Testläufer berichten vom Graubünden Marathon

Graubünden Marathon

Für running-pur waren Testläufer bei dieser Veranstaltung unterwegs. Sie sammelten Eindrücke, blickten hinter die Kulissen, um Ihnen, lieber Leser, ein Bild von der Qualität, dem Ambiente und der Stimmung zu verschaffen. Wollen auch Sie mit einem Freistart in der Tasche den ONLINE-Lesern Ihre Erfahrung übermitteln? Dann klicken Sie hier.

Unsere Empfehlung

Absperrsysteme
für Laufveranstalter
JURA Gebäudeservice

18. 7. 2004
Füssen i. Allgäu
König Ludwig Marathon Füssen

31. 7. 2004
PREMIERE
Vollmondmarathon
Vollmond-Marathon

29. August 2004

Dort, wo die einst die
Dampflok schnaufte

4. 9. 2004

5. 9. 2004
Münster Marathon

5. 9. 2004
Fränkische Schweiz Marathon

11. 9. 2004
ebm-Marathon

18. 9. ´04
Brombachsee-Marath.
Brombachsee Marathon

19. 9. ´04
Neumarkter Stadtlauf
Neumarkter Stadtlauf

24. 10. 2004
Dresden-Marathon


running-pur ONLINE
Ein Beitrag von running-pur ONLINE

 


Bericht von Anton Lautner über den Graubünden Marathon
][ zu Testberichten anderer Veranstaltungen ][
][Anton Lautner][

Allegra auf dem Rothorn – Ain’t No Mountain High Enough

Graubünden Marathon; Chur – Lenzerheide – Rothorn; 42,195 Kilometer; +2682/-402 Höhenmeter; Laufen zwischen 590 Meter und 2865 Meter Seehöhe: Das weckt nicht nur bei mir Interesse, sondern auch bei rund 400 Langstrecklern, die sich die lange und beschwerliche Reise antun wollen.

Wo liegt eigentlich Chur? Zu finden ist Chur in der Schweiz, es liegt am Rhein und ist etwa 70 Kilometer vom Dreiländereck Schweiz, Österreich und Deutschland zu finden. Hier leben etwa 35000 Menschen, wobei sehr viele in der Touristikbranche beschäftigt sind. Die Hauptstadt des Kantons Graubünden ist auch Ausgangspunkt der Rhätischen Bahn und des Bernina Expresses. St. Moritz, Davos, Arosa, Bad Ragaz und die Viamala Schlucht sind innerhalb kurzer Wege schnell erreichbar. Ist Euch auch bekannt, dass Chur die älteste Stadt der Schweiz ist? Vor 5000 Jahren wurde die Gegend erstmals besiedelt. Im Stadtwappen sehen wir ein dreigezinntes rotes Stadttor, wobei im Tor ein aufrechter schwarzer Steinbock steht.

Sodala, dann haben wir in Sachen Allgemeinbildung wieder etwas Neues erfahren. Aber jetzt folgt dann wieder Info zum Lauf. Die Ausschreibung und andere nützliche Sachen könnt Ihr der Website www.graubuenden-marathon.ch entnehmen. Da ist auch via Datasport eine Online-Anmeldung mit direkter Bezahlung (Kreditkarte oder per Lastschrift bei deutschem Konto) eingerichtet. Die Ausschreibung kann man auch per eMail anfordern.

Ich reise bereits mit meinem Vereinskollegen Michael Sailer bereits am Vortag an. Mit eingebauten Hürden, mein Handy gab während der Zimmerreservation den Geist auf, können wir noch eine Unterkunft im Rapperswiler Ferienhaus in Lenzerheide ergattern. Das liegt dann in Fussweite zum Wettkampfbüro, hier nennt man das Race Office, und zum Festzelt, wo dann tags darauf die Siegerehrung stattfindet. Die Übernachtung kostet ohne Frühstück 30 CHF und ist für Schweizer Verhältnisse ganz günstig.

