Testläufer berichten vom Hamburg-Marathon am 22. 4. 2001

Hamburg Marathon 2001

Für running-pur waren Testläufer bei dieser Veranstaltung unterwegs. Sie sammelten Eindrücke, blickten hinter die Kulissen, um Ihnen, lieber Leser, ein Bild von der Qualität, dem Ambiente und der Stimmung zu verschaffen.
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BERICHT VON CHRISTIAN SCHOLZ
][ zu Testberichten anderer Veranstaltungen ][ Testberichte Hamburg Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz ][ Jürgen Weller ][ Tester ][ Robert Achatzi ][ Marco Heinz ][ Bernd ][ Christian de Vogel ][


Anmerkung der Redaktion: Eigentlich wollte Tester Scholz über den Puma Pryde schreiben, doch die Schuhe waren noch unterwegs. Deshalb spitzte er kurzerhand den Griffel und übermittelte einen eindrucksvollen Bericht über den Hamburg-Marathon - lesenswert

Hallo running-pur,
zwar ist mein Paar Testschuhe noch nicht angekommen, aber der gestrige Lauftag lohnt sich ohne Rücksicht auf die verwendeten Schuhe bilanziert zu werden.
Nach finsteren Wetterprognosen für den norddeutschen Sonntag (am Freitag hieß es noch Dauerregen und 0 Grad), einem recht angenehmen Sonnabend schien dann ab 7 Uhr die Sonne bei recht kalten 0 Grad. Trotz der Prognosen stand mein Renndress fest - kurze Hose und Singlet und dazu meine Adidas Taper. Gegen die Kälte habe ich mir dann nur ein paar Handschuhe zugestanden - wollte ich doch meine neue persönliche Bestleistung nicht durch ein Zuviel an Bekleidungsgewicht gefährden. Kurz vor 9:00 Uhr klapperten mir wegen der Temperaturen doch eine wenig die Zähne und ich habe mich schnell in meine Startgruppe gedrängt - Nähe wärmt.
9:00 Uhr der Startschuss und die Kälte weicht dem Wettkampffieber. Leider gab es wieder einmal die Unsitte vieler Laufgenossen zu beklagen, die sich in eine für ihr Tempo viel zu schnelle Startgruppe gemogelt haben und den ambitionierteren Läufern vor den Füßen rumstolperten. Trotzdem habe ich gleich mein Tempo gefunden und passierte die 1km Marke in exakt 4:00min. Kurz danach geht es rechts ab auf die sündigste Meile der Welt, die Reeperbahn oder der Kiez wie wir Hamburger sagen. Ein buntes Sammelsurium an wachgebliebenen Nachteulen und munteren Sportfans, die die LäuferInnen enthusiastisch anfeuern. Die Sightseeing Tour durch Hamburg beginnt. Die ersten 5km verbrachte ich damit mein Tempo zu finden, in mich hinein zu horchen und nach Läufern Ausschau zu halten, die vielleicht auch die magische 2:50 Grenze knacken wollten.
Bei KM 7 die erste private Verpflegungsstation. Ich werfe meiner Schwester meine Handschuhe vor die Füße, da mir inzwischen doch recht warm geworden war, greife nach der Wasserflasche, an die ich einen Gelbeutel befestigt hatte und weg bin ich. Zweimal links herum und wir sind an der Elbchaussee. Hier sitzen einige gutbetuchte Hamburger beim Champagnerfrühstück, die Sonnenstrahlen durchbrechen das erste Frühlingsgrün der altehrwürdigen Bäume und man genießt eines der schönsten Streckenabschnitte des Marathons. In der Zwischenzeit hatte ich mein Tempo gefunden und pendelte je nach Streckenprofil zwischen 3:55 und 4:00min/km. Perfekt. Das Laufgefühl ist überwältigend und ich bin froh, dass ich bei einem Marathon erstmals nicht zum Asics Gel DS Trainer, sondern zum Adidas Taper gegriffen habe, der für mein Gewicht (83kg) eigentlich zu wenig Stabilität bieten soll. Aber abwarten, noch ist nicht einmal die 10km Grenze passiert. Das Ende der Elbchaussee naht und ich begegne das erste Mal einem bekannten Gesicht: Hajo will auch 2:50 knacken und könnte damit ein möglicher Mitstreiter auf den nächsten 33km sein. Aber er ist anders als ich aus der ersten Reihe gestartet und ist jetzt "schon" etwa 25s in Verzug. Er hat keine Lust (und Luft?) zum Quatschen und bald merke ich, dass er sein Ziel wohl nicht erreichen wird und laufe alleine weiter. Die 10km Markierung passiere ich genau nach 39:40min und habe schon 20s auf dem Habenkonto. Ich hoffe, dass sich das später nicht rächt.
Kurze Zeit später runter in den Hafen. Hier dieselbe bunte Mischung aus Frühaufstehern und Nachteulen, die die laufende Menge frenetisch anfeuern, wie auf der Reeperbahn. Viele hat es nach einer durchtanzten Nacht wohl auf den Fischmarkt gezogen. Hafen, Landungsbrücken werden ebenso passiert, wie die Speicherstadt. Ich fühle mich großartig und habe anders als einige Läufer noch die Verfassung, um die immer wieder großartigen Eindrücke zu genießen. Hamburg, Du bist wunderschön.
Durch den Wallringtunnel und danach einmal um die Binnenalster: Wir passieren die Kilometer 15 - 17. Am Neuen Jungfernstieg erkenne ich rechts am Straßenrand meine Eltern, die mir eine weitere Wasserflasche entgegenhalten. Ich greife die Flasche, bedanke mich mit einem strahlenden Lächeln und laufe weiter Richtung Kennedybrücke. Auf dem Weg werden wir von einer Menge hübschen Cheerleader angefeuert. Ich fühle mich weiter in bester Verfassung. Nur kurz habe ich auf einer leicht abschüssigen Strecke geglaubt, eine wunde Stelle an einem meiner Zehen auszumachen und meine Schuhwahl in Frage gestellt. Zum Glück hat sich dieser Verdacht bis zum Ende nicht bestätigt.
Die Strecke um die Außenalster gehört zu den schönsten Streckenabschnitten. Tausende von Zuschauern bevölkern Hamburgs liebste Laufstrecke und auch mein bevorzugtes Trainingsrevier. Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein verhelfen Hamburg zu einem unvergleichbaren Panaroma. Am noblen Alsterufer wiederholten sich die Elbchaussee Szenen: Gutbetuchte hanseatische Familien frühstückten auf dem Bürgersteig und prosteten den Läufern mit Kaffee und Champagner zu. 1km später führt die Strecke erst einmal weg von der Alster. Oh Alster, wir sollten dich erst harte 17,5 km später wiedersehen, was wird wohl in der Zwischenzeit passieren?
Die Halbmarathonmarke passierte ich nach genau 1:23,30 und lag damit schon über eine Minute im Plus. Auf den nächsten Kilometern mussten einige Läufer dem hohen Anfangstempo Tribut zollen. Ich begann bei einem konstanten Schnitt von 3:55min/km andere Läufer einzusammeln und hatte noch genug Energie um grinsend die begeistere Zuschauermenge zu genießen. Bis KM 25 kommt dann eine recht unangenehme Steigung, die einigen das Genick bricht. Ich reduzierte das Tempo auf genau 4:00/km und lag damit immer noch genau auf der eigentlich geplanten Geschwindigkeit. Die Strecke führte uns dann durch die City Nord, ein Büroviertel, das an normalen Wochenenden fast ausgestorben ist. Da dort der ehemalige Hauptsponsor Shell seinen Sitz hat, ist am Marathonwochenende in dieser ansonsten recht trostlosen Gegend ein irres Spektakel im Gang. Ein Gleitschirmspringer zieht die bewundernden Blicke der Zuschauer und einiger Läufer auf sich.
KM 27: Jetzt nur noch zwei Runden um die Alster denke ich, dieses normale Trainingsprogramm sitzt Du sonst auf einer A...backe ab. Obwohl ich merke, dass meine Oberschenkel langsam auf die Belastung reagieren, bin ich ziemlich optimistisch, liegen meine Kilometerzeiten immer noch unter dem Fahrplan. Meine Bedenken über das vielleicht zu hohe Anfangstempo beginnen sich zu zerstreuen. Die 30km Messmatte passiere ich nach 1:58:37 und liege damit 1:23min unter der Durchgangszeit für 2:48,48. Bei KM 31 soll mir meine nächste Wasserflasche mit Energiegel gereicht werden. Ich passiere den vereinbarten Treffpunkt - von Frauke nichts zu sehen. Dummerweise hatte ich bei KM 30 die Verpflegungsstation links liegen gelassen. Schnell machte sich Panik breit. Zum Glück stand Frauke dann eine Straßenecke weiter und zum Glück hat sie die zwischenzeitlichen Verwünschungen nicht gehört. Ich fühlte mich immer noch prima, begann sich das Feld doch immer weiter auseinander zuziehen, während ich eine Gruppe nach der anderen einholen konnte. Doch auch bei mir machte sich langsam die Müdigkeit breit. Die Zwischenzeiten begannen plötzlich unerklärlich zu variieren. So legte ich mit einer Gruppe den Abschnitt von km 32-33 in 3:40min zurück und bei konstantem Renntempo den nächsten Abschnitt bis km 34 in 4:12. Da nicht nur ich völlig irritiert war, kamen wir überein, dass wohl die Straßenmarkierungen nicht exakt gesetzt waren. Ab KM 36 wurden meine Beine immer schwerer und ich musste kämpfen, um meine Zwischenzeiten zu halten, was mir trotz allem gelang. Hierzu trugen vor allem die Wogen der Begeisterung bei, die uns alle durch Eppendorf begleiteten. Gleichzeitig begann ich auszurechnen, welche Durchschnittszeiten ich laufen konnte, ohne das Ziel 2:50,00 zu verfehlen. Bei KM 38 sah ich dann den Mann mit dem Hammer zum Glück so rechtzeitig, dass er mich nicht voll erwischt hat. Ich war angezählt, schwankte ein wenig, konnte aber sofort weitermachen, so dass ich nur minimal über meinem Kilometer - Schnitt lag. Ich machte mir keine Gedanken mehr über meine Schuhwahl (ein gutes Zeichen) und wollte nur noch ins Ziel. Komisch dachte ich, sonst fühlst Du Dich hier immer so locker beim Laufen.
Kurz vor dem amerikanischen Generalkonsulat (hier passiere ich beim Training immer die 2,5 bzw. 10km Marke) warteten die vorletzten Zeitmessmatten, die uns mit dem Piepen der wenigen Läufer vor uns begrüßten. Klasse, 39:52min für die letzten 10km. Ich rechnete kurz hoch und stellte fest, dass ich mir für die letzten 2,195 km 11:30 Zeit lassen konnte. Mit diesem beruhigenden Polster vor Augen war ich mir sicher, dass ich das trotz der Erschöpfung schaffen würde. Aber erst musste noch die langgezogene Steigung am Gorch-Fock-Wall bezwungen werden. Die Läufer werden von begeisterten Zuschauern den "Berg" hochgejagt. Jetzt brechen alle Dämme, ich nehme rechts kurz meine Eltern war und greife zur angebotenen Wasserflasche, die ich mir kurzentschlossen über den glühenden Kopf kippe, jetzt packe ich's. Noch ein Kilometer. Wir umrunden einmal den Sievekingsplatz mit seinen imposanten Gerichtsgebäuden, für die ich jetzt allerdings keinen Blick mehr habe. Ich beiße die Zähne zusammen und versuche noch ein paar Plätze gut zu machen. Wir biegen auf die Zielgerade ein und in ein paar hundert Metern lockt das süße Ende. Ich werde von einem Läufer überspurtet, den ich erst wenige Meter zuvor überholt hatte und kann (und will?) dem nichts mehr entgegensetzen. Ich genieße die Atmosphäre. Die Uhr bleibt bei 2:47,32 stehen, es ist vollbracht.
Christian Scholz


