen Kraft zu verschenken. Der
Marathon gelang gut, Endzeit 3.33. . Die Reise gehört bis heute zu
den wertesten in meinem Andenken.
Der Kontrast zwischen den stillen Ostseebuchten
und den tosenden Menschenmengen an den Straßenrändern Hamburgs
hat mich besonders reich gemacht. Nichts von beidem möchte ich mehr
missen. Zum Marathon zu hamburg bleibt dabei zu sagen, daß einer,
der Lebensfreude schon immer gerner durch gleichbleibende Vorwärtsbewegung
als durch Tanz ausdrückte dort die liebsten und ehrlichsten Feste
seines Lebens feierte. Drum möchte ich bitten, so manch naiv freudigen
Zwischenton zu verzeihen, wenn ich nun von meiner dritten Teilnahme nach
1997 und 1998 berichte. Auch diesmal ist der Lauf Teil einer Reise, aber
Züge tragen mein Fahrrad und mich direkt nach Hamburg. morgen ist
Marathon. Die Stadt lacht in der Sonne, während die schwäbische
Heimat im nachösterlichen Schneeinferno versinkt. ö Reiseglück.
Die Jugendherberge ³Am Stintfang ist mit den Fenstern hoch über
den Dächern der Stadt und dem nachts hellerläuchteten Hafen
ein wunderbarer Aufenthalt für einen Wanderer. Ich schlafe ruhig
und wohl.
Gerade meine sanfte Nacht aber gibt mir zu denken.
Fehlt mir die Spannung, vielleicht begründet durch eine gewisse ³Arroganz
gegenüber dem Marathon, weil ich die letzten Jahre mit Läufen
über 50, 100 und 74,2 Kilometer befaßt war? 42,195 Kilometer
sind und bleiben eine lange Kannte, die jede Nachlässigkeit bestrafen
wird und sei sie mentaler Natur.
Hamburg Messehallen, Marathonmesse. Kühles
Vitel habe ich getrunken, was mir die langen Toilettenstaus zur Qual macht.
Menschenmassen sind immer ein Problem, das sieht und riecht man dabei,
die Sache kann organisiert sein wie sie will. Nun gebe es vor dem Start
bestimmt viel feines, athmophärisches zu bemerken. Mir fällt
gerade das auf. Verzeihung bitte! Es liegt daran, daß die Anspannung
doch da ist. Sie sitzt sogar ziemlich tief und krampfartig in mir. Noch
in der Startaufstellung der Läuferhorde lache ich nicht richtig mit,
als bislang vor der Morgenkühle schützende Kleidungsstücke
nach rechts und links über die Ballustraden fliegen, und einer schreit.
³Sind wir schon in St. Pauli oder was. Ausgerechnet meine Alltagsnööte
kreisen durch meinen Kopf, hier, und jetzt, wo sie so weit weg sein sollten.
Die Hamburger aber werden sie schon zu Kleinholz schreien, diesem Publikum
vertraue ich blind.
9 Uhr, ein Schuß und wir sind unterwegs. Die Teilnehmer werden in
drei verschiedenen Straßen auf den Weg geschickt. Nach einigen hundert
Meter am Dom vereinen sich unsere Strecken. Jetzt laufen 18000 Menschen
Ellenbogen an Ellenbogen, Ferse an Ferse. Im Mittelfeld, wo ich mich einreihe,
wird sich das kompakte Feld ein wenig ausdünnen in den nächsten
Stunden. Lücken werden kaum entstehen. 1997 als ich erstmals in solch
einer Masse steckte, hatte ich tatsächlich vorher die Furcht, sie
könne mir Platzangst machen. Dazu kam es keineswegs. Eine laufende
Masse kennt keine Panik. Im Gegenteil: Tausende von Schritten rhythmisch
nach einem fernen Ziel gerichtet sind eine Faszination, nach der du dich
immer zurücksehnen wirst. Du spürst die Geborgenheit der Herde.
Doch ist sie Illusion. In Wirklichkeit bist du allein inmitten der anderen.
Nie darf diese Bemerkung fehlen, wenn ich über lange Läufe berichte.
Sie gehört zu deren elementaren Lehren. Auch der Einbildung, man
könne so frisch gesalbt und geseift ankommen, wie die Jungs und Mädels
jetzt noch riechen, gibt sich so mancher gerne hin ö für kurze Zeit.