Da es noch nicht ganz zu spät ist, holen wir uns noch die Startunterlagen im Race Office. Für die Startgebühr von 95 CHF (Nachmeldung plus 20 CHF) erhalten wir nicht nur ein unvergessliches Laufabenteuer, sondern auch ein Funktionsshirt, ein Diplom (via Internet), Gutscheine für die Nudelparty, freie Postbusbenutzung Chur – Lenzerheide, eine Medaille und natürlich den Rücktransport vom Rothorn mit der Bahn. Ausgesetzte Preisgelder sorgen dann auch für internationale Beteiligung. Später gehen wir noch in den Schweizerhof, ein Vier-Sterne-Hotel, wo wir im Stübli noch eine Calzone, die so gross wie eine U-Boot ist, verdrücken. Nur die Bedienung schaut etwas merkwürdig, da wir zur Pizza eine zweite Halbe Bier brauchen. Einer von den Organisatoren führt dann später einen Afrikaner ins Lokal und bestellt diesem auch eine Pizza. Diese „werkelt“ dann der Athlet in kürzester Zeit hinunter. Da müssen wir lachen, zumal wir am nächsten Tag erfahren, warum dies so schnell geht. Denn der Afrikaner, ein Äthiopier ist zweiter Mann geworden und so schnell wie er gelaufen ist, so schnell hat er auch die Pizza gefressen ;-)

Beim Heimweg zu Fuss entdecke ich trotz Dunkelheit auf dem Gehsteig einen runden Fleck. „Was ist denn das?“ sage ich. Nach kurzer Inspektion des Gegenstandes stellt sich heraus, dass einer seinen Mageninhalt hier verloren hat.

Am nächsten Tag stehen wir um sechs Uhr auf und richten unsere Sachen für den Wettkampf her. Radlerhose, halblanges Funktions-T-Shirt reichen als Bekleidung. Leichte Handschuhe, Fotoapparat und Powerriegel kommen in die Hüfttasche. Der gepackte Rucksack mit Wechselbekleidung kommt ebenfalls mit. Wir marschieren dann bei kühler Luft in die Ortsmitte zur Bushaltestelle an der Post und fahren dann mit dem Media Shuttle hinunter nach Chur. Dort geben wir den Rucksack ab, der zum Ziel transportiert wird. Wir können uns noch am Getränkeausschank mit Isogetränken in zwei Gechmacksrichtungen bedienen. Es geht auch der Kabarettist Wigald Boning an den Start, der noch interviewt wird.

Doch dann rückt die Startzeit, 09.10 Uhr immer näher. Wir stellen uns auf der Quaderwiese hinter dem Startband auf. Gleich geht’s los. Auffällig viele Athleten tragen ihre Funktionsshirts von Bergläufen spazieren. Shirts von Interlaken, Liechtenstein, Davos und natürlich auch vom diesjährigen und letztjährigen Graubünden Marathon sind zu sehen. Beim Startschuss setzt sich das Läuferfeld ohne Hektik bei angenehmen Temperaturen in Bewegung.

Wir durchlaufen die schöne Altstadt Chur, leider sind nur wenige Zuschauer auf dem Beinen. Sehr schnell verlassen wir aber Chur und machen bereits die ersten Höhenmeter auf asphaltierter Strasse gut. Nicht nur ich suche bereits den ersten Schatten, sofern es einen gibt. Nach drei Kilometer biegen wir rechts ab und die Steigung wird stärker.

Bei Kilometer vier kommt dann von hinten ein Bekannter. Es ist Wigald Boning, der mit ganz kurzen Schritten in hoher Frequenz läuft. Wir wechseln ein paar Worte, unter anderen auch über den Zugspitzlauf, den er auch schon gemacht hat. Bei Kilometer 4,6 finden wir die erste Verpflegung mit Tee, Iso und Wasser. Ich lasse mit etwas Zeit und sehe Wigald schon verschwinden. Eine stärkere Steigung im Wald folgt, wo schon die ersten Geher zu sehen sind. Ich auch. Das dauert aber nicht lange, dann wird die Steigung erträglicher und wir traben wieder an.