BERICHT VON JÜRGEN WELLER
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Der Bericht: Hamburg, 22. April 2001, - 16. Hansaplast Marathon Hamburgeinen randvollen Terminkalender mit kulturellen,- gesellschaftlichen- und sportlichen Ereignissen hat die attraktive Millionenstadt an der Elbe zu bieten, doch kein Ereignis bringt an nur einem einzigen Tag so viele Menschen auf die Beine, wie der Hamburg Marathon. Mit 15229 Marathonis am Start, liegt der Frühjahrsklassiker weiter klar im Aufwärtstrend. Aber auch die Begeisterungsfähigkeit der Hamburger Zuschauer ist für Deutsche Verhältnisse Einmalig, so die Einstimmige Aussage der Akteure von Sportfreunde Ennepetal! Bei Sonnenschein und kalten 4°C wurde um Punkt 9.00 Uhr aus 3 großen Startblock's nahe dem Messe- und Congresszentrum, das gewaltige 16823-köpfige Heer der Skater- Rollstuhlfahrer- Läufer(innen), auf die lange Rundreise durch Hamburg geschickt. Erst gegen Mittag war die Temperatur auf wesentlich erträglichere 9°C angestiegen.
Eine Schleife führte zunächst in westliche Richtung durch den Stadtteil St. Pauli über die berüchtigte Rotlichtmeile Reeperbahn, dann in Gegenrichtung zur Elbchaussee und an dieser entlang durchs Hafengelände in die Altstadt. Um die Binnenalster herum führte die Ideallinie nun in nördliche Richtung zum Ostufer der Außenalster und umrundete diese in einem weiten Bogen. Auf der Alsterkrugchaussee ging es nun wieder in südliche Richtung, immer am westlichen Alsterufer entlang. Auf den letzten Kilometern wurde es für die müden Beine dann noch einmal richtig schwer; denn die Strecke führte zwar nur leicht, aber stetig bergan ins ersehnte Ziel auf der Karolinenstraße.
Mit den relativ kühlen Bedingungen scheint die Mehrzahl der Marathonis wohl gut zurecht gekommen zu sein; denn mit 14726 Läufer(innen) im Ziel lag die Ausfallquote nur bei 3,3%. Durch den neuen Streckenrekord 2:07:46 Std. des Spaniers Julio Rey, rückt der Hamburg Marathon nun in den elitären Kreis der schnellsten Marathonstrecken der Welt auf! Was für den Spitzensport gut war, ist schließlich auch dem Breitensport gut bekommen, konnten die Akteure der Sportfreunde Ennepetal mit Stolz belegen; denn mit 3:05:15 Std. schaffte Michael Czibor in seinem 2. Marathonlauf eine neue persönliche Bestleistung! Sehr zufrieden war am Ende aber auch Stefan Marquardt mit seiner neuen persönlichen Bestleistung von 3:38:31 Std.! Für den SF Hitzeläufer Lutz Huth lief es bei den kühlen Temperaturen von Anfang an nicht so richtig rund. Über seine 4:58:41 Std. braucht er dennoch nicht enttäuscht zu sein; denn es bieten sich in absehbarer Zukunft sicher noch viele interessante Möglichkeiten, das eigene Leistungsniveau zu steigern!
Mit freundlichem Gruß
Jürgen Weller


BERICHT VON Tester
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Ein tolles Erlebnis liegt hinter mir: der Hansaplast-Marathon am 22.April 2001. Bei herrlichem Sonnenschein war ein neuer Teilnehmerrekord zu verzeichnen und alle Athleten wurden durch ein super Publikum motiviert.
Doch erst mal der Reihe nach. Ich entschloss mich, meine Startunterlagen bereits am Freitag nachmittag abzuholen. An den Countern herrschte auch kaum Andrang und so konnte ich ohne Wartezeit meinen Beutel mit Startnummer, Streckenbeschreibung, Schwamm, Zeitschriften und Werbematerial entgegennehmen. Auf der Marathonmesse in der benachbarten Halle herrschte schon buntes Treiben, aber das wollte ich mir und meinen Kindern gerne ersparen. Bei Durchsicht der Unterlagen stellte ich erfreut fest, dass der Start für die 3 Blöcke nicht mehr zeitgleich erfolgt, sondern versetzt im 5min-Takt. Dieser Umstand führte dann tatsächlich auch zu einer deutlichen Entzerrung des Läuferfeldes auf den ersten Kilometern. Am Samstag gab es dann noch reichlich Rahmenprogramm, wie den Frühstückslauf und das Frühstücksbuffet und natürlich eine Kohlehydratparty am Nachmittag. Nichts für mich, ich muss diesen Rummel nicht haben und würde aufgrund meiner emotionalen Verfassung vor so einem Lauf noch am ehesten den ökumenischen Gottesdienst in Betracht ziehen.
Sonntagmorgen. Endlich geht es los. Nach einem Blick auf den Thermometer (4°C) überdenke ich nochmals die Kleiderfrage. Um 8.15h erreiche ich das Messegelände. Es wimmelt nur so von Läufern und Skatern. Es besteht Umkleidemöglichkeit in den Messehallen, aber die Kleiderbeutelabgabe erfolgt dieses Jahr nicht dort, sondern in weiter entfernt stehenden LKW`s. Deshalb entschliesse ich mich dazu, diese erst mal aufzusuchen und mich dort erst kurz vor dem Start auszuziehen. Natürlich muss auch noch ein dringendes Bedürfnis erledigt werden und ich erblicke schon eine Reihe blauer Häuschen. Beim Anblick der davor stehenden, vor Kälte bibbbernden Warteschlange wird mir jedoch klar, dass dies für mich nicht in Frage kommt. Also folge ich dem Vorbild zahlreicher männlicher Läufer: ab in die Büsche. Danach noch kurz einlaufen und auf zum Startpunkt. Um 9.05h kommt Bewegung in unseren Block. Trotzdem dauert es 3 min, bis ich die Startlinie passiere. Die ersten Schritte sind wie eine Befreiung, die Anspannung ist weg. Ein kurzes in-mich-hineinhören, schmerzt die alte Verletzung wieder, die mich während der Vorbereitungszeit zu einer dreiwöchigen Laufpause zwang? Schon biegen wir ein zur Reeperbahn, wo wir von einem bunt gemischten Völkchen empfangen werden. Die Strasse gehört uns! Über die "sündige Meile" geht es weiter Richtung Altona, Blankenese und hinunter zur Elbe. Am 1.Verpflegungsstand nach 7,5 km gibt es erstaunlicherweise schon Bananenstücke. Vielleicht wurde dabei ja an die Läufer gedacht, die vor lauter Aufregung nichts frühstücken konnten. Kurz vor dem Fischmarkt geht es dann bergab und unten tobt das Volk. Diese Stimmung ist einfach unglaublich! Beim Anblick der Menschenmasse wird mir aber auch schnell klar, dass ich kaum eine Chance habe, meine persönlichen Fans an der Strecke zu treffen. Entlang der Speicherstadt habe ich das Pech, einen spendensammelnden Fahrradfahrer neben mir zu haben, der mich unaufhörlich mit seinem Megafon beschallt. Keine Muse also für sight-seeing, ich ziehe das Tempo an, um diese Nervensäge hinter mir zu lassen. Kurz danach ist bei der Durchquerung des Tunnels wieder Gänsehaut angesagt. Zuerst herrscht eine unheimliche Stille, nur der Aufprall Hunderter Laufschuhe auf dem Asphalt ist zu vernehmen, dann gibt es eine Welle und wir nutzen die Akustik des Tunnels und feiern uns selbst lautstark! Weiter geht es entlang der Alster und spätestens hier muss einem klar werden, welch phantastisch schöne Laufstrecke einem hier geboten wird. Den Halbmarathon-Punkt passiere ich nach 2:00:27. Bei km 25 gönne ich mir einen grossen Becher (lauwarmen) UltraBuffer. Hilfsbereit werden einem an den Versorgungsständen immer schon Getränke entgegengereicht. Dort wo es Verpflegung geben soll, ist auch immer etwas vorzufinden. Dies habe ich leider auch schon anders erlebt, aber dieses Mal ist alles tiptop. Nur die randvoll gefüllten Wasserbecher nerven. Um mich herum beobachte ich auch andere Läufer, die zuerst einmal die Hälfte auskippen, bevor sie zum trinken ansetzen. Nun zieht sich die Laufstrecke in nördlichere Stadtteile, wo es auch deutlich ruhiger wird. Ab km 32 sind die ersten Massageliegen aufgestellt und finden auch erstaunlich viel Anklang, kaum ein Platz ist frei. So richtig freiwillig ist ja wohl keiner da und ich hoffe, nicht ebenfalls so zu enden, denn ich spüre eine zunehmende Verhärtung der rechten Oberschenkelmuskulatur, was wohl mit meiner alten Verletzung zusammenhängt. Immer weiter, nur nicht stehenbleiben. Läufer, die eine Gehpause einlegen werden von den Zuschauern mit Namen angefeuert und weitergetrieben. Viele der am Strassenrand stehenden Leute halten nämlich ein Exemplar der offiziellen Marathon-Zeitung in den Händen, aus der sie anhand der Startnummer den Namen des Läufers ersehen können. Bei km 37 in Eppendorf empfängt uns eine Wand aus Lärm und Musik, der ganze Stadtteil feiert hier eine riesen Partysause. Leider verengen die Zuschauermassen aber auch die Strasse und das ganze Läuferfeld wird etwas langsamer, worüber keiner richtig böse ist. Diese Stimmung muss man einfach geniessen, sind wir eigentlich alle Weltmeister? Kurz darauf haben wir wieder die Alster erreicht und danach geht es ein ganzes Stück leicht bergauf. Noch einmal abbiegen und da liegt die Zielgerade vor mir. Ich mobilisiere nochmals alle Kräfte und lege los zu einem Endspurt. Bei 4:04:23 bleibt für mich die Uhr stehen. Eine freundliche Dame beglückwünscht mich, hängt mir eine Medaille um und drückt mir eine rote Nelke in die Hand. Ich habe keine Ahnung, wo es etwas zu trinken gibt, aber die Masse schiebt mich immer weiter und so halte ich kurz darauf einen Becher Elektrolytgetränk in der Hand. In Halle 5 bekomme ich ohne Wartezeit meinen Kleiderbeutel zurück. Den Gerüchten nach, gibt es unter den 120 Duschen nur kaltes Wasser. Nein danke! In der zugigen Halle ist es auch nicht wirklich gemütlich und so ziehe ich mir nur schnell warme, trockene Sachen an, dehne mich ausgiebig und plaudere noch ein bisschen mit anderen Läuferinnen. Mit schmerzendem Oberschenkel ziehe ich von dannen. Zurück bleibt das Gefühl, einen phantastischen, perfekt organisierten Lauf in einer tollen Stadt mit einem Wahnsinnspublikum erlebt zu haben und die Gewissheit: nächstes Jahr bin ich wiedermit dabei!