Ich für meinen Teil bin schon viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt.
Meine Alltagslasten kreisen weiter, und dazu fühlen sich die Waden
an wie Stein, hart und ekelhaft ungeeignet zum Laufen. So hält man
keine 42 Kilometer durch. Als Trost bleibt die Erinnerung, daß es
auf irgendeinem Langstreckenlauf einmal ähnlich war ö und besser
wurde.
Lenke dich ab! Die Reeperbahn zieht in der frühen Phase vorbei, Altona
folgt mit Jugendstilfassaden und einer der vielen Musikkapellen, die vor
dem schloßartigen Rathaus spielt. Dichte Zuschauerspaliere allüberall,
und keine Südländer könnten uns besser feiern als die angeblich
so steifen Nordlichter. Nur auf den Prachtstraßen, der Elbchaussee
und der Palmaille tun sich Lücken auf am Straßenrand. Dafür
funkelt jetzt die Elbe durch die Gärten prachtvoller Patrizierhäuser.
In den Morgennebel ragen ferne Hafenkräne.
Nach acht Kilometern lockern sich tatsächlich
meine Waden. Auch die alltagsstrapazierte Psyche kann sich ungestört
der Vorfreude hingeben. Was folgt ist sich des Marathontages erster großer
Höhepunkt. Fast wäre mir dies Wort zur miesen Metapher geworden,
um zu erzählen, wie schön es ist jetzt hier zu sein.
Der Vergleich wäre nicht nur schlüpfrig, er griffe auch zu kurz.
Das Erlebnis hier ist viel nachhaltiger. Ein optisches und klangliches
Bild für´s ganze Leben entsteht, wenn du beim Hamburgmarathon
zum Fischmarkt läufst. Niemals wieder wirst du das vergessen können.
Da geht dein Blick weit über den Hafen, aber das Meer dazu ist nicht
von Wasser, es ist ein Menschenmeer. Niemand wird je die Köpfe zählen
können. In zehn und mehr Reihen stehen sie an Straßen, auf
Brücken und Mauern. Ihre Stimmgewalt ist so intnesiv, wie ich es
bestenfalls aus der geschlosseneren Akkustik von Fußballstadien
kenne. Doch hier hallt es hinaus in den weiten Hafen. Sollte nur einer
unter den 18000 Läufern sein, den das hier kalt läßt,
mein ewiges Mitleid wäre ihm sicher. Garstig und fett müßte
die Hornhaut auf seiner Seele sein. St. Pauli Landungsbrücken, Dreimastbark
³Rickmer Rickmers, Stückgutfrachter ³Cap San Diego, der klassische
Hamburger Hafen zieht vorbei. Das Zuschauerspektakel davor ist ömein Gott
was helfen Worte. Ein Schreiber kapituliert hier gerne vor seiner Sprachlosigkeit.
Gänsehautstimmung ö ein jeder könnte das so ausdrücken.
Und ein jeder hätte Recht damit.
Meine Beine sind so geschmeidig, wie sie es nur
sein können. Wadenschmerzen? Eine Aufgeregtheit waren sie, die sich
tatsächlich in Unterschenkel verlagern konnte. In den Wind ist sie
geschrien und mein Alltag dazu.
Weit und frei sind meine Gedanken , und sie können abschweifen, als
das Menschenspalier wieder dünner wird, und rechts die Backsteinkulisse
der Speicherstadt auftaucht. Irgendwo da drüben fand statt, was ich
ironischer Weise das größte Laufspektakel hamburgs bevor es
Marathon gab nenne. Protagonist war ein einzelner Athlet namens Klaus
Störtebeker. Er lief unter dem Johlen des Volkes nur wenige meter.
Die Sensation: Er lief ohne Kopf. Mit dem Scharfrichter hatte der berühmte
Pirat gewettet, daß alle seine Mitgefangenen Kammeraden die Freiheit
gewännen, an denen er kopflos noch vorbeirennen würde können.