An der nächsten Tankstelle (8,1 Kilometer) können wir bereits die ersten Berge mit Schneeauflage sehen. Hier erhalten wir schon Power Gel. Weiter. Auf steiler Asphaltstrecke erreichen wir mit Kilometer 12 Churwalden. Ein freundlicher Zuschauer macht ein Fotoli von mir. Im Ort laufen wir dann auf dem Trottoir weiter ansteigend. Später führt uns der Weg wieder in den Wald und auf Almwiesen. Immer noch ansteigend, aber laufbar.

Bei der Trinkstelle Foppa (17,6 Kilometer) endet dann die erste langgezogene Steigung von Chur (590 m) herauf. Hier sind wir bereits auf 1754 Meter Seehöhe. Eingesetzte Kinder sind beim Getränkeverteilen und Becher sammeln eifrig dabei.

Auf den folgenden Kilometern verlieren wir gut 200 Höhenmeter, zuerst auf asphaltierter Bergstrasse mit entsprechend hohem Tempo, doch dann geht es scharf rechts auf einen Grasweg mit entsprechenden unebenen Stellen. Im anschließenden Wald geht es über Steine und Wurzeln weiter bergab. Vorsicht, sonst braucht’s die Backenbremse. Bei Kilometer 22 erreichen wir langsam das Hochtal der Lenzerheide. Ab hier folgt das zweite Streckendrittel, das ich gern als kupierte Strecke mit kurzen Steigungen und Gefällen beschreibe.

In Parpan (km 24) laufen wir neben der Kirche durch ein modernes Tor eines der Sponsoren. Da werden wir auch über Lautsprecher namentlich angekündigt. Das baut auf. Zwischen Km 26 und 29 umrunden wir den Igl Lai (Heidsee). Mittlerweile sind wir im rätoromanischen Teil der Schweiz angelangt. Ob hier noch jemand diese Sprache versteht, weiss ich natürlich nicht. Aber in meiner Überschrift habe ich ein solches Wort verwendet. Bis zum Ende dürft Ihr raten, was das heisst.

Am anschließenden Campingplatz am Igl Lai werden wir noch von einem Leierkastenspieler unterhalten. Der wird dann von mir fotografiert. Die Zuschauer lachen, der Musikant hebt die Hand, „Ciao“ kommt von mir und ich ziehe weiter. Bei Kilometer 31 drehen wir noch eine kurze Extrarunde in Lenzerheide, Verpflegung und der zweite Streckenteil endet hier.

Es folgt das letzte Drittel, der Anstieg zum Rothorn, auf gut zehn Km Weg sind noch rund 1400 Höhenmeter verteilt. Da freuen sich die inneren Schweinehunde. Doch bei mir stellt sich bereits beim Verlassen von Lenzerheide erste Luftnot ein. Ich marschiere wie ein fröhlicher Wandersmann und werde bereits von den ersten Verfolgern eingesammelt. Das geht schon gut los, denke ich.

An der Verpflegung Wasserfall (33,5 km) sehe ich zwei Alphornbläser, die auf ihrem Musikgerät ein Stück spielen. Ich schnappe mir Istee, wo wie der Schweitzer zum Eistee sagt. Und im nächsten Moment wird mir so schlecht, dass ich schon einen Ort zum Speim auskundschaften will. Auch eine eventuelle Aufgabe an der Mittelstation Scharmoin kommt mir in den Sinn. Und das schon so früh am Rothornaufstieg. Gottseidank kommt nun ein fast zwei Kilometer langes Stück ohne nennenswerte Steigung. Ich gehe am Anfang und hoffe, dass die Übelkeit verschwindet. Wieder werde ich von mehreren Läufern überholt. Das nervt, so dass ich nun wieder zum Joggen anfange.