BERICHT VON ROBERT ACHATZI
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Hallo running-pur-ONLINE-Fangemeinde,
ich hatte das Vergnügen als einer von 4 Testern für den Hamburg-Marathon zu laufen und Resümee zu ziehen.
Mein Gesamturteil: Ein schönes ErlebnisSchon im Herbst hatte ich überlegt, wohin mich der nächste Marathon führen soll. Dabei fiel Paris und London in die engere Auswahl. Paris war von meinem Heimatverein TSV Gersthofen favorisiert, es stellte sich aber heraus, dass nicht genügend Teilnehmer für eine gemeinsame Busfahrt zusammenkamen. London zu buchen ist auch nicht ganz einfach ohne an gewisse Hotels gebunden zu sein. Beim Nachdenken bin ich dann zufällig auf den Hamburg-Marathon gestoßen. Also rein ins Internet und gesucht. www.marathon-hamburg.de aufgerufen und nichts gefunden außer 2 Werbebannern. Vielleicht ist die Seite ja noch nicht fertig. - Aber bei einer so großen Veranstaltung? Ich habe tatsächlich über 2 Monate immer wieder reingeschaut und das kleine Fenster links oben "Hauptmenü" vollkommen ignoriert. Vielleicht könntet ihr das einfach deutlicher kennzeichnen, damit auch die blinden unter uns Surfern fündig werden.
Sehr positiv allerdings sind dann die Untermenüs, wenn man den Mut gefunden hat, dort einfach mal hinzuklicken. Es ist mittlerweile möglich sich Online anzumelden und zwar verschlüsselt. Viele Anbieter denken immer noch so etwas sei nicht nötig. Ich würde aber dann keine Kontodaten übermitteln. Was mir ebenfalls sehr zugesagt hat, man kann einige interessante Daten über die vergangenen Jahre abrufen. Beispielsweise hat man einen Überblick was einen hinsichtlich des Wetters alles an der Elbstadt erwarten kann. Man darf nicht vergessen, dass Ende April im Norden Deutschlands einfach immer noch ein sehr kühler Wind wehen kann. Dass aber im Gegensatz dazu die kühlen Nordlichter eher ein Gerücht sein müssen, habe ich mir von anderen Läufern im Vorfeld bestätigen lassen. Jeder der in Hamburg bisher gelaufen ist, hatte nur gutes zu berichten. Das macht es natürlich sehr schwierig einen Test zu schreiben. Einerseits ist er weit mehr als ein namhafter und etablierter Lauf, andererseits kann auch nur ein gesprochenes oder geschriebenes Wort noch eine Kleinigkeit verändern.
Einen herzlichen Dank möchte ich an running-pur für ihr Angebot des Freistartes richten. Aufmerksam wurde ich auf diese Sache als running-pur unseren Gersthofer Silvesterlauf per Video-Mitschnitt und Internet-Präsenz unterstützte. Dort habe ich mich gleich gemeldet und innerhalb weniger Tage die Zusage für den Tester-Pool erhalten. Sobald alle Tester feststanden, wurde die Anmeldung an die Verantwortlichen beim Hamburg-Marathon weitergeleitet und schon kurze Zeit später kam Post mit den ersehnten Anmeldeformularen. Aus diesen geht schon mal alles Wesentliche hervor. Streckenführung, Verpflegungsstellen, Marathonmesse, Start-Infos,... Der Antrag war noch am selben Tag ausgefüllt. Für irgendwelche offenen Fragen war auch eine Telefonnummer angegeben. Dies gibt es leider bei vielen anderen Veranstaltungen nicht.Recht zeitig kam dann die Teilnehmerbestätigung, auf der noch mal alle wichtigen Informationen aufgeführt werden. Diese gilt zugleich als Fahrausweis für die öffentlichen Verkehrsmittel am gesamten Wochenende. So muss lediglich noch für die Ehefrau, etc. ein Ticket gelöst werden. Samstag 21.04.01
06:00 aufstehen, fertigpacken
08:00 Abflug Mühlhausen bei Augsburg im Schneegestöber
09:30 Ankunft in Hamburg (der Veranstalter hat sogar Sonne gebucht)
10:45 Hotelzimmer direkt am Congress Centrum
11:10 Aktivierungslauf (500m weiter im Planten un Blomen-Park.)
dabei noch verrücktere als uns Läufer gesehen, die schmeißen sich vom
Fernsehturm ( wir haben ja auch noch bis Mittwoch Zeit)
12:15 frisch geduscht auf zur Messe und Shopping-Tour
13:00 Messe - große Halle, alle Anbieter stellen aus, Klasse Angebot, beinahe jeder Stand hat Sonderpreise, aber nur wenige mit echten Billigangeboten. Wir haben uns jedenfalls erst mal neu eingekleidet. Zur Startnummernabholung geht's in die Halle 9. Chip bezahlen, Starttüte mit Nummer abholen und am Schluß den Chip entgegennehmen und testen. Hier sehen wir den Trouble-Desk; den werden wir später noch brauchen.
15:00 wir haben uns noch in die Stadt zum Jungfernsteg gewagt. Im Spielzeugparadies am Neuen Wall gibt's kleine bunte Ratschen zum Krawallmachen und anfeuern (nur 5,--DM) für meine Frau.
15:30 In einem Cafe sehen wir die Startunterlagen durch. Ich habe einen grünen Punkt für Start C und bin damit zufrieden. Erst als ich die gelbe Marathon-Beilage studiere, stelle ich fest, dass es im Start C erst um 9:10 losgeht. Da stellt sich die Frage, wenn die Läufer zeitversetzt starten, müssen die zuletzt startenden ja unweigerlich an den langsameren der Starts A und B vorbei. Ich male mir das Szenario in den trübesten Farben aus und stelle mir vor an ca. 10000 Beinpaaren vorbei zu müssen. Meine geplante Zeit von 3:05 wird hier sicher nicht erreicht werden. Wir bezahlen und machen uns wieder auf den Weg zur Messe.
16:30 Infostand an der Messe. Man sagt mir ich soll den Trouble-Desk in Halle 9 aufsuchen. Dort stelle ich mich in einer Schlange hinten an. Wir müssen ca. 10 min warten, das ist durchaus o.k. Ein Rollifahrer hat es dort allerdings nicht so einfach. Der Bereich könnte hierfür etwas größer gestaltet werden. Ich spreche mit der Dame und sie erklärt mir, dass von mir keine Zeit auf der Anmeldung vermerkt war und ich deshalb im allerletzten Startblock überhaupt starten werde. Mich trifft fast der Schlag - zumal ich meine Zeit von Wien (3:13:29) eingetragen habe. Sie bietet mir aber an in der ersten Reihe von Start B zu mein Glück zu versuchen. Nach kurzer Debatte hatte sie aber noch mal in den Original-Anmeldungen (die erfreulicherweise direkt hinter ihr gestanden haben) nachgesehen. Und tatsächlich die Zeit wurde wohl vergessen in die Datenbank zu übernehmen. Sie tat dies gleich und ich bekam mein schwarzes A. herzlichen Dank noch mal an alle die es mir doch noch ermöglicht haben meine Zeit zu beweisen. Puuuhhhh
18:30 Fertigmachen der Laufkleidung, anbringen der Startnummer, etc. im Hotel (Am Dammtor - nicht gerade die erste Adresse, aber nur 10 min von der Messehalle weg)
Bei der Erstellung des Zeitplanes für meine Frau stellen wir fest, dass es eigentlich keinen Stadtplan mit Straßennamen und eingezeichneter Strecke gibt. Für den Berlin-Marathon im Oktober 2001 wurde uns ein solcher bei der Startnummernausgabe gleich aufgedrängt. Vielleicht könnt ihr so etwas auch mit einbringen.
19:45 Auf geht's, wir müssen ja noch ein paar Kohlehydrate "aufgabeln". Die Suche nach einem Italiener gestaltet sich gar nicht so einfach, zumal wir noch Ausschau nach allerlei Dingen und schrägen Vögeln halten.
21:45 Die Bestellung einer Spaghetti-Napoli-Portion und einer Schüssel Salat Caprese ist erfolgt. Doch als ich die erste Gabel in den Mund schiebe merke ich sofort, dass sie eigentlich Al Arrabiata heißen müßten, also scharf sind. Glücklicherweise hat meine Frau Tagliatelle al Pesto bestellt und ist bereit zu tauschen. Scharf hätte meine Verdauung sicherlich über die Maßen belastet.
23:00 Wir liegen im Hotelbett und hoffen auf eine gute Nacht.Sonntag 22.04.01
05:55 Weckruf - gleich einen Power-Bar gefrühstückt, der belastet nicht und hat alles was man braucht, duschen und dann noch mal ¸ Riegel
07:00 letzte Kontrolle des Kleidersackes
07:20 im Frühstücksraum (aber nur für die Tina) sitzen nur Läufer (ca. 20)
07:50 wir machen uns auf den Weg zum Start. Es ist nicht mal viel los. Ich bin völlig gelöst. Der ganze Vortagsstress ist vergessen.
08:00 Der erste Schluck des heutigen Tages (bis um 08:45 sollten es insgesamt 0,2 Liter werden). Blauer Himmel und kühle Temperaturen machen es den Läufern nicht einfach, sich auf die richtige Kleidung einzuschießen. Ich beschließe es nach Plan zu machen, also Shorts und Trägerhemdchen. Das war auch die optimale Bekleidung für mich.
Am Meeting Point sehen wir uns um; der ist so klein, dass wir beschließen uns auf der gegenüberliegenden Seite zu treffen. Wenn hier nur ein Drittel der 20000 Starter nach der Partnerin oder dem Partner suchen will - ich kann aber nicht sagen wie es wirklich war, da wir uns per Handy im Anschluß an der Kleiderausgabe getroffen haben.