Und so hätte er alle befreit, wäre ihm kein Richtblock zwischen
die Füße geworfen worden. Ein wahrhaft gelungener Lauf. Was
er aber mit unserem heute zu tun hat? Meine özugegeben wacklige - Gedankenbrücke
ist die: Die Hinrichtung Störtebekers war ein Spektakel wie es heute
unser Marathon ist. Damals und heute pilgerte Scharenweiße das Publikum
mit Mann, Frau und Kind. Das Spektakel damals aber war blutig und sadistisch,
unseres ist alleine lebensfreudig. Sieh an, unsere Welt hat sich friedlich
entwickelt in mancher Hinsicht. Doch nicht alle 80 Länder, die hier
Teilnehmer schicken haben den Frieden. Laßt uns hier und heute alle
unseren Frieden leben! In den Tunnel verliert sich logischerweise kein
Zuschauer. Die Läufer stimmulieren sich hier selbst. ³La ola
geht durchs Feld, und jubilierende Männerstimmen werden zum Donnerhall
in der engen Röhre. Auf der Mönckebergstraße umfängt
uns schon wieder die Sonne und menschliche Wärme.
Eine Fontäne krönt die Binnenalster und Fontänen von Beifall
überschütten die Läufer. Wir biegen um die Ecke zum Jungfernstieg,
wo allein eine ganze Kleinstadt Party zu machen scheint. Meine Gänsehaut
schwillt wieder an. Es muß auch mit all den Zweiflern gesprochen
werden, die nicht verstehen und vielleicht lachen über unsere kindliche
Freude an diesem Erlebnis: Stell dir vor, wie umständlich ein Netz
gemeiner Fäden gesponnen werden muß, will man jemanden mobben.
Oder denk dir, wie diffizil es ist, eine Schußwaffe zu bauen. Häßliche
Dinge sind oft kompliziert. Laufen ist einfach. Klatschen ist einfach,
in Tröten blasen ist einfach, halbvolle Wasserflaschen schütteln
ist einfach, mit Topflöffeln gegen Töpfe oder Verkehrsschilder
schlagen ist einfach, auf Paucken hauen ist einfach. Aber die Wirkung
all dieser Dinge ist groß. Glaubst du´s nicht, so bereite
dich vor und lauf nächstes Jahr selber! Bald wirst du überzeugt
sein. Einfache Dinge sind ganz selten schlecht. Laß uns also unsere
schlichte Freude haben aneinander! Zerrede das nicht! Wir leiden ansonsten
schon genug aneinander. (Im Übrigen ist die Kreativität der
hamburger Zuschauer viel größer als meine Erinnerung.) Ein
plumper Vergleich genügt auch, zu erklären, wie genau die Zuwendung
des Publikums bei mir ankommt. Körperlich und seelisch nehme ich
sie genau so wahr wie die Umarmung eines vertrauten Menschen, der Trost
spendet, Mut macht oder Freude teilt nicht aber wie eine erotische Umarmung,
der Vergleich wäre Quatsch). Noch nie habe ich geweint in den Straßen
Hamburgs. Aber Vorstufe zu Tränen ist ein leichter Schmerz der Augenhöhlen,
Und den spüre ich jetzt hier zum dritten Mal. Noch einmal, du Zweifler:
Zerrede mir das nicht. Ich lebe genau ein Mal, und heute tue ich es gründlich.
Unsere laufleistung, die all dem zugrunde liegt, ist bei der überragenden
Mehrheit der 18000 ein ehrliche, sehr ideelle.
Die Außenalster ö Segelbootidylle inmitten
der Stadt unter azzurblauem Himmel. Wir gratulieren uns, einen der wenigen
echten Sonnentage des jungen Frühlings erwischt zu haben. Ideale
Temperaturen, so läßt es sich laufen und leben, auch auf der
weiten Schleife in Hamburgs Norden. Prosaische Vorstädte könnten
überall stehen in unseren Landen. Die Stimmung hier ist aber nicht
prosaischer als im charakteristischen Hamburg der Innenstadt. In den Parkanlagen
fällt mir auf, daß auch überall da noch Zuschauer stehen,
wo vor Jahren noch keine waren. Es müssen noch mehr am Parcours sein
als die 500000 von 1998. Ein Marathon ö ich vergaß es durchaus nicht
ö ist nicht nur fest, sondern auch handfeste sportliche Probe. Wie also
ist meine Bilanz in dieser hinsicht:
10 Kilometer in knappen 46 Minuten, das ist heftig für meine Verhältnisse.
Doch wollte ich flott angehen um dann bis Kilometer 20 Luft zu holen.