Bei der Mittelstation (35,4 km) greife ich ein Cola und merke, dass das meinen Magen doch beruhigt. Hier wird auch eine Zwischenzeit genommen. Kurz danach bejubeln ein paar Zuschauer die Läufer und rufen jeden mit seinem Vornamen. Letztes Jahr ging es hier in der Diretissima weiter, sprich mit extremer Steigung. Heuer geht’s auf guter Bergautobahn weiter, auch Laufeinlagen sind möglich.

Zunächst sehen wir ergrünende Skipisten, dann wird das ganze steiniger. Auch erste Altschneefelder sind in Greifweite. Ich denke, dass Michael ungefähr 500 Meter Vorsprung hat. Nein, nicht auf unserem Laufweg, sondern als Höhenunterschied ;-)

Dann endet der Fahrweg und wir müssen zum ersten Mal ein Schneefeld überqueren. Kurz zuvor war Km 38. Es folgt dann ein unglaublich schwieriger Streckenteil. Wir laufen unterhalb der Seilbahn durch Schnee und Steine. Zum Teil ist der Weg freigeschaufelt worden. Das Herz hämmert, die Luft ist knapp. Wer seine maximale Herzfrequenz sucht, kann hier sicher fündig werden. Wenn wir zur Aussichtsterrasse der Bergstation schauen, könnten wir erkennen, wie uns einige Touristen den Vogel zeigen.

Am Foil Cotschen (39,9 km; 2470 m Seehöhe) gibt’s noch Mal reichliche Auswahl auf der Speisekarte, dies hat Michael, wie er später sagt, voll ausgenützt, denn sein Hungerast muss hier bekämpft werden. Kurz vor der letzen Verpflegung bei km 41 (2660 m) müssen wir noch ein steiles Schneefeld hoch. Vor mir ist ein Sportler, der schlechte Reifen aufgezogen hat. Denn er rutscht und schleudert auf der Schneefahrbahn. Da werde ich fast nervös. Mittlerweile haben wir den Gipfel halb umrundet.

Vor dem letzten Schneefeld überhole ich noch den Schleuderer, es geht auf dem Grat, Km-Schild 42, ich reiss mich noch mal zusammen und laufe die letzten 100 Meter ins Ziel auf 2865 Meter Höhe. Dort werden wir per Handschlag gratuliert. Kinder überreichen die hart verdiente Medaille. Ich setze mich auf eine Bierbank und genieße das Szenario drei Meter vom Zielbogen entfernt. Später gehe ich durch die Bergstation zur Verpflegungsstation, wo ich mir eine Birne hole. Die schmeckt lecker. Bevor wir mit der Bahn ins Tal fahren, lassen wir uns fotografieren, damit unser Gipfelsturm auch bewiesen werden kann.

Ja, und mit unseren Zeiten sind wir auch zufrieden, denn für Michael sagt das Zeiteisen 5.08.21 Stunden (Platz 112), bei mir sind’s 5.30.37 (Rang 159), ich kann meine Vorjahreszeit um einige Minuten verbessern. Nach dem Duschen gehen wir ins Festzelt, und der zweite Marathon beginnt. Denn die Riesenportion an Nudeln, Salat und Dessert ist nur mit Ausdauer zu bezwingen.

Es siegen in neuer Bestzeit Jonathon Wyatt (3.18.56) vor Eticha Tesfaye, dem schnellen Pizzaesser (3.34.49) und Karl Jöhl (3.35.28) bei den Herren. Bei den Damen gewinnt Carolina Reiber (4.04.50) vor Abossa Embet (4.17.11) und Katrin Kläsi (4.18.05).

Jetzt bin ich Euch noch die Rateaufgabe schuldig. Allegra heißt willkommen.

Gruezi aus den schönen Graubündner Bergen

Von Anton Lautner