08:25 Warmlaufen im Startbereich - man muss sich rechtzeitig einordnen, da ein Zugang von der Seite an der richtigen Stelle wegen hoher Absperrgitter nicht möglich ist. Während dem Dehnen höre ich das Startsignal der Rolli-Fahrer, die um Punkte für die - ich glaube - Europameisterschaft kämpfen. Noch ein paar Minuten laufen um dann um
08:45 die Kleidung abzulegen und mich einzureihen. Auf einmal kommt von der Seite die Hand meines Vereinskollegen Georg Stiegel und drei weiterer Augsburger (u.a. Stefan Kiechl). Wir unterhalten uns angeregt und verpassen dabei den Skater-Start.
08:55 20000 Läuferinnen und Läufer werden willkommen geheißen. Das gibt ein sehr gutes Gefühl. Was mir persönlich gefehlt hat, sind laute powernde Rhythmen, um die Massen anzuheizen.
08:59 Die Menge drängt sich jetzt zusammen, aber ohne wirklich in eine drangvolle Enge zu kommen. Ich sehe viele lachende Gesichter. Pünktlich um
09:00 fällt der Startschuss. Es geht gemütlich Richtung Start. Nach 90 Sekunden überquere auch ich ohne jede Hektik die Linie. Also muss von der offizielle Uhrzeit entlang der Strecke jeweils 1 ¸ Minuten abgezogen werden. Vorsorglich stoppe ich aber meine eigene Nettozeit mit. Ob mein ChampionChip auch gepiepst hat kann natürlich bei dieser Masse nicht geklärt werden. Es geht auf die Strecke, die lange Vorbereitung gipfelt jetzt endlich im Finale. Nach wenigen Metern sehe ich Georg wieder und wir wuseln gemeinsam durch die Mitläufer nach vorne. Es geht aber relativ gut hin und her nach vorne, ohne jemanden beim Überholen zu gefährden. Hier sei angemerkt, dass die Streckenwahl in meinen Augen überragend und der breite Startteil sehr gut gewählt ist.
KM 1 Die KM-Schilder sind zwar gut zu sehen, wenn man weiß, wo man sie erwarten muss, aber ich hätte sie eigentlich in den HANSAPLAST-Farben erwartet. Ich bin nach 4:40 dran vorbei und denke zum Warmlaufen sicher die richtige Zeit. Auf der linken Seite steht eine Blaskapelle; die wollen aber scheinbar nur ihre Kostüme herzeigen - oder der Dirigent kommt erst noch im Läuferfeld. Sie sollten langsam mit dem musizieren beginnen, sonst ist der gesamte Pulk in 25 Minuten vorbei und sie sind arbeitslos.
KM 2 wir laufen über die Reeperbahn, aber auf der ganz linken Seite. Im Vorfeld hieß es, dass dort auch Damen am Streckenrand stehen, die ihre Vorzüge offen präsentieren. Das hätte ich schon gerne gesehen - so als Zuckerl. Na ja
KM 3 - 5 die Strecke wird etwas ansteigend und ich beobachte meine Zeit. An der 5 KM-Markierung sind es 21:45, nur 30 Sekunden Rückstand auf meinen Plan. Ich beschließe auf den nächsten 5 etwas Vorsprung herauszuarbeiten, da die Strecke ab jetzt mehr abschüssig und einfacher zu laufen sein wird.
KM 7 rechts sitzt ein ca. 10-jähriges Mädchen und feuert die Menge mit lauter Stimme:
Los los los -- haltet durch bis zum Schluß!
Ich habe sie noch viele Schritte lang vernommen, mich richtig über ihren Einsatz gefreut und ihr eine noch lange anhaltende Stimme gewünscht. Jetzt sehe ich eine Verpflegungsstelle, die erste bei KM 5 habe ich vor lauter Zeitkontrolle verbummelt.
KM 8 nach einem kurzen Anstieg und noch einigen hundert Metern beginnen die Menschen entlang der Strecke noch mehr zu werden.
KM 10 Es läuft gut, bei der Getränkeaufnahme nehme ich wieder einen Becher Wasser. Während ich ihn schluckweise trinke und mir das Nass ins Gesicht sprenkle fällt mir auf, dass die Becher die optimale Größe zum Greifen haben und der Becherrand so stabil ist, dass es überhaupt kein Problem bedeutet, ihn so zu knicken, dass man wie aus einer Schnabeltasse daraus trinken kann. Eine optimale Wahl. Hoppla - Zeitnahme via Induktionsschleife - bei Km 10 ?!
Erst bei der Soforturkunde im Anschluß an den Lauf stelle ich fest, dass es alle 10 Km Zwischenzeitmessungen gab. Das erlaubt natürlich eine noch genauere Analyse des eigenen Laufes. Ich sehe auf meine Uhr und stelle fest, dass ich inzwischen 10 Sekunden im Plus bin. Während sich Zufriedenheit in mir breit macht, werden die Anfeuerungsrufe immer intensiver und ich lasse mich dazu hinreißen an einigen Läufern vorbeizugehen. Plötzlich geht es stark nach unten und mir wird auf einmal bewußt wo ich mich befinde. Der Fischmarkt heißt uns Läufer willkommen. Die Schritte werden länger und es dauert nicht lange bis ich die Anfeuerungsrufe spüren kann. Ich habe nämlich Seitenstechen; also besinnen, Tempo zurücknehmen, tief durchatmen und nächstes Mal besser aufpassen. Die Hinweistafel in der Sponsorenfarbe hat es aber auch gleich nach der Wasserstelle angedeutet "Starker Abstieg" oder so ähnlich. So bin ich noch einige Zeit dahingelaufen und habe rufen, rasseln, flöten und klatschen regelrecht aufgesogen, die Zuschauermaßen bewundert und habe mit dem Medien-Marathon München vom Oktober verglichen. Ich glaube, dass dort etwa genauso viele Zuschauer waren (auf der gesamten Strecke!!!) So geht es am Hafen dahin.
KM 15 direkt in der Linkskurve werden mir Bananen gereicht; ich springe zu dem Mann und greife mir eine. Dabei habe ich eine Mitläufer, den ich leider nicht gesehen habe deutlich behindert. Der Platz war aber auch etwas unglücklich gewählt. Jetzt noch schnell einen Becher Wasser und schon geht's in einen langen Tunnel. Die Banane ist sehr glitschig und ich beginne sofort mit dem Verzehr. Ich glaube für das eine Drittel habe ich 5 Bissen benötigt. Mit dem gereichten Wasser habe ich mehr die verschmierten Hände gesäubert, als getrunken. Ich suche den von mir behinderten Mitläufer und entschuldige mich. Er meint es sei nichts passiert, aber ich solle nächstes Mal etwas mehr aufpassen.
Wir umlaufen die Binnenalster. Irgendwo hier hätte meine Frau den kleinsten Aufwand um zuzusehen, anzufeuern und mir ein gutes Gefühl zu geben. Aber inmitten dieser Menschenansammlungen eine einzelnes Gesicht aufzuspüren ist ganz und gar unmöglich. Ich nehme es vorweg - es ist mir während des ganzen Laufes nicht geglückt sie irgendwo mit ihrer kleinen Spielzeugratsche zu erspähen.
Km 20 Nachdem mittlerweile das sechste Mal ein wassergefüllter Becher die Hand gewechselt hat, möchte ich mir folgende Anmerkung erlauben:
Bei allen Übergaben haben die Helfer die Becher von oben her mit zwei Fingern festgehalten. Also muss der Becher mit rechts gegriffen werden, mittels linker Hand in die rechte Handfläche übergeben werden. Wesentlich einfacher wäre es den Becher auf der ausgestreckten Handfläche anzubieten. Die flache Hand draufgeknallt, den Becher nach vorne gekippt und mitgezogen.
Vorteil 1: Die Helfer werden nicht naß
Vorteil 2: Der Becherrand kann sofort in der Hand zusammengedrückt zu einer Schnabeltasse umfunktioniert werden. Dies erleichtert das Trinken und es geht so gut wie kein Tropfen verloren.
Ein Kontrollblick zur Uhr signalisiert mir Zuversicht - das Sekundenpolster ist bereits auf 75 angewachsen. Wenn es so weiter geht, kann ich an die 3 Stundengrenze hinlaufen.
Km 25 auf diesem etwas schwierigeren Teilstück habe ich meinen 4:15er Schnitt exakt halten können. Jetzt wird wieder versucht ein wenig Tempo zu gehen.
Auf der gesamten Strecke: Immer wieder mal kann man ein Sanitätsauto mit wachsamem Personal erkennen. Ich hoffe, dass sie bis zum Ende der Veranstaltung über mangelnde Beschäftigung klagen müssen.
Vor jedem Verpflegungspunkt, Massagezelt oder auch scharfen Kurve wird per HANSAPLAST-Hinweistafel gewarnt.
Auch hier draußen, da wir doch relativ weit ab Kern des Geschehens, dem Mittelpunkt des Hamburg LifeStyles und der edlen Geschäften der Schmuckindustrie und großen Handelsketten sind, stehen noch viele fleißig Klatschende Besucher dieser Mammutveranstaltung. Es vergehen wirklich keine 200m ohne eine kleinere Ansammlung wohlgesinnter Schaulustiger.
KM 30 wieder eine Überprüfung des bisher geleisteten - 90 Sekunden im Plus. Innerlich beginne ich schon zu rechnen und träumen, verjage aber sofort die Gedanken wieder, denn jetzt wird das Ganze ja erst spannend. Steht die bisher eingesetzte Energie im Verhältnis zu noch zu laufenden Reststrecke, oder hat man sein Pulver schon zu früh verschossen. Die nächsten Kilometer werden's zeigen. Ich genieße den Lauf in vollen Zügen.
Irgendwo bei Km 36 treten die Zuschauer wieder auf ganz besondere Weise in Erscheinung. Sie jubeln derart laut und wollen alles genau mitbekommen. Es formt sich ein schmaler Gang mit teilweise nur 1 m Breite. Überholen ist hier wohl gar nicht mehr möglich. In mir erwachen Fernsehbilder der Tour de France auf deren Bergetappen sich die Fahrer ähnlicher Jubelstürme erfreuen können.