Aber die Euphorie, die Euphorie. Lieber eine Rechnung würde ich bezahlen
als eine gute Zeit eisiger Freudlosigkeit zu verdanken haben. Halbmarathon
in etwas mehr als 1.36., manchmal bin ich nicht viel schneller ohne die
zweite Hälfte noch
laufen zu müssen. Die Rechnung kann bitter werden. Tatsächlich
klingelt bei Kilometer 26 die kasse. Sie hätte ruhig noch mindestens
vier Kilometer damit warten können. Oberschenkelschmerzen sind jetzt
mein Problem und nicht das beste Publikum wird sie mehr in den Wind schreien
können. Noch einmal allerdings genieße ich das Fest in vollen
Zügen, Schmerzen hin, Schmerzen her. City Nord, klotzige Bauten aus
Stahl und Beton, wie kalt muß dieses zweckmäßige Geschäftsviertel
an 51 Sonntagen im Jahr sein. Doch heute sind ausgerechnet hier besonders
viele hinausgeströmt, die uns die Luft färben mit einem Klangteppich
von unerhörter Wärme. Die wohlbekannten heißkalten Schauer
durchzittern wieder meine Haut. Und doch ö auch wenn ich es nicht mag
und keine Uhr umhabe ö so ein Marathon kann ein wenig Mathematik sein.
Uhren gibts an Kirchtürmen und S- Bahnen genügend. Bei
Kilometer 27 ist meine Gleichung einfach. Wenn ich jetzt noch bis ins
Ziel den Kilometer in genau fünf Minuten laufe kommt eine Endzeit
von 3.21. heraus. Ein Traum wäre das, meine Bestleistung von 1998
steht auf 3.29.
. Doch ein Fünferschnitt ist kaum zu schaffen mit diesen Oberschenkeln,
Schmerzen, Schmerzen. Auch bei kilometer 30, wo die sogenannte Marathonmauer
stehen soll, beißt der innere Schweinehund ausschließlich
da hinein. Er hätte seine Qualen ruhig gerechter über meinen
Körper verteilen dürfen. Doch meine Sorgen heißen ausschließlich:
Oberschenkel links, Oberschenkel rechts. Sie sind
verspannt und schlagempfindlich. Jeder Schritt wird zum hoffnungslosen,
ungeschickten Versuch dem Schmerz auszuweichen. Mein Gesicht ist zur verzogenen
Maske geworden, die ich nicht mehr lösen kann. Die Kilometerschilder,
die anfangs vor hamburgs Kulisse wie im Film an mir vorbeizogen, muß
ich mir nun erkämpfen, Stück für Stück, einzeln und
bitter. Ans Aufhören denke ich nicht sehr,
aber die Versuchung zur Gehpause wird größer und größer.
Mein Stolz wehrt sich. Wie war das zuletzt: 5o Kilometer, 100 und 74,2
, alles bewältigt. Da geht einer im Schritt. Jetzt wär ich nicht
mehr der erste, der es tun müßte. Meinen Stolz pflege ich am
Anblick dessen, der seine Startnummer abreißt und deprimiert zur
U- Bahn trottet, an jenen, die auf die Massageliegen sinken, und auch
ein wenig an dem, der in Kreislauflagerung vor dem Sanitätswagen
liegt. Das kann der Marathon nicht mehr machen mit mir. Zu solide sind
meine Grundlagen. Ich begleite mit Hochmut das Leid anderer. Später
erst werden sie wieder meine Freunde sein. Jetzt ist die Einsamkeit da
inmitten der Herde.
In Nöten fühlst du dich immer allein, und dein Egoismus dort
wird stets bitter schmecken. Ich bin froh, das in Lauf- und nicht in Kriegs-
oder Hungersnöten gelernt zu haben.
Meine Wahrnehmung wird enger und enger. Was interessieren mich noch Hausfassaden,
Straßennamen und Stadtteile. Mein Blick geht auf die Straße,
das ewige Band aus Asphalt, auch tausend Läuferbeine sind nun Staffage.
Die Menschenmenge ist zur schattenartigen, schwarzen Mauer geworden. Die
Anfeuerung höre ich fern und beschwörend.