Km 38 Ein Mann steht am linken Straßenrand und ruft uns Gleichgesinnten zu: Wenn's noch unter 3 Stunden gehen soll, wird's knapp. Ich denke noch er sollte besser rufen: Jetzt geht's noch unter 3 Stunden - klingt einfach positiver. Mein Blick wandert zur Uhr 2:41:55. Eigentlich hätte ich die Zeit bei KM 35 überprüfen und hochrechnen sollen, warum habe ich das nicht gemacht? Beim Überlegen bemerke ich dass die Beine schon ganz schön fertig sind. Ich versuche 3 mal 4:15 auf meine Sollzeit von 2 Stunden und ... was habe ich eigentlich für eine Sollzeit bei KM 35? Die ist mir bis
KM 38,5 nicht mehr eingefallen. Egal, kann's eh' nicht mehr ändern. Meine Lunge leistet Schwerstarbeit. Sie pumpt was das Zeug hält, und trotzdem steht dem Körper nicht mehr genügend Sauerstoff zu Verbrennung zur Verfügung. Da ist er mal wieder, der Hammer. Ohne geht's wohl nicht. Ich versuche noch intensiver und tiefer zu Atmen, habe aber eine richtige Beklemmung. Na wenn's der Körper nicht schafft, muss eben der Kopf herhalten. Ich überzeuge mich selbst, dass sich mein Schritt ja eigentlich nicht verlangsamt hat. Wir werden es ja gleich bestätigt bekommen. Die ersten Mitstreiter legen jetzt wohl Tempo zu und gehen an mir vorbei. Die hätten ihre Kraft auch besser einteilen können. Es kommt ja bald die 40 Km-Marke die mein Gefühl untermauert.
Km 40 2:51:31, das sind ja noch 9 ¸ Minuten für 2,2 Km. Mein Taschenrechner versagt, aber in einer verstaubten Schublade meines Gehirns findet sich ein Zettel, auf dem steht: für 2 Km brauchst du ca. 8 ¸ Minuten - bleibt also noch eine für die letzten 200 m. Dann geht noch mal ein Appell an meine Beine, die aber reagieren überhaupt nicht mehr. Was da unten abläuft ist eigentlich nur noch ein Automatismus und komplett vom Gehirn entkoppelt. Außerdem kommt jetzt noch ein Kilometer und der geht nach oben. Viel ist es zwar nicht, aber zu diesem Zeitpunkt machen einem sogar 10 Meter schon was aus.
Km 41 2:56:xx die genaue Sekundenzahl habe ich mir nicht mehr merken können, aber mir war klar, dass ich auf jeden Fall noch einen Marathon laufen muss, um die 3 Stunden zu knacken. Das ist auch gut so, schließlich wollte ich ja nur wissen, ob das überhaupt einmal möglich ist. Auf einmal beugt sich eine Frau aus der Menge zu mir herunter, schaut mir in die Augen und ruft laut: "Los - gleich nach der Kurve kommt das Ziel!" Doch mein müder Geist mag daran gar nicht glauben und er ordnet erst mal keine Tempoverschärfung an, wer weiß wie weit es wirklich ist. Ich laufe um die Kurve und sehe das Ziel. Als erstes fällt mir ein, wie ich in Wien zweimal geglaubt habe auf der Schlussgeraden zu sein und nach der Kurve ging's wieder weiter. Doch dann schaltete das Gehirn doch noch, ich kann ja lesen - ZIEL - also alle Kräfte mobilisieren. 3:01:und einige Sekunden. Wie viel Meter sind das, vielleicht noch 200. Wenn ich's noch in dieser Minute schaffe, bin ich ja sogar besser als meine beiden Lauffreunde aus meiner Firma, und die haben bei ihrem ersten Marathon in München 2000 schon eine Wahnsinnszeit hingelegt. Für 2 Einlaufplätze hat es noch gereicht. Es ist wie in jedem Marathon, auf der Ziellinie muss ein imaginärer Schalter versteckt sein, der sofort den Motor abstellt. Ich gehe sofort aus dem Einlaufkanal, um keine anderen zu behindern und hole mir meinen verdienten Lorbeerkranz in Form einer Medaille (natürlich bei einer der Damen) ab und bedanke mich freundlich. Ich ernte ein Lächeln. 3:02:23 zeigt meine gestoppte Uhr. Ich weiß nicht mehr wie viel Sekunden meine Kollegen damals drüber waren, ist mir auch wurscht (nein egal - ich bin ja Vegetarier). Das wäre ja beinahe unter 3 Stunden gewesen, da wird meine Frau aber Stolz sein. ICH AUCH.
Ein anderer Läufer kommt zu mir und erkundigt sich wies mir gegangen ist. Wir unterhalten uns kurz und stellen fest, dass der Veranstalter ganze Arbeit geleistet hat. Der reine Kernablauf Marathon hat absolut reibungslos geklappt, von der Verpflegung, der Streckenführung, Betreuung durch Hilfskräfte, Zuschauer und sogar das Wetter. Er hat nichts vergessen.
12:10 Ich gehe vorbei an der Getränkestelle in Richtung Halle 5 (Kleiderausgabe). Mineralgetränke machen mich jetzt noch überhaupt nicht an. Der Magen hat schon ein wenig gelitten auf den letzten 2 Km. Als ich an die Kleiderausgabe komme werde ich sofort aus der Ferne gemustert. Bis die Kleidertheke erreicht wird kommt mein Beutel mir schon entgegen. Sehr positiv, das die Taschen hier auf dem Boden sortiert wurden. Das bedeutet ein schnelles wiederfinden und was noch viel wichtiger ist, die Tragegurte müssen nicht abgeschnitten werden, nur weil noch einige andere Beutel darüber hängen. Schließlich müssen in diesem Beutel ja noch die Laufschuhe, Schmutzwäsche und Rubbelhandtuch zu Hotel gebrach werden. Außerdem hat das ganze einen so guten Eindruck gemacht, dass wir (meine Frau) uns entschlossen haben, mein Handy mit in dieser Tasche abzugeben. Auf diese Weise konnte ich sofort meine Frau anrufen, sie möge bitte ihren ,Helden' in Empfang nehmen. Bis sie dann bei mir war, hatte ich mich abgerubbelt und umgezogen. Ich bekam sofort einen Kuss auf meine Salzkruste.
12:25 Jetzt musste sie sich erst mal das wichtigste in Kurzform anhören. Inzwischen signalisierte auch mein Magen wieder Verlangen, so nahm ich mir aus der reichhaltigen Getränkebar zunächst einen angenehm lauwarmen Tee, danach ein schönes oranges Getränk, sah am besten aus und schmeckte fruchtig. Die leeren Becher wurden in einer Gitterbox gesammelt und gleich wieder gespült zum Füllen vorbereitet. So hat jeder einen geschmacksneutralen Becher und belastet die Umwelt nicht weiter. Meine bayerischen Mitstreiter hatten sich inzwischen ebenfalls eingefunden und zeigten sich mit ihren Leistungen zufrieden. Allerdings hatten sie nicht lange Zeit, da die Busse und Bundesbahn schon in den Startlöchern standen. Bei unserem Bummel übers Gelände fiel der Blick bald auf einen weißen Schirm - HOLSTEN. Jetzt ein Bier, der Entschluss war ohne zu zögern gefasst. Nachdem ich die letzten 3 Wochen gar nichts mehr getrunken habe, war die Freude recht groß. Man konnte mich noch 2 mal am Zapfhahn sehen. Allerdings hat man es mir dann auch angemerkt, so ein Marathon ist eben kein Trimm-dich-Pfad. Hierzu habe ich aber dann doch noch eine kleine Anregung. Wir mussten uns auf unserem Kleiderbeutel auf dem noch recht April-kühlen Pflasterboden niederlassen. Der Körper ist nach dem Lauf sowieso überbeschäftigt mit dem Abbau der Milchsäure in den Muskeln und der zertretenen roten Blutkörperchen. Eine Erkältung fängt man sich nur zu leicht ein. Sicherlich würden Biertische für 20000 den Rahmen bei weitem sprengen, aber wenigstens 100 Bänke gerne auch ohne Tische hätten wahllos aufgestellt ohne Frage ihre Abnehmer gefunden.
15:00 Beseelt vom guten Gelingen ließ ich mich auf der Messe noch zu Lustkäufen hinreißen. Die Händler haben ihre Preise noch weiter reduziert, deshalb der Tipp an alle, wer nicht unbedingt das Laufshirt in genau dieser schönen grau-orange-Färbung haben muss, wird jetzt vermutlich fürs gleiche Geld 2 Shirt's erstehen können.
Meinen ChampionChip binde ich nicht mehr los. Die Nummer DX OTHO4 wird wohl in Zukunft meinen Namen ersetzen. Wir stellen uns aber doch in einer Schlange, nein besser Traube, an. Irgendwo hinter dieser Menge stehen die Computer, an denen schon die Chips ausgegeben wurden. Sie drucken jetzt für jeden, der sie haben möchte eine bunte Soforturkunde aus (richtiger Karton). Gut 10 Minuten später bin auch ich im Besitz einer solchen. Ich bin selbst Schuld, dass ich so lange warten musste, denn wäre ich kurz nach der Zielankunft hierher gegangen, wären noch lange nicht so viele Finisher da. Andererseits sind 10 Minuten bei diesem Ansturm wirklich nicht viel. Hierbei sei auch gleich angemerkt, dass ich keinen Ton darüber vernommen habe, dass Bananen, Trinkwasser, oder auch nur Trinkbecher ausgegangen sind, wie das bei anderen Veranstaltungen schon der Fall war. Es war scheinbar jeder auch im hinteren Starterfeld optimal versorgt. Das gleiche gilt für die stark angeschlagenen Finalisten. Schüttelfrost, Krämpfe und anderes wurden sofort versorgt. Ein wärmender Kunststoff-Poncho war bei Zielankunft nicht ausgeteilt worden, aber ich glaube darauf wurde bewusst verzichtet, da die Kleiderkammer ja nur 50 Meter entfernt war. Als wir um 17:00 das Gelände durch den Park ,Planten un Blomen' in Richtung Hotel verließen, habe ich mich noch mal wehmütig zu den Messhallen umgedreht. Es war ein schönes Erlebnis.Robi und Tina


PS: Dass ein so erfolgreicher Lauf nicht nur die Marathonis erfreut, soll Euch dieses Bild, das mein Vater gemalt und im Treppenhaus aufgehangen hat, zeigen. Auch hierfür meinen herzlichen Dank

Bild von Robi


BERICHT VON MARCO HEINZ
][ zu Testberichten anderer Veranstaltungen ][ Testberichte Hamburg Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz ][ Jürgen Weller ][ Tester ][ Robert Achatzi ][ Marco Heinz ][ Bernd ][ Christian de Vogel ][


Anmerkung der Redaktion: Diesen Text hat Marco Heinz im Zug zwischen Travemünde und Heidelberg handschriftlich verfasst, und – weil´s schnell gehen sollte – direkt nach seinem Urlaub in den Computer gehackt. In den Pausen bei seiner schweren Arbeit als Altenpfleger hat er den Text redigiert. Er bittet um Nachsicht, da ihm immer noch einige Fehlerentgangen sind.

Ein Laufabenteuer ist für mich dann am schönsten, wenn es nicht erst am Start zum Abenteuer wird und am Zielstrich sofort damit endet, sondern ein Teil eines längeren spannenden Unterwegsseins ist. Läufer bin ich mit Leidenschaft, noch inniger aber bin ich ein Wanderer, ein suchender Vagabund. Wandern, sei´s zu Fuß oder zu Fahrrad war der Inhalte meiner Urlaube, kleine und große Läufe pflegte ich an freien Wochenenden zu bereisen, bis 1997 der Fall eintrat, daß der Hamburg- Marathon, den zu besuchen lange schon mein Wunsch war, ausgerechnet am Ende einer fest geplanten Urlaubswoche lag. Kaum vorstellbar war es mir, an eine an sich schon strapaziöse Wanderung einen Lauf von 42,195 Kilometern anzuhängen, wie ich ihn bislang nur ein Mal unter größten Mühen durchgestanden hatte. Doch Urlaubstage zuhause abzusitzen, paßte mir noch weniger in den Kram. So nahm ich eine Landkarte zur Hand und suchte einen schönen Ort in Erreichbarkeit zu Hamburg. Mein Auge viel auf Schwerin und bald trugen Züge mein Fahrrad und mich dort hin. Vielleicht würde es dort gut wandern sein.
In Mecklenburg fuhr ich einige behutsame Strecken. Ein nicht ganz temperamentloser Rennradler lernte endlich die Langsamkeit auf zwei Rädern kennen, weil er Respekt hatte vor dem abschließenden Marathon. Noch wichtigeres lernte ich kennen dort oben. Es war die Geburt meiner tiefen Liebe zur verschlungenen Küste der Ostsee. Allein die Städte und Häfen, die ich dort sah, gehören zu meien feinsten Reisebildern: Schwerin, Wismar, Travemünde und Lübeck. All diese Bilder aber würden nur ruhig nachwirken können
in meinem Erinnern und nicht von Ärger übermalt sein, sollte mir auch der Marathon gelingen. Er war das große Ziel der Reise, der Multiplikator all ihrer Erlebnisse. Nie werde ich vergessen, wie ich zuvor am alten Hafen zu Wismar saß, klein und ängstlich hinter einem Mäuerchen Schutz suchend vor dem geringsten Windhauch. Nein ich holte mir keinen Schnupfen da droben. Von Lübeck nach Hamburg fuhr ich wieder mit dem Zug, um nicht das kleinste Quändchen Kraft zu verschenken. Der Marathon gelang gut, Endzeit 3.33. . Die Reise gehört bis heute zu den wertesten in meinem Andenken.

Der Kontrast zwischen den stillen Ostseebuchten und den tosenden Menschenmengen an den Straßenrändern Hamburgs hat mich besonders reich gemacht. Nichts von beidem möchte ich mehr missen. Zum Marathon zu hamburg bleibt dabei zu sagen, daß einer, der Lebensfreude schon immer gerner durch gleichbleibende Vorwärtsbewegung als durch Tanz ausdrückte dort die liebsten und ehrlichsten Feste seines Lebens feierte. Drum möchte ich bitten, so manch naiv freudigen Zwischenton zu verzeihen, wenn ich nun von meiner dritten Teilnahme nach 1997 und 1998 berichte. Auch diesmal ist der Lauf Teil einer Reise, aber Züge tragen mein Fahrrad und mich direkt nach Hamburg. morgen ist Marathon. Die Stadt lacht in der Sonne, während die schwäbische Heimat im nachösterlichen Schneeinferno versinkt. ö Reiseglück. Die Jugendherberge ³Am Stintfang„ ist mit den Fenstern hoch über den Dächern der Stadt und dem nachts hellerläuchteten Hafen ein wunderbarer Aufenthalt für einen Wanderer. Ich schlafe ruhig und wohl.

Gerade meine sanfte Nacht aber gibt mir zu denken. Fehlt mir die Spannung, vielleicht begründet durch eine gewisse ³Arroganz„ gegenüber dem Marathon, weil ich die letzten Jahre mit Läufen über 50, 100 und 74,2 Kilometer befaßt war? 42,195 Kilometer sind und bleiben eine lange Kannte, die jede Nachlässigkeit bestrafen wird und sei sie mentaler Natur.

Hamburg Messehallen, Marathonmesse. Kühles Vitel habe ich getrunken, was mir die langen Toilettenstaus zur Qual macht. Menschenmassen sind immer ein Problem, das sieht und riecht man dabei, die Sache kann organisiert sein wie sie will. Nun gebe es vor dem Start bestimmt viel feines, athmophärisches zu bemerken. Mir fällt gerade das auf. Verzeihung bitte! Es liegt daran, daß die Anspannung doch da ist. Sie sitzt sogar ziemlich tief und krampfartig in mir. Noch in der Startaufstellung der Läuferhorde lache ich nicht richtig mit, als bislang vor der Morgenkühle schützende Kleidungsstücke nach rechts und links über die Ballustraden fliegen, und einer schreit. ³Sind wir schon in St. Pauli oder was.„ Ausgerechnet meine Alltagsnööte kreisen durch meinen Kopf, hier, und jetzt, wo sie so weit weg sein sollten. Die Hamburger aber werden sie schon zu Kleinholz schreien, diesem Publikum vertraue ich blind.
9 Uhr, ein Schuß und wir sind unterwegs. Die Teilnehmer werden in drei verschiedenen Straßen auf den Weg geschickt. Nach einigen hundert Meter am Dom vereinen sich unsere Strecken. Jetzt laufen 18000 Menschen Ellenbogen an Ellenbogen, Ferse an Ferse. Im Mittelfeld, wo ich mich einreihe, wird sich das kompakte Feld ein wenig ausdünnen in den nächsten Stunden. Lücken werden kaum entstehen. 1997 als ich erstmals in solch einer Masse steckte, hatte ich tatsächlich vorher die Furcht, sie könne mir Platzangst machen. Dazu kam es keineswegs. Eine laufende Masse kennt keine Panik. Im Gegenteil: Tausende von Schritten rhythmisch nach einem fernen Ziel gerichtet sind eine Faszination, nach der du dich immer zurücksehnen wirst. Du spürst die Geborgenheit der Herde. Doch ist sie Illusion. In Wirklichkeit bist du allein inmitten der anderen. Nie darf diese Bemerkung fehlen, wenn ich über lange Läufe berichte. Sie gehört zu deren elementaren Lehren. Auch der Einbildung, man könne so frisch gesalbt und geseift ankommen, wie die Jungs und Mädels jetzt noch riechen, gibt sich so mancher gerne hin ö für kurze Zeit.
Ich für meinen Teil bin schon viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Meine Alltagslasten kreisen weiter, und dazu fühlen sich die Waden an wie Stein, hart und ekelhaft ungeeignet zum Laufen. So hält man keine 42 Kilometer durch. Als Trost bleibt die Erinnerung, daß es auf irgendeinem Langstreckenlauf einmal ähnlich war ö und besser wurde.
Lenke dich ab! Die Reeperbahn zieht in der frühen Phase vorbei, Altona folgt mit Jugendstilfassaden und einer der vielen Musikkapellen, die vor dem schloßartigen Rathaus spielt. Dichte Zuschauerspaliere allüberall, und keine Südländer könnten uns besser feiern als die angeblich so steifen Nordlichter. Nur auf den Prachtstraßen, der Elbchaussee und der Palmaille tun sich Lücken auf am Straßenrand. Dafür funkelt jetzt die Elbe durch die Gärten prachtvoller Patrizierhäuser. In den Morgennebel ragen ferne Hafenkräne.