Ganz nüchtern weiß ich jetzt die Begeisterung
da draußen zu nutzen. Die Erfahrung vergangener Jahre lehrt mich,
wo der nächste ganz große Ausbruch der Stimmulanz wartet. Das
gibt mir ein wohltuendes Nahziel. Eppendorfer Baum bei Kilometer 37, da
brennt ö wen auch nicht im Wortsinn- wahrhaft der Baum. Wieder sinkt die
Straße in ein Menschenmeer, und diesmal ist es so dicht, damit du
von fern Zuschauer und Läufer nicht mehr unterscheiden kannst. Unten
streift mein Ellenbogen die schreiende Mauer. Hier kannst du dich kaum
einem Schmerz, kaum einer Erschöpfung hingeben. Sie brüllen
dich weiter. Das Ziel ist jetzt nahe. Greifbar aber ist es nicht. Überall
darf ich hinschauen, nur nicht zum noch verdammt kleinen Messeturm, in
dessen Schatten ich noch zu laufen habe.
Die Außenalster, anderes Ufer diesmal, kein
Blick ist mehr übrig für Segelboote. Mein Auge giert nach Kilometerschildern.
Den Veranstalter habe ich in Verdacht, sie absichtlich zu weit auseinander
gestellt zu haben. Das ist natürlich Quatsch. Doch auch blödsinnige
Wut ist gute Wut, wenn du an deinen Grenzen arbeitest. Endlich steht da
40. Die Zahl ist eine psychologische Schwelle. Das Eis der
Qualen wird brechen. Ich weiß es jetzt.Trotzdem, Marathon als Strecke
bedeutet noch viel, trotz längeren Lauferfahrungen. Der letzte Anstieg
hinauf zur Messe macht mir die Sache paradoxerweiße
einfacher, weil er mir nahziele bietet. Es zieht mich zum Fuß des
³Berges.
Hinauf zur Kuppe wird der Stolz des Finishers
tatsächlich zur spürbaren Kraft, obschon mein Atem hrbar wird,
der 40 Kilometer ganz still geflossen war. Eine uhr hängt an der
Straßenecke, doch schemenhaft huscht sie vorbei. Als angestrengter
Mensch war ich lange kein souveräner Rechner mehr vor den Uhren unterwegs.
Irgendein Kompromiss könnte herauskommen zwischen den traumhaften
3.21. und der alten Bestzeit von 3.29. . 3.27. könnte der Kompromiss
heißen, meine ich der letzten Uhr zu entnehmen. Doch alles ist Hektik
jetzt, die schreienden Zuschaauer, die Läufer, die es wie mit Magneten
zum Ziel zieht, der ferne Lautsprecher. Nicht alle Uhren gehen richtig,
und ohne eine am Arm hat die Sache manchmal eine gewisse romantische Spannung.
Auf der Digitalanzeige
unter dem Zielstrich wartet die schönste Überraschung für
mich. Auf 3.24. springt sie, als ich sie erblicke. Die Kräfte, die
mir das verleiht sind kaum noch rational.
Brauchbar ist mein Endspurt in der Carolinenstraße
trotz meiner Schmerzen. Eine letzte Grußgeste ans wieder so bereichernde,
so faszinierende Hamburger Publikum, dann bricht unbändige Freude
aus mir heraus. Sie hat mit ö na gut, da sind sie wieder ö mit meinen
Alltagsnöten zu tun. Die Belastungen im Beruf als Altenpfleger nämlich
waren in letzter Zeit nur noch gemein. Noch haben
sie mich nicht zermürbt. Hurra, ich lebe noch. Und wie ich lebe,
fünf Minuten unter der alten Bestzeit, hurra, hurra. Mit rechnen
und Uhrschauen aber mag ein Unterwegssein besser nicht enden. In
der Messe und später der Jugendherberge träume ich mit anderen
noch ein bißchen das Erlebnis nach. Von Morgen an suche ich den
Kontrast eines einsamen Reiseabenteuers.