Nach acht Kilometern lockern sich tatsächlich meine Waden. Auch die alltagsstrapazierte Psyche kann sich ungestört der Vorfreude hingeben. Was folgt ist sich des Marathontages erster großer Höhepunkt. Fast wäre mir dies Wort zur miesen Metapher geworden, um zu erzählen, wie schön es ist jetzt hier zu sein.
Der Vergleich wäre nicht nur schlüpfrig, er griffe auch zu kurz. Das Erlebnis hier ist viel nachhaltiger. Ein optisches und klangliches Bild für´s ganze Leben entsteht, wenn du beim Hamburgmarathon zum Fischmarkt läufst. Niemals wieder wirst du das vergessen können. Da geht dein Blick weit über den Hafen, aber das Meer dazu ist nicht von Wasser, es ist ein Menschenmeer. Niemand wird je die Köpfe zählen können. In zehn und mehr Reihen stehen sie an Straßen, auf Brücken und Mauern. Ihre Stimmgewalt ist so intnesiv, wie ich es
bestenfalls aus der geschlosseneren Akkustik von Fußballstadien kenne. Doch hier hallt es hinaus in den weiten Hafen. Sollte nur einer unter den 18000 Läufern sein, den das hier kalt läßt, mein ewiges Mitleid wäre ihm sicher. Garstig und fett müßte die Hornhaut auf seiner Seele sein. St. Pauli Landungsbrücken, Dreimastbark ³Rickmer Rickmers, Stückgutfrachter ³Cap San Diego„, der klassische Hamburger Hafen zieht vorbei. Das Zuschauerspektakel davor ist ömein Gott was helfen Worte. Ein Schreiber kapituliert hier gerne vor seiner Sprachlosigkeit. Gänsehautstimmung ö ein jeder könnte das so ausdrücken. Und ein jeder hätte Recht damit.

Meine Beine sind so geschmeidig, wie sie es nur sein können. Wadenschmerzen? Eine Aufgeregtheit waren sie, die sich tatsächlich in Unterschenkel verlagern konnte. In den Wind ist sie geschrien und mein Alltag dazu.
Weit und frei sind meine Gedanken , und sie können abschweifen, als das Menschenspalier wieder dünner wird, und rechts die Backsteinkulisse der Speicherstadt auftaucht. Irgendwo da drüben fand statt, was ich ironischer Weise das größte Laufspektakel hamburgs bevor es Marathon gab nenne. Protagonist war ein einzelner Athlet namens Klaus Störtebeker. Er lief unter dem Johlen des Volkes nur wenige meter. Die Sensation: Er lief ohne Kopf. Mit dem Scharfrichter hatte der berühmte Pirat gewettet, daß alle seine Mitgefangenen Kammeraden die Freiheit gewännen, an denen er kopflos noch vorbeirennen würde können. Und so hätte er alle befreit, wäre ihm kein Richtblock zwischen die Füße geworfen worden. Ein wahrhaft gelungener Lauf. Was er aber mit unserem heute zu tun hat? Meine özugegeben wacklige - Gedankenbrücke ist die: Die Hinrichtung Störtebekers war ein Spektakel wie es heute unser Marathon ist. Damals und heute pilgerte Scharenweiße das Publikum mit Mann, Frau und Kind. Das Spektakel damals aber war blutig und sadistisch, unseres ist alleine lebensfreudig. Sieh an, unsere Welt hat sich friedlich entwickelt in mancher Hinsicht. Doch nicht alle 80 Länder, die hier Teilnehmer schicken haben den Frieden. Laßt uns hier und heute alle unseren Frieden leben! In den Tunnel verliert sich logischerweise kein Zuschauer. Die Läufer stimmulieren sich hier selbst. ³La ola„ geht durchs Feld, und jubilierende Männerstimmen werden zum Donnerhall in der engen Röhre. Auf der Mönckebergstraße umfängt uns schon wieder die Sonne und menschliche Wärme.
Eine Fontäne krönt die Binnenalster und Fontänen von Beifall überschütten die Läufer. Wir biegen um die Ecke zum Jungfernstieg, wo allein eine ganze Kleinstadt Party zu machen scheint. Meine Gänsehaut schwillt wieder an. Es muß auch mit all den Zweiflern gesprochen werden, die nicht verstehen und vielleicht lachen über unsere kindliche Freude an diesem Erlebnis: Stell dir vor, wie umständlich ein Netz gemeiner Fäden gesponnen werden muß, will man jemanden mobben. Oder denk dir, wie diffizil es ist, eine Schußwaffe zu bauen. Häßliche Dinge sind oft kompliziert. Laufen ist einfach. Klatschen ist einfach, in Tröten blasen ist einfach, halbvolle Wasserflaschen schütteln ist einfach, mit Topflöffeln gegen Töpfe oder Verkehrsschilder schlagen ist einfach, auf Paucken hauen ist einfach. Aber die Wirkung all dieser Dinge ist groß. Glaubst du´s nicht, so bereite dich vor und lauf nächstes Jahr selber! Bald wirst du überzeugt sein. Einfache Dinge sind ganz selten schlecht. Laß uns also unsere schlichte Freude haben aneinander! Zerrede das nicht! Wir leiden ansonsten schon genug aneinander. (Im Übrigen ist die Kreativität der hamburger Zuschauer viel größer als meine Erinnerung.) Ein plumper Vergleich genügt auch, zu erklären, wie genau die Zuwendung des Publikums bei mir ankommt. Körperlich und seelisch nehme ich sie genau so wahr wie die Umarmung eines vertrauten Menschen, der Trost spendet, Mut macht oder Freude teilt nicht aber wie eine erotische Umarmung, der Vergleich wäre Quatsch). Noch nie habe ich geweint in den Straßen Hamburgs. Aber Vorstufe zu Tränen ist ein leichter Schmerz der Augenhöhlen, Und den spüre ich jetzt hier zum dritten Mal. Noch einmal, du Zweifler: Zerrede mir das nicht. Ich lebe genau ein Mal, und heute tue ich es gründlich. Unsere laufleistung, die all dem zugrunde liegt, ist bei der überragenden Mehrheit der 18000 ein ehrliche, sehr ideelle.

Die Außenalster ö Segelbootidylle inmitten der Stadt unter azzurblauem Himmel. Wir gratulieren uns, einen der wenigen echten Sonnentage des jungen Frühlings erwischt zu haben. Ideale Temperaturen, so läßt es sich laufen und leben, auch auf der weiten Schleife in Hamburgs Norden. Prosaische Vorstädte könnten überall stehen in unseren Landen. Die Stimmung hier ist aber nicht
prosaischer als im charakteristischen Hamburg der Innenstadt. In den Parkanlagen fällt mir auf, daß auch überall da noch Zuschauer stehen, wo vor Jahren noch keine waren. Es müssen noch mehr am Parcours sein als die 500000 von 1998. Ein Marathon ö ich vergaß es durchaus nicht ö ist nicht nur fest, sondern auch handfeste sportliche Probe. Wie also ist meine Bilanz in dieser hinsicht:
10 Kilometer in knappen 46 Minuten, das ist heftig für meine Verhältnisse. Doch wollte ich flott angehen um dann bis Kilometer 20 Luft zu holen. Aber die Euphorie, die Euphorie. Lieber eine Rechnung würde ich bezahlen als eine gute Zeit eisiger Freudlosigkeit zu verdanken haben. Halbmarathon in etwas mehr als 1.36., manchmal bin ich nicht viel schneller ohne die zweite Hälfte noch
laufen zu müssen. Die Rechnung kann bitter werden. Tatsächlich klingelt bei Kilometer 26 die kasse. Sie hätte ruhig noch mindestens vier Kilometer damit warten können. Oberschenkelschmerzen sind jetzt mein Problem und nicht das beste Publikum wird sie mehr in den Wind schreien können. Noch einmal allerdings genieße ich das Fest in vollen Zügen, Schmerzen hin, Schmerzen her. City Nord, klotzige Bauten aus Stahl und Beton, wie kalt muß dieses zweckmäßige Geschäftsviertel an 51 Sonntagen im Jahr sein. Doch heute sind ausgerechnet hier besonders viele hinausgeströmt, die uns die Luft färben mit einem Klangteppich von unerhörter Wärme. Die wohlbekannten heißkalten Schauer durchzittern wieder meine Haut. Und doch ö auch wenn ich es nicht mag und keine Uhr umhabe ö so ein Marathon kann ein wenig Mathematik sein. Uhren gibt‚s an Kirchtürmen und S- Bahnen genügend. Bei Kilometer 27 ist meine Gleichung einfach. Wenn ich jetzt noch bis ins Ziel den Kilometer in genau fünf Minuten laufe kommt eine Endzeit von 3.21. heraus. Ein Traum wäre das, meine Bestleistung von 1998 steht auf 3.29.
. Doch ein Fünferschnitt ist kaum zu schaffen mit diesen Oberschenkeln, Schmerzen, Schmerzen. Auch bei kilometer 30, wo die sogenannte Marathonmauer stehen soll, beißt der innere Schweinehund ausschließlich da hinein. Er hätte seine Qualen ruhig gerechter über meinen Körper verteilen dürfen. Doch meine Sorgen heißen ausschließlich: Oberschenkel links, Oberschenkel rechts. Sie sind
verspannt und schlagempfindlich. Jeder Schritt wird zum hoffnungslosen, ungeschickten Versuch dem Schmerz auszuweichen. Mein Gesicht ist zur verzogenen Maske geworden, die ich nicht mehr lösen kann. Die Kilometerschilder, die anfangs vor hamburgs Kulisse wie im Film an mir vorbeizogen, muß ich mir nun erkämpfen, Stück für Stück, einzeln und bitter. Ans Aufhören denke ich nicht sehr,
aber die Versuchung zur Gehpause wird größer und größer. Mein Stolz wehrt sich. Wie war das zuletzt: 5o Kilometer, 100 und 74,2 , alles bewältigt. Da geht einer im Schritt. Jetzt wär ich nicht mehr der erste, der es tun müßte. Meinen Stolz pflege ich am Anblick dessen, der seine Startnummer abreißt und deprimiert zur U- Bahn trottet, an jenen, die auf die Massageliegen sinken, und auch ein wenig an dem, der in Kreislauflagerung vor dem Sanitätswagen liegt. Das kann der Marathon nicht mehr machen mit mir. Zu solide sind meine Grundlagen. Ich begleite mit Hochmut das Leid anderer. Später erst werden sie wieder meine Freunde sein. Jetzt ist die Einsamkeit da inmitten der Herde.
In Nöten fühlst du dich immer allein, und dein Egoismus dort wird stets bitter schmecken. Ich bin froh, das in Lauf- und nicht in Kriegs- oder Hungersnöten gelernt zu haben.
Meine Wahrnehmung wird enger und enger. Was interessieren mich noch Hausfassaden, Straßennamen und Stadtteile. Mein Blick geht auf die Straße, das ewige Band aus Asphalt, auch tausend Läuferbeine sind nun Staffage. Die Menschenmenge ist zur schattenartigen, schwarzen Mauer geworden. Die Anfeuerung höre ich fern und beschwörend.

Ganz nüchtern weiß ich jetzt die Begeisterung da draußen zu nutzen. Die Erfahrung vergangener Jahre lehrt mich, wo der nächste ganz große Ausbruch der Stimmulanz wartet. Das gibt mir ein wohltuendes Nahziel. Eppendorfer Baum bei Kilometer 37, da brennt ö wen auch nicht im Wortsinn- wahrhaft der Baum. Wieder sinkt die Straße in ein Menschenmeer, und diesmal ist es so dicht, damit du von fern Zuschauer und Läufer nicht mehr unterscheiden kannst. Unten streift mein Ellenbogen die schreiende Mauer. Hier kannst du dich kaum einem Schmerz, kaum einer Erschöpfung hingeben. Sie brüllen dich weiter. Das Ziel ist jetzt nahe. Greifbar aber ist es nicht. Überall darf ich hinschauen, nur nicht zum noch verdammt kleinen Messeturm, in dessen Schatten ich noch zu laufen habe.

Die Außenalster, anderes Ufer diesmal, kein Blick ist mehr übrig für Segelboote. Mein Auge giert nach Kilometerschildern. Den Veranstalter habe ich in Verdacht, sie absichtlich zu weit auseinander gestellt zu haben. Das ist natürlich Quatsch. Doch auch blödsinnige Wut ist gute Wut, wenn du an deinen Grenzen arbeitest. Endlich steht da 40. Die Zahl ist eine psychologische Schwelle. Das Eis der
Qualen wird brechen. Ich weiß es jetzt.Trotzdem, Marathon als Strecke bedeutet noch viel, trotz längeren Lauferfahrungen. Der letzte Anstieg hinauf zur Messe macht mir die Sache paradoxerweiße
einfacher, weil er mir nahziele bietet. Es zieht mich zum Fuß des ³Berges„.

Hinauf zur Kuppe wird der Stolz des Finishers tatsächlich zur spürbaren Kraft, obschon mein Atem hrbar wird, der 40 Kilometer ganz still geflossen war. Eine uhr hängt an der Straßenecke, doch schemenhaft huscht sie vorbei. Als angestrengter Mensch war ich lange kein souveräner Rechner mehr vor den Uhren unterwegs. Irgendein Kompromiss könnte herauskommen zwischen den traumhaften 3.21. und der alten Bestzeit von 3.29. . 3.27. könnte der Kompromiss heißen, meine ich der letzten Uhr zu entnehmen. Doch alles ist Hektik jetzt, die schreienden Zuschaauer, die Läufer, die es wie mit Magneten zum Ziel zieht, der ferne Lautsprecher. Nicht alle Uhren gehen richtig, und ohne eine am Arm hat die Sache manchmal eine gewisse romantische Spannung. Auf der Digitalanzeige
unter dem Zielstrich wartet die schönste Überraschung für mich. Auf 3.24. springt sie, als ich sie erblicke. Die Kräfte, die mir das verleiht sind kaum noch rational.

Brauchbar ist mein Endspurt in der Carolinenstraße trotz meiner Schmerzen. Eine letzte Grußgeste ans wieder so bereichernde, so faszinierende Hamburger Publikum, dann bricht unbändige Freude aus mir heraus. Sie hat mit ö na gut, da sind sie wieder ö mit meinen Alltagsnöten zu tun. Die Belastungen im Beruf als Altenpfleger nämlich waren in letzter Zeit nur noch gemein. Noch haben
sie mich nicht zermürbt. Hurra, ich lebe noch. Und wie ich lebe, fünf Minuten unter der alten Bestzeit, hurra, hurra. Mit rechnen und Uhrschauen aber mag ein Unterwegssein besser nicht enden. In
der Messe und später der Jugendherberge träume ich mit anderen noch ein bißchen das Erlebnis nach. Von Morgen an suche ich den Kontrast eines einsamen Reiseabenteuers.

Montag fahre ich mit schwerem Rucksack und marathongeplagten Beinen mit dem Rad von Hamburg nach Travemünde. Das dauert fast einen ganzen Tag und tut weh, sehr weh. An diesem Tag lese ich das ³Hamburger Abendblatt„ und bin gerührt. Zwei Millionen Menschen haben uns gestern angefeuert. Dienstag fahre ich ohne Rucksack und ö sieh an, sieh an- fast schmerzfrei von Travemünde nach Heiligenhafen und zurück, gut 160 Kilometer. Am Mittwoch fahre ich nach Kiel. Eisiger Regen treibt mich für die Rückfahrt in den Zug. Doch noch am Abend trabe ich am Brodtener Steilufer. Dieser Ort ist in Schlechwettereinsamkeit fast so schön wie das Paradies. Am Donnerstag laufe ich von Travemünde nach Lübeck.

Auf der Zugfahrt nach Hause scheint mir die Reise gelungen und rund. Die langen Wege nach dem Marathon aber ging ich nicht aus Masochismus. Ich bin unterwegs zum Ironman Triathlon in Roth. Auch die Oberschenkelschmerzen bei Hamburgmarathon rührten wahrscheinlich vom heftigen Radtraining im Vorfeld. Du bist unterwegs, immer im Leben bist du unterwegs. Ein Marathon ist nicht mehr wie noch vor vier Jahren Endpunkt und Ziel einer Reise. Aber noch immer ist er ein Kern- und Sahnestück davon.

Marco Heinz

 

Übrigens: Marco Heinz hat sich schon oft tiefsinnige Gedanken über die Welt und das Laufen gemacht. Bisher allerdings hat er keinen Verleger gefunden, der sein zweifelsohne deutlich erkennbares Talent zum Schreiben fördert. Damit seine Manusskripte und insbesondere die „100 GEDANKEN zu jedem Kilometer von BIEL“ nicht ungelesen verstauben, bietet er den Text der interessierten Leserschaft via Internet an. Interesse? Dann einfach via Email Kontakt aufnehmen.


BERICHT VON BERND über den Hamburg-Marathon
][ zu Testberichten anderer Veranstaltungen ][ Testberichte Hamburg Marathon 2002 ][
][ Christian Scholz ][ Jürgen Weller ][ Tester ][ Robert Achatzi ][ Marco Heinz ][ Bernd ][ Christian de Vogel ][


Tester gesucht Leserbericht: Liebes Running-Pur-Team,
bin zwar kein Testläufer des Hamburg-Marathons gewesen, aber es lohnt sich ein-fach drüber zu schreiben. Mein 8. Marathon war gleichzeitig mein erster Hamburg-Marathon. Es wird definitiv nicht der letzte in Hamburg gewesen sein. Die Organi-sation für die rund 20.000 Teilnehmer war wirklich bemerkenswert. Hatte bisher noch nie das Glück an einem so gut organisierten Lauf teilnehmen zu können. Die Erfahrungen, die ich in Frankfurt gemacht habe (3 Teilnahmen) können da bei wei-tem nicht mithalten.
Angefangen hat alles mit der sehr großen Sportmesse. Hier konnte man auch ohne große Orientierungsprobleme seine Startunterlagen erhalten. Weiter ging es dann am Sonntag mit dem Start. Durch die 3 zeitlich versetzten Starts bin ich sehr schnell in meinen Rhythmus gekommen (5 min/KM). Leider gab es auch in Hamburg ein paar unverbesserliche, die sich in eine falsche Startgruppe drängten.
Die Stimmung unterwegs war ausgezeichnet. Es gab eigentlich keinen Streckenab-schnitt, wo man keinen Zuschauer sah. Zumal die kühlen Nordlichter einen sehr stark anfeuerten. Am meisten beeindruckt hat mich allerdings der Service von Asics. Anhand der geplanten Zielzeit erhielt ich einen Plan mit meinen Durchgangs-zeiten an bestimmten Punkten. Für diese Punkte wurde jeweils die beste Verbin-dung mit S-/U-Bahn beschrieben. So konnte ich meine Frau auf der Strecke insge-samt 5 (!!) Mal sehen. Das ist einzigartig.
Dennoch gab es einen Wermutstropfen. In der Ausschreibung wurde zwar von war-men Duschwasser geschrieben.... Selten habe ich so kalt geduscht....
Ich habe fest vor, auch im nächsten Jahr die Reise nach Hamburg zu unternehmen, um an diesem Event teilnehmen zu können.
Bernd