Montag fahre ich mit schwerem Rucksack und marathongeplagten
Beinen mit dem Rad von Hamburg nach Travemünde. Das dauert fast einen
ganzen Tag und tut weh, sehr weh. An diesem Tag lese ich das ³Hamburger
Abendblatt und bin gerührt. Zwei Millionen Menschen haben uns
gestern angefeuert. Dienstag fahre ich ohne Rucksack und ö sieh an, sieh
an- fast schmerzfrei von Travemünde nach Heiligenhafen und zurück,
gut 160 Kilometer. Am Mittwoch fahre ich nach Kiel. Eisiger Regen treibt
mich für die Rückfahrt in den Zug. Doch noch am Abend trabe
ich am Brodtener Steilufer. Dieser Ort ist in Schlechwettereinsamkeit
fast so schön wie das Paradies. Am Donnerstag laufe ich von Travemünde
nach Lübeck.
Auf der Zugfahrt nach Hause scheint mir die Reise
gelungen und rund. Die langen Wege nach dem Marathon aber ging ich nicht
aus Masochismus. Ich bin unterwegs zum Ironman Triathlon in Roth. Auch
die Oberschenkelschmerzen bei Hamburgmarathon rührten wahrscheinlich
vom heftigen Radtraining im Vorfeld. Du bist unterwegs, immer im Leben
bist du unterwegs. Ein Marathon ist nicht mehr wie noch vor vier Jahren
Endpunkt und Ziel einer Reise. Aber noch immer ist er ein Kern- und Sahnestück
davon.
Marco Heinz
Übrigens: Marco Heinz hat sich schon oft tiefsinnige Gedanken
über die Welt und das Laufen gemacht. Bisher allerdings hat er keinen
Verleger gefunden, der sein zweifelsohne deutlich erkennbares Talent zum
Schreiben fördert. Damit seine Manusskripte und insbesondere die
100 GEDANKEN zu jedem Kilometer von BIEL nicht ungelesen verstauben,
bietet er den Text der interessierten Leserschaft via Internet an. Interesse?
Dann einfach via Email Kontakt aufnehmen.
BERICHT VON BERND über den Hamburg-Marathon
][
zu Testberichten anderer
Veranstaltungen ][
Testberichte Hamburg
Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz
][ Jürgen Weller ][
Tester ][ Robert
Achatzi ][ Marco Heinz
][ Bernd ][ Christian
de Vogel ][
Tester gesucht Leserbericht: Liebes Running-Pur-Team,
bin zwar kein Testläufer des Hamburg-Marathons gewesen, aber es lohnt
sich ein-fach drüber zu schreiben. Mein 8. Marathon war gleichzeitig
mein erster Hamburg-Marathon. Es wird definitiv nicht der letzte in Hamburg
gewesen sein. Die Organi-sation für die rund 20.000 Teilnehmer war
wirklich bemerkenswert. Hatte bisher noch nie das Glück an einem
so gut organisierten Lauf teilnehmen zu können. Die Erfahrungen,
die ich in Frankfurt gemacht habe (3 Teilnahmen) können da bei wei-tem
nicht mithalten.
Angefangen hat alles mit der sehr großen Sportmesse. Hier konnte
man auch ohne große Orientierungsprobleme seine Startunterlagen
erhalten. Weiter ging es dann am Sonntag mit dem Start. Durch die 3 zeitlich
versetzten Starts bin ich sehr schnell in meinen Rhythmus gekommen (5
min/KM). Leider gab es auch in Hamburg ein paar unverbesserliche, die
sich in eine falsche Startgruppe drängten.
Die Stimmung unterwegs war ausgezeichnet. Es gab eigentlich keinen Streckenab-schnitt,
wo man keinen Zuschauer sah. Zumal die kühlen Nordlichter einen sehr
stark anfeuerten. Am meisten beeindruckt hat mich allerdings der Service
von Asics. Anhand der geplanten Zielzeit erhielt ich einen Plan mit meinen
Durchgangs-zeiten an bestimmten Punkten. Für diese Punkte wurde jeweils
die beste Verbin-dung mit S-/U-Bahn beschrieben. So konnte ich meine Frau
auf der Strecke insge-samt 5 (!!) Mal sehen. Das ist einzigartig.
Dennoch gab es einen Wermutstropfen. In der Ausschreibung wurde zwar von
war-men Duschwasser geschrieben.... Selten habe ich so kalt geduscht....
Ich habe fest vor, auch im nächsten Jahr die Reise nach Hamburg zu
unternehmen, um an diesem Event teilnehmen zu können.
Bernd